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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (2,1): Kunst und Künstler Italiens bis um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1878

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Woermann, Karl: Domenico Ghirlandajo: geb. 1449 in Florenz, † 1494 ebenda
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https://doi.org/10.11588/diglit.36088#0436

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ARBEITEN IN STA. TRINITA UND STA. MARIA NOVELLA IN FLORENZ. 71

die Anordnung des Behätigungsbildes, befonders fchön aber diejenige der Be-
hattungsfcene. Botticelli und die Lippi hätten nicht annähernd etwas Aehnliches
leihen können, felbft Mafaccio erfcheint diefen Compohtionen gegenüber be-
fangen. Seine eigene Berufung der Apoftel in der hxtinifchen Kapelle hat
Domenico hier wohl auch durch die Anordnung, mehr aber noch durch die
Farbengebung übertrohen, welche dort noch trocken und hau ih, hier aber in
tiefen, ernhen, wie ergreifende Muhk zur Seele fprechenden Tönen die Harmonie
des Gefammteindrucks vollendet. Nach meinem Gefühle find diefe beiden Bilder
überhaupt das Schonhe, was Domenico gefchaffen, und nur wenige Gemälde
feines fpäteren grofsen Werkes in Sta. Maria novella können fich mit ihnen meffen.
Hat man von jenem römifchen Bilde gefagt, es fei wie eine Vorahnung von
Rafaels Fifchzug, fo mufs man von diefen Gemälden lagen, he feien eine Vor-
ahnung der Schule von Athen. Vielleicht find he in ihrer Art fogar mehr, als
das. Auch wird ihrer Frescotechnik nachgerühmt, dafs he das Höchhmögliche
erreiche. Der Cyklus ih im Jahre 148$ vollendet worden.
So haben wir gefehen, wie Domenico hch im erhen Jahrfünft feiner male-
rifchen Thätigkeit aus befcheidenen Anfängen zum grofsen monumentalen Stile
hindurchgearbeitet. Es darf uns daher nicht überrafchen, dafs das zweite Jahr-
fünft feiner Künhlerfchaft ihm noch gröfsere Aufgaben brachte. Die Ausmalung
des Chors der Kirche Sta. Maria novella in Florenz (C) ih das Hauptwerk, welches
Domenico in diefem Zeiträume gefchaffen; es gilt in der Regel fogar für das
Hauptwerk feines Lebens. Und in der That kann ihm der Gröfse nach kein an-
deres Werk des Meihers, könnten ihm dem inneren Werthe nach nur die behen
Bilder des zuletzt befprochenen Cyklus diefen Ruhm hreitig machen. Die Ge-
fchichte der Uebertragung diefer Arbeit an Domenico und einiger mit derfelben
verbundenen Ränke erzählt Vafari ziemlich ausführlich. Zunächh berichtet er,
dafs es jener Francesco Tornabuoni in Rom gewefen fei, welcher Domenico
feinem Verwandten Giovanni Tornabuoni in Florenz empfohlen habe. Als Do-
menico, reich an Ehren und an Geld, von Rom nach feiner Vaterhadt zurückge-
kehrt fei, habe jener ihm einen Brief an Giovanni mitgegeben, in dem er ge-
fchrieben, nwie er bei jenem Werke hch von Ghirlandajo wohl bedient gefehen
habe, und wie fehr der Paph durch feine Malereien zufrieden gehellt fei.«
"Als Giovanni dies vernahm,« fährt Vafari fort, nfafste er den Gedanken,
dem Domenico ein grofsartiges Werk zu übertragen, um fein eigenes Andenken
zu ehren und dem Künhler Ruhm und Gewinn zuzuwenden. Nun fügte es hch,
dafs die Hauptkapelle in dem Predikantenkloher Sta. Maria Novella, welche früher
von Andrea Orcagna ausgemalt worden, da das Dach ihres Gewölbes fchlecht
gedeckt war, zum gröfseren Theile durch den Regen verdorben war. Deshalb
hatten hch fchon viele Bürger erboten, he auszubeffern oder neu ausmalen zu
Iahen. Aber die Patrone, welche der Familie Ricci angehörten, waren niemals
damit einverhanden gewefen, da he weder felbh die Kohen daran wenden konn-
ten, noch hch entfchliefsen wollten, die Herheilung Jemandem anders einzuräumen,
damit he nicht die Patronatsjurisdiction und das noch von ihren Vorfahren her-
rührende Wappen dafelbh verlören. Da Giovanni nun aber fehnfüchtig wünfchte,
 
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