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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (2,1): Kunst und Künstler Italiens bis um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1878

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Woermann, Karl: Domenico Ghirlandajo: geb. 1449 in Florenz, † 1494 ebenda
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https://doi.org/10.11588/diglit.36088#0431

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DOMENICO GHIRLANDAJO.

wenig fruchtbaren Realihen, vorhergegangen fein und verfchiedene Verfuche auf
dem Gebiete der Malerei feine Begabung dargethan haben müffen, erfcheint felbh-
verhändlich. Jene frühhen datirten Werke vom Jahre 1480 aber behnden und
befanden hch in der Kirche Ogniffanti zu Florenz und zwar die bedeutendflen
derfelben in der Kapelle Vespucci. Es wird berichtet, dafs hch auf einem der
hier angebrachten Frescobilder das Porträt des Seefahrers Amerigo Vespucci
befand, von dem der neue Welttheil im Wehen feinen Namen erhalten follte;
als die Kapelle im Jahre 1616 in die Hände einer anderen Familie überging,
wurden die Fresken überweifst. Dagegen befindet hch noch in jener Kirche,
wenn auch nicht an feinem urfprünglichen Platze, das von 14.80 datirte Fresco-
bild des heiligen Hieronymus, das Gegenhück zu Sandro Botticelli's heiligem
Auguhin. Die Bücher und Geräthe, welche den heiligen Hieronymus hillleben-
artig umgeben, hnd das Intereffantehe und am forgfältighen Ausgeführte an
dem Gemälde. Der Heilige felbh ih noch ziemlich trocken und heif. Man glaubt,
deutlich einen altniederländifchen oder deutfchen Einhufs zu bemerken; und es
ih ja auch bekannt, dafs die nordifchen Meiher damals in Italien hochgefchätzt
wurden. Dafs auch Domenico hch mit denfelben befchäftigt, geht wohl daraus
hervor, dafs es ein deutfches Blatt, Martin Schongauer's heiliger Antonius, war,
nach welchem fpäter der junge Michel-Angelo in dem Atelier unteres Meihers
fein erhes Bild ausführte. Im Refectorium von Ogniffanti behndet hch fodann
noch heute das ebenfalls mit der Jahreszahl 1480 bezeichnete, al fresco ge-
malte Abendmahl Domenico Ghirlandajo's. Nirgends fühlt man es lebhafter,
als vor diefem Bilde, befonders wenn man es in Gedanken mit dem keine
zwanzig Jahre fpäter enthandenen Abendmahl Lionardo da Vinci's vergleicht, wie
wenig Domenico am Anfang feiner Künhlerlaufbahn hch aus den Feffeln feiner
Zeit zu befreien vermochte. Wenn das Bild hch auch einige Freiheiten, die
fchon andere Quattrocentihen hch erlaubt hatten, zu Nutze machte, fo ih es
im Ganzen doch noch eine mittelalterlich-heife Compohtion; nur nraufcht eine
leife, durch die Worte Chrihi veranlafste Bewegung über die Verfammlung hin,
welche ein ganz erfreuliches Formenfpiel hervorruft" (Rumohr, It. F., II, S. 2/p).
Die Nebendinge, wie die durch die Bögen der ernhen Architektur herüberragende
Parklandfchaft, hnd auch hier am behen ausgeführt. Im Uebrigen ih die Durch-
führung noch rauh und vielfach, wie in den kreidigen Lichtern und fchrafhrten
Schatten, unbeholfen genug. Gleichwohl mufs das Gemälde den Zeitgenoffen
imponirt haben. Denn Domenico hatte es nicht lange darauf im Kloher San
Marco zu wiederholen. Auch diefe Wiederholung ih erhalten; aber he ih wo-
möglich noch ungeniefsbarer, als die erhe Ausführung.
Ueberhaupt hnd es die Fresken von Ogniffanti, durch welche nach Vafari
(alfo auch nach ihm doch erh, als Domenico ßi Jahre alt war) der Künhler
zuerh hch einen Namen verfchaffte; und dafs er an diefen Werken gelernt, dafs
er felbh ihre Schwächen erkannt und alle Kraft eingefetzt, diefelben zu über-
winden, beweifen fchon feine nächhen Arbeiten. Domenico Ghirlandajo hat feine
Triumphe fo wefentlich durch feine grofsen Frescogemälde gefeiert, feine ganze,
höchh lehrreiche Entwicklungsgefchichte knüpft hch fo ausfchliefslich an diefe
monumentalen Compohtionen an, dafs wir die Tafelgemälde des Meihers vor-
 
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