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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (2,1): Kunst und Künstler Italiens bis um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1878

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Woermann, Karl: Domenico Ghirlandajo: geb. 1449 in Florenz, † 1494 ebenda
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https://doi.org/10.11588/diglit.36088#0433

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DOMENICO GHIRLANDAJO.

wiffen, dafs derfelbe bei der Ausführung diefer Gemälde geholfen, und ich
möchte feinen Händen einen gröfseren Antheil an dem fchwächeren erfteren,
als an dem bedeutenderen letzteren Bilde zufchreiben. Deutlich erkennt man
Mainardi's Beihilfe auch an einem anderen Fresco, welches unferem Künfller
in der wStadt der fchönen Thürmea, wie S. Gimignano genannt wird, zugefchrieben
wird, einer Verkündigung in dem Oratorio di San Giovanni, welche die Jahres-
zahl 1482 trägt.
Etwa um diefe Zeit, wohl ziemlich gleichzeitig mit Sandro Botticelli, wurde
Domenico Ghirlandajo nun nach Rom berufen, um auch zu feinem Theil in der
hxtinifchen Kapelle lieh zu verewigen. Botticelli hatte, wie ich erwähnt habe, die
Oberleitung des grofsen malerifchen Unternehmens erhalten; Domenico malte
nur zwei Bilder in der Kapelle, von denen eins erhalten ift. Diefes allein kommt
daher für uns in Betracht. Es ftellt die Berufung der Apoftel Petrus und
Andreas durch Chriftus dar und befindet fich, als Gegenftück zu Cofimo Rofelli's
Untergang der Aegypter im rothen Meer, an der dritten Stelle links vom
Altar (3). Hier zeigt Domenico fich auf einer Höhe der Kunft, die er felbft nicht
übertroffen hat. Wohl klingen in diefen Apoftelgeftalten deutliche Erinnerungen
an Mafaccio nach, ja auch hier find in ganz ähnlicher Weife, wie auf dem
Zöllnerbilde diefes Meifters, mehrere Scenen. derfelben Handlung in derfelben
einheitlich gedachten grofsen Landfchaft dargeflellt, indem im Hintergründe das
Fifcherboot mit den zu berufenden Fifchern an den Strand ftöfst, vorn in der
Mitte die Berufenen vor Chriftus knien; aber es ift doch Domenico felbft, der
fich grofs und eigenartig in diefer Gruppe des blondgelockten Chriftus vor den
greifen, knienden Fifchern, in den lebensvollen Gehalten des rechts und links
zahlreich verfammelten Volkes, in der plaftifchen Modellirung der einzelnen Ge-
halten und in deren prächtiger Compofition in dem landfchaftlichen Raum aus-
fpricht. Die linearen Gefetze einer monumentalen Compofition idealifiren hier
wirkliche, dem Leben nachgebildete Gehalten. Giotto und das 15. Jahrhundert
erfcheinen vermählt. "Es ift", fagt Burckhardt, »wie eine Vorahnung von Rafaels
Fifchzug Chrihi und Pasee oves meas!«
Domenico's Thätigkeit in Rom befchränkte fich nicht auf die fixtinifche
Kapelle. Seinem intimen Freunde, dem in der ewigen Stadt anfäfsigen reichen
horentiner Kaufmann Tornabuoni, harb, während feiner Anwefenheit, die Gattin.
In deren Grabkapelle in der Kirche Sta. Maria sopra Minerva malte unfer Meiher
zwifchen reicher Ornamentik Begebenheiten aus dem Leben Johannes des Täufers
und der Madonna. Diefe Darhellungen find aber zu Grunde gegangen.
Aufserdem zeichnete Domenico, wie alle Florentiner, die damals nach
Rom kamen, heifsig nach der Antike, vor allen Dingen Architekturen, und
er fcheint eine befondere Gefchicklichkeit, ein befonders treffliches Augen-
mafs in diefen Studien entfaltet zu haben. Vafari berichtet darüber: »Man
fagt, er habe eine folche Sicherheit in richtiger Zeichnung befeffen, als er
die Alterthümer von Rom nachzeichnete, Triumphbögen, Thermen, Säulen,
Coloffeen, Pyramiden (Obelisken), Amphitheater und Wafferleitungen, dafs
er fie nach dem Augenmafse ohne Lineal, Zirkel oder Meffungen machte;
und wenn man fie nachher nachmafs, fo fand fich, dafs fie durchaus richtig
 
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