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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (2,1): Kunst und Künstler Italiens bis um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1878

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Redtenbacher, Rudolf: Leon Battista Alberti: geb. in Genua 1404, gest. in Rom 1472
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https://doi.org/10.11588/diglit.36088#0626

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ALBERTI UND LIONARDO.

21

Kuppeln gewölbt; Ouerarme, mit Tonnengewölbe und ähnlichen Kapellen, auf
der Mitte eine hochauffteigende runde Kuppel; der Chor mit einer Aphs ge-
fchloffen. Vor die Faffade tritt eine tonnengewölbte Vorhalle, nach aufsen
mit grofsem Mittelbogen zwifchen Pilaftern hch öffnend und mit einem antiken
Tempelgiebel bekrönt, auf die Grofsartigkeit des Innern würdig vorbereitend."
Diefer Vorbau ift charakterifhfch für Alberti's Auffaffung der Faffade als einer
Frachtdekoration, welche nicht das conftructive Syftem des Inneren im Aeufseren
ausfprechen fondern verdecken foll, eine falfche Anficht, der nur zufehr die
Verfallszeit der Renaiffance huldigte.
Vafari widmet Alberti die folgenden Schlufsworte: oLeon Battifla war ein
Mann von durchaus geläuterten und lobenswerthen Sitten, ein Freund edler
Menfchen, zuvorkommend und liebenswürdig gegen Jedermann; er lebte flets
geehrt, wie es folchem Edelmann gebührt. Endlich zu ziemlich hohem Alter
gelangt, ging er ruhig und zufrieden in ein befferes Leben über und hinterliefs
von lieh ein ruhmreiches Andenken." Alberti flarb 14/2 in Rom im Alter von
68 Jahren.
Was Alberti für feine Zeit geleiftet hat, ift bis jetzt ebenfowenig vollftändig
erkannt worden, als was ihm die Culturgefchichte der Menfchheit überhaupt
verdankt. In feine Fufstapfen tritt Lionardo da Vinci. Von beiden Meiftern
erzählte man hch eine Menge eigenthümlicher Anektoten, die mehr mit bizarren
Einfällen fonderbarer Käutze Aehnlichkeit haben, als dafs he auf die immenfe
Geiftesarbeit folcher Genien hinweifen. Lionardo da Vinci machte man zum
fentimentalen modernen Thierfchutzvereinler, der um theures Geld Singvögelchen
ankaufte, um ihnen wieder die Freiheit zu fchenken. Dafs er hch mit der Con-
ftruction von Flugmafchinen abgab und, um zu einer richtigen Einhcht in die
Grundbedingungen des Fliegens zu gelangen, gerade das Auffteigen der Vögel
ftudirte, zu diefem Zweck auch Geld ausgab, das ift erft durch die Forfchungen
Grothe's über Lionardo als Philofoph und Ingenieur verftändlich geworden.
Ebenfo hnd die dimostrationi Alberti's gewifs nicht zur Unterhaltung des
Publicums erfonnene Spielereien eines capriciöfen Kopfes gewefen, fondern he
bedeuteten eine wichtige Entdeckung auf dem Gebiete der Optik, welche in
Vafari's Augen der Erhndung der Buchdruckerkunh gleichwerthig war.
In.der Gefchichte derPhilofophie würden beide Männer eine wichtige Rolle
fpielen, wären ihre literarifchen Leiftungen zum Gemeingut Aller geworden; aber
das Schickfal hat es anders gewollt und die beften Gedanken diefer grofsen
Geifter müffen jetzt erft mühfam an's Tageslicht gebracht werden, während he
in ihrer Zeit ohne Wirkung blieben. Hundert Jahre erft nach Lionardo da
Vinci wurden diefelben grofsartigen naturphilofophifchen Wahrheiten wieder
entdeckt, die er in viel vollendeterer Form klar ausgefprochen hatte, im vorigen
Jahrhundert erft die Dampfmafchine erfunden, die Lionardo in etwas anderer
Form als Dampfkanone conftruirt hatte, und erft unfere Zeit hat Alberti's Er-
hndung der Camera obscura in vollftem Mafse ausgenützt durch die Photographie.
Die Welt hat eine Ehrenfchuld an diefen Männern abzutragen durch Veröffent-
lichung ihrer werthvollften Werke. Möchte he das bald thun.
 
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