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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (2,1): Kunst und Künstler Italiens bis um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1878

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Redtenbacher, Rudolf: Baldassare Peruzzi: geb. in Siena 1481, gest. in Rom 1536
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https://doi.org/10.11588/diglit.36088#0666

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SEINE JUGENDZEIT IN SIENA.

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es ihm vielverheifsende Aushchten vor Augen, fchiebt ihm die herrlichhen Auf-
gaben zu, an denen er hch abmüht, um ihn dann enttäufcht an undankbaren Ar-
beiten feine Kraft abnützen zu laffen. Wie fo viele der grofsen Künhler der Re-
naiffance war er ein vielfeitig begabter und geübter Mann, in allen Zweigen der
Zeichenkunft und der Malerei, in der Mathematik und Aflrologie, als Fehungsbau-
meifter und Ingenieur erfahren; in der Perfpective und Baukunh übertraf er feine
Zeitgenoffen oder Hand ihnen zum mindeften gleich. Er war ein ebenfo erhn-
derifcher Kopf wie ein feinfinniger, eigenartiger KünfUer. Wie fehr ihn die Mit-
und Nachwelt zu fchätzen wufste, geht am bellen aus der Thatfache hervor, dafs
drei edle toskanifche Städte, Florenz, Siena und Volterra mit einander um die
Ehre ftritten, Peruzzi den Ihrigen nennen zu dürfen.
Die Herausgeber derVafariausgabeLeMonnier entfchiedenhch für dieMeinung,
Giovanni di Salvestro di Salvatore Peruzzi, ein Weber aus Volterra, fei von da
nach Siena übergehedelt, wo fein Sohn Baldalfare den /. März 1481 geboren
worden fei. In feiner Jugendzeit gab hch diefer den zeichnenden Künften und
der Malerei mit fo viel Erfolg hin, dafs er nach dem Tode feines Vaters
für hch, feine Mutter und Schweller Lavinia zeichnend und malend den nöthigen
Lebensunterhalt erwerben konnte. NachPini (Facsimilephotograhque d'artistes
italiens du XIV au XVII siede) verdankte Peruzzi die erfte Anleitung in der
Kunft dem Bernardino Fungai (geb. 1460, geh. 1516), der als Schüler und Nach-
ahmer des Benvenuto di Giovanni der jüngeren fienefifchenMalerfchule angehörte;
er mag da mit dem nur viey Jahre älteren Pachiarotti gleichzeitig hudirt haben.
Ferner hat Bazzi, genannt Sodoma, der, ein Jahr jünger als Peruzzi, Ende des
15.Jahrhunderts von der Lombardei auf Anlafs eines Gefchäftsträgers derSpannocchi
nach Siena gekommen war, aller Wahrfcheinlichkeit nach gleichfalls einen mäch-
tigen Einhufs auf Peruzzi's Malweife ausgeübt. Um 1501 arbeitete diefer an der
Rundkapelle San Giovanni am Dom zu Siena; kurz danach hnden wir ihn unter
Pinturicchio befchäftigt, der 1502 von Perugia nach Siena berufen worden war
und die behen Kräfte aus Pietro Perugino's Werkhatt, darunter vielleicht den
jungen Raffael, mitgebracht hatte, um die Dombibliothek mit Fresken zu
fchmücken.
Die wundervoll gelegene Stadt Siena war in Peruzzi's Jugendzeit in kräftigem
Auffchwung, reichgefchmückt mit den herrlichhen Bauwerken, die theilweife
noch in der Ausführung begriffen waren. Die dortige Frührenaiffance ih weniger
impofant als diejenige von Florenz, die Palähe lind weniger ausgedehnt, die
Kirchen und Kapellen befcheidener; dagegen zeichnet hch die fienehfche
Architektur zum gröfseren Theil durch eine fo edle Haltung, fo glückliche
Verhältnilfe aus , dafs he kaum der Vermittelung Roms und Bramante's be-
durfte, um der behen Hochrenaiffance ebenbürtig zu werden. Auch' hat
Siena fchon frühzeitig eine Backheinarchitektur ausgebildet, die mit Ausfchlufs
aller mittelalterlichen Formen ,hch hreng an die Renaiffance anfchliefst.
Vortrefhiche Arbeiten diefer Gattung lind erhalten, ja man kann fagen, wer
die Renaiffance-Architektur im Ziegelrohbau mit Ausfchlufs alles Hauheins
ausüben will, mufs he in Siena hudiren. Vielleicht hat Baldalfare Peruzzi
fchon in feiner Jugendzeit in Siena dort einige kleinere Architekturwerke aus-
 
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