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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (2,1): Kunst und Künstler Italiens bis um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1878

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Semper, Hans: Donato Bramante: geb. in Urbino 1444, gest. in Rom 1514
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https://doi.org/10.11588/diglit.36088#0655

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D0NAT0 BRAMANTE.

fein empfindenden Künfllergemüths ift eben der gemeinfame Stempel, der feinen
Schöpfungen hier wie dort unverkennbar aufgeprägt ift. Aufserdem behält er
trotz feines Stilumfchwungs im Ganzen doch in feiner römifchen Epoche zahl-
reiche Einzelheiten in den Gliederungen feiner Gebäude bei, die ihm fchon in
Mailand eigenthümlich waren. Ein Zufammenhang feiner mailändifchen und
römifchen Epoche ergiebt fich ferner und vor allem aus der fortfehreitenden
Entwickelung, welche der Centralbau durch ihn erfährt. Es war der letztere
feit Brunellesco eine Lieblingsaufgabe der Architekten; wie Brunellesco's Capelia
Pazzi fo blieben Bramante's achteckige Räume, wie die Sacriftei von S. Satiro,
fein Rundtempel von S. Pietro in Montorio, feine Kuppelbauten mit halb-
runden Abfchlüffen wie die Confolazione von Todi typifche Vorbilder für un-
zählige Schöpfungen fpäterer Jahrhunderte. Befonders aber gab Bramanteauch
der Chorpartie der Langkirchen eine felbftändige centrale Ausbildung, und regte,
unterer Anficht nach, hierdurch erft feine Nachfolger Peruzzi und Michelangelo
an, auch für grofse Cultkirchen, ja für die gröfste der Chriftenheit, den St. Pe-
tersdom, eine durchaus centrale Anlage zu wählen, während bis dahin eine folche
nur für Kapellen und kleinere Kirchen angewendet worden war. Auch durch
die Art der Kuppelanlage ift fein Entwurf zu St. Peter epochemachend in der
Gefchichte der Baukunft. Der einzige frühere Kuppelbau des chriftlichen Abend-
landes, der hch in feinen Dimenhonen mit dem Petersbau vergleichen läfst, ift
der Dom von Florenz; aber hier ruht das Kloftergewölbe, welches die Kuppel
bildet, auf achtfeitigem, durch Kapellenkränze geftütztem Unterbau; in Braman-
te's Plan zu St. Peter follte aber auf vier freiftehenden Pfeilern auf hohem Tam-
bour eine fphärifche Kuppel aufgethürmt werden. Erft Michelangelo gab der
Bramantifchen Idee die einzig ausführbare Verwirklichung durch feine Doppel-
kuppel, in der er Bramante's Streben nach Schönheit mit Brunellesco's genialer
Conftruction in Harmonie zu bringen wufste.
Schliefslich ift hervorzuheben, dafs auch die technifche Seite der Architektur
durch Bramante grofse Förderung erfuhr. Abgefehen von feinen kühnen Con-
ftructionen, an denen er nicht immer die Tragfähigkeit und Widerftandskraft der
Blitzenden Mafien genau berechnete, foll er, nach Vafari, der andererfeits
diefes Verdienft allerdings auch dem Giuliano da S. Gallo zufchreibt, die Gufs-
gewölbe feit dem Alterthum zuerft wieder eingeführt haben. In Verbindung
damit führte er die in Stuck modellirten Rofetten mit Cafetten für die Gewölbe
wieder ein, wie überhaupt die Stuckbekleidung und Modeliirung, die er allerdings
in der Lombardei, der Heimat des Ziegelbaues, fchon vorhnden mufste, durch
ihn jedenfalls eine bedeutende Ausbildung und Verfeinerung empfing, die fogar
auf den Stil feiner Decoration einen bedeutenden EinRufs übte. Die Stucktechnik
ging bei ihm, der ja felbft Maler war, Hand in Hand mit der Polychromie und
decorativen Frescomalerei. Die Entwickelung, welche die decorative Wand- und
Hausmalerei in Oberitalien erfuhr, verdankt Letztere neben Mantegna wohl
am meiften Bramante und feiner Schule. Auch auf Raffael's und Giovanni da
Udine's Stil in ihren farbigen Stuckaturen der Loggien mag Bramante neben
der Antike eingewirkt haben. Giulio Romano nahm diefe Technik mit behän-
derem Eifer auf.
 
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