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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (2,1): Kunst und Künstler Italiens bis um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1878

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Semper, Hans: Donato Bramante: geb. in Urbino 1444, gest. in Rom 1514
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https://doi.org/10.11588/diglit.36088#0654

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ALS MENSCH UND KÜNSTLER.

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werden alfo nicht frei von fubjectiver Färbung fein, und mögen daher auf hch
beruhen.
Bramante fchrieb aufser Sonetten, von denen eine Anzahl erhalten ilt, auch
eine Reihe von Werken, die feine Kunfl betrafen, und zwar nach Gian Fr. Doni
(Libreria 1551) ein Werk über die Civil- und Militairarchitektur, das nach den
fünf Ordnungen in fünf Bücher zerfiel; ferner nach Mazzucchelli noch ein Buch
über architektonifche Praxis. Beide Werke erwähnt auch Ang. Vannuti von
Urbino in feiner Chorographia sive theatrum metropoliticum. Aufserdem führt
Doni noch zwei Schriften oUeber deutfche Arbeit«, und über die ^Gewölbe mit
modellirtem Stuck,« Mazzucchelli noch eine Schrift über die Befehigungskunh
an. Ein Theil diefer Werke wurde fammt dreifsig Sonetten zu Mailand im
Jahre 1756 gedruckt. Ebenfo befinden hch in einer Sammlung von C. Guafli
(Poehe italiane inedite, Prato 184/, p. 84—96) dreizehn Sonette von ihm.
Bramante darb am 11. März 1514 und wurde unter grofsem Gepränge vom
päphlichen Hofftaat, fowie von allen in Rom weilenden Künftlern zur letzten
Ruhehätte begleitet, die ihm in den von ihm angelegten Grotten, d. h. Sub-
ftructionsgängen von St. Peter gewährt ward. Sein Portrait foll dort in einfachen
Umriffen eingegraben gewefen fein mit der Infchrift: Bramante da Urbino, anno
1514; doch findet hch keine Spur mehr davon. Zahlreich waren die Grab-
fchriften und Dihichen, die ihm gefpendet wurden. ))Sein Ruhm war grofs als
er lebte, und flieg nach feinem Tode, denn lange Zeit blieb der St. Petersbau
im Argen liegen.« Diefe Worte Vafari's kennzeichnen am beften die Lücke,
die Bramante's Tod in Rom hinterliefs, und die darauf folgende Rathlohgkeit,
wie fein gewaltiger Entwurf zum Petersbau, für den er nicht einmal ein voll-
händiges Modell hinterlaffen hatte, auszuführen fei.
Wenn wir zum Schlufs Bramante's hervorragende Stellung und Verdienhe
in der Gefchichte der Architektur noch einmal kurz und zufammenfaffend be-
zeichnen wollen, fo ifl zu betonen, dafs er, feit Brunellesco's Auftreten wieder
den erften fchärferen Abfchnitt in der Entwicklung der Renaiffancearchitektur her-
beiführte und als Hauptbegründer der Hochrenaiffance gelten kann. Und zwar
fällt ihm diefe Rolle erh feit feinem Auftreten in Rom zu, wo er, hch an den an-
tiken Ruinen begeiflernd und neue Kenntniffe fammelnd, einen fo ftaunenswerthen
Umfchwung in feinem Stile durchführte, dafs häufig felbft feine beglaubigthen
Werke in Mailand ihm abgefprochen werden, weil he fo verfchieden von feinen
römifchen Bauten hnd. In Mailand giebt er der Frührenaiffance den vollendet-
hen glänzendhen Abfchlufs; er verfeinert ihre vielfach fpielenden und gehäuften
Motive bis zur höchhen Stufe der Anmuth, und beherrfcht he trotz ihres Reich-
thums durch eine einfache Gefammtgliederung und wundervolle zart und rein
empfundene Muhk der Verhältniffe. In Rom dagegen bringt er die ftrengeren
römifchen Ordnungen und Formen zur Geltung, vor allem wendet er dem dori-
fchen Syhem, das fortan mehr und mehr herrfchend wurde, feine Sorgfalt zu.
Aber auch feine römifchen Bauwerke durchdringt diefelbe Feinheit der Empfin-
dung für den Werth der einzelnen Theile und ihr Verhältnis zum Ganzen, für
die harmonifche Wirkung des letzteren, wie feine mailändifchen Bauten;
diefer Adel, diefe Feinheit der Verhältniffe, der Ausdruck eines harmonifchen
 
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