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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (2,1): Kunst und Künstler Italiens bis um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1878

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Woermann, Karl: Domenico Ghirlandajo: geb. 1449 in Florenz, † 1494 ebenda
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https://doi.org/10.11588/diglit.36088#0432

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FRESKEN IN FLORENZ UND SAN GIMIGNANO.

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läufig übergehen müffen, um uns fein hegreiches Emporhreben recht anfchaulich
zu machen.
In dem Zeitraum von 1480—148$ entbanden eine beträchtliche Reihe von
Fresken. In wie fern er he aber nacheinander oder nebeneinander ausgeführt,
läfst hch nicht genau behimmen. Jedenfalls zeugt fchon ihre Anzahl von be-
deutender fchöpferifcher Kraft des Meifters. Zunächh hatte er in der Kirche
Sta. Croce, rechts vom Eingang, die Gefchichte des heiligen Paulinus gemalt;
aber von diefen Gemälden hat hch keine Spur erhalten. Sodann erhielt er den
ehrenvollen Auftrag, neben den berühmtehen Künhlern feiner Zeit Fresken in
der Sala dell' Orologio des Rathhaufes von Florenz zu malen. Sein Gemälde,
welches den Triumph des heiligen Zenobius, eines horentiner Bifchofs des
$. Jahrhunderts, darhellt, ih das einzige aus diefer Reihe erhaltene. Eine grofs-
artige Architektur füllt den Raum des Bildes. Der Heilige thront überlebens-
grofs zwifchen zwei anderen Heiligen unter dem mittleren Bogen. Zu feinen
Füfsen halten zwei heinfarbige Löwen mit den Infignien der Stadt Florenz
Wache. In dem Bogen über ihm ih das Reliefbildnifs der Madonna, ebenfalls
heinfarbig, zwifchen zwei Engeln gemalt; in den Seitenbögen find politifch be-
rühmte Männer des alten Rom angebracht. Es ih eine Verbindung von Heiligem
und Profanem, welche, wie Crowe und Cavalcafelle bemerken, Domenico zuerh
in Florenz einführte. Das Ganze wirkt einfach, grofsartig und ernh. Aus den
von Gaye publicirten Nachrichten des horentiner Archivs ih erhchtlich, dafs
Domenico in fämmtlichen Jahren von 1481—1485 Zahlungen für Wandgemälde
des Rathhaufes empfangen (Gaye, Carteggio, I, p. $78 — 581). Da er nun notorifch
innerhalb diefes Zeitraumes auch bedeutende Fresken in San Gimignano und in
Rom ausgeführt, fo ih es wahrfcheinlich, dafs er hch öfter auf der Reife zwifchen
diefen Städten und Florenz befunden. Was zunächh das malerifch zwifchen
Lucca und Siena gelegene, kunhhnnige Städtchen S. Gimignano betrifft, fo birgt
daffelbe in einer der heiligen Fina geweihten Kapelle feiner Hauptkirche die be-
deutendhen Leihungen, die Ghirlandajo hier ausgeführt. Die Hauptgemälde der
Kapelle hellen an den einander gegenüber liegenden Wänden eine Vihon der
herbenden Fina und ein Wunder an ihrer ausgehellten Leiche dar. Auf ihrem
Sterbelager liegt die Heilige, von zwei häfslichen alten Frauen gepflegt, in einem
äufserh ärmlichen Gemach, und links in der Ecke erfcheint Paph Gregor d. Gr.
in einer mandelförmigen Glorie von rothbefchwingten Engelköpfen, um ihr die
Seligkeit zu verfprechen(i). Die Compohtion diefes Gemäldes ih fchwach, die
Formen der Hände find lang, heif und gefpreizt, der Ausdruck der Köpfe ih
jedenfalls das Behe. Viel bedeutender ih das gegenüberliegende Bild(2), welches
die Leiche der Heiligen vor einer prachtvollen Renaiffance-Aphs auf einer mit
goldgehicktem blauem Teppich bedeckten Bahre zeigt. Die Amme, an welcher
he die Wunder verrichtet, kniet hinter der Bahre; ein Chorknabe küfst ihr die
zarten Füfse. Zu beiden Seiten aber ih eine prächtige Reihe von Klerikern und
Zufchauern gruppirt, vortrefflich individualifirte Charaktergehalten, die hch mit
der gemalten Architektur zu einer fo einfachen, grofsartig monumentalen Com-
pohtion verbinden, wie feit Mafaccio kein Künhler fie gemalt. Domenico's
Schüler und Schwager, Seb. Mainardi war aus S. Gimignano gebürtig. Wir
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