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Kimpflinger, Wolfgang [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 1, Teil 2): Stadt Braunschweig — Braunschweig, 1996

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https://doi.org/10.11588/diglit.44169#0028

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mehrjochigem Lang- und voll ausgebildetem Querhaus. Mit der Anordnung des hohen
Turmes an der Straßenseite zwischen Querhaus und Chor wurden auch bei diesem Bau
städtebauliche Gesichtspunkte über die enge Anlehnung an historische Vorbilder ge-
stellt.
Ganz im Osten, am Rande des Franzschen Feldes an der Herzogin-Elisabeth-Straße,
entstand 1902, ursprünglich geplant als Bestandteil einer neu zu errichtenden weitläufi-
gen Kasernenanlage, die Garnisonkirche. Neuromanisch, einschiffig und mit kurzen
Querhausarmen ist sie ein im Preußischen Kriegsministerium entworfener Bau, der vor
allem mit seiner kompakten Doppelturmfassade den Braunschweiger mittelalterlichen
Kirchenbau reflektiert.
Hau- und Werkstein sind die Materialien dieser drei ersten neuen Kirchenbauten in den
Außenbereichen, womit auch in der Materialwahl ein deutlicher Bezug zu den innerstäd-
tischen mittelalterlichen Kirchen hergestellt wird.
In den westlichen Stadterweiterungsgebieten entstanden kurz nach der Jahrhundert-
wende an der Goslarschen Straße ebenfalls zwei neue Pfarrkirchen: 1902 der neugoti-
sche Ziegelbau der katholischen St. Josephsgemeinde, errichtet von dem vielbeschäf-
tigten Braunschweiger Büro Moneke und Mittendorf. Als einziger großer Backsteinkir-
chenbau in den Stadterweiterungsgebieten Braunschweigs nimmt er eine Sonderstel-
lung ein. Auch diesen im übrigen sehr schlichten Bau beherrscht ein hoher Ostturm, der
den Südteil der Goslarschen Straße dominiert.
Weiter nördlich entstand 1909 als Mittelpunkt eines stilistisch einheitlich entworfenen
Pfarrzentrums die St. Jacobikirche, die in ihrer neubarocken Ausprägung mit verputzten
Wänden und partieller Rustikaverkleidung endgültig mit der lokalen Kirchenbautradition
bricht und eine neue, eher süddeutsch geprägte Form in das Stadtbild einführt. Der Ent-
wurf stammt von dem Berliner Architekten J. Kraaz.
Das nördliche Stadterweiterungsgebiet wurde am spätesten aufgesiedelt und hat dem-
nach die jüngste Kirche, in deren Entwurf von A. Pramann bereits das „Neue Bauen“
und funktionalistische Nüchternheit Eingang gefunden haben. 1936 errichtet, ist der
schlichte Saalbau der St. Georgskirche am Donnerburgweg mit seinen glatten, verputz-
ten Wänden, einigen klassizistisch knappen Schmuckformen und dem schlanken
Glockenturm der einzige Kirchenbau Braunschweigs, der diesen, in den dreißiger Jah-
ren weit verbreiteten Kirchentyp, vertritt.

Klosterkirchen
Nach dem Verlust der letzten Zeugnisse des Kreuzklosters im Zweiten Weltkrieg, sind
außerhalb der Innenstadt die Reste des ehemaligen Zisterzienserklosters Riddagshau-
sen die einzigen überkommenen Klosterbauten auf dem heutigen Gebiet der Stadt. Die
Klosterkirche Riddagshausen, um 1212 begonnen und 1275 geweiht, zählt zu den be-
deutenden Zisterzienserkirchen Deutschlands. Als dreischiffige, gewölbte Pfeilerbasilika
mit rechteckigem Umgangschor und Kapellenkranz steht der Bau zum einen für die
Übergangszeit zwischen Romanik und Gotik und mit der speziellen Ausprägung des
Ostbaues zum anderen für eine Sonderform zisterziensischer Architektur.

Dorfkirchen
Die Kirchen der Braunschweiger Dörfer, die heute in das Stadtgebiet eingemeindet sind,
lassen sich, nach Substanz und Bauepochen unterschieden, grob in vier Gruppen ein-
teilen:
1. Mittelalterliche Bauten: Melverode, Mascherode, Rautheim, Hondelage
2. Erneuerte Bauten mit mittelalterlichen Teilen: Bevenrode, Bienrode, Broitzem, Stid-
dien, Stockheim, Volkmarode
3. Bauten des Barock und Klassizismus: Geitelde, Lamme, Völkenrode, Watenbüttel
4. Historistische Bauten: Lehndorf, Leiferde, Ölper, Querum, Rüningen, Timmerlah,
Waggum, Wenden
Aus der ersten Kategorie der mittelalterlichen Bauten ist die Kirche in Melverode die
bau- und kunstgeschichtlich bedeutendste. Die aus dem 1. Viertel des 13.Jh. stam-
mende Kirche ist in der Reihe der Braunschweiger Dorfkirchen der einzige gewölbte
Pfeilerbau, der neben eingezogenem Chor und Hauptapsis auch noch zwei Nebenapsi-
den aufweist. Während die Kirchen in Rautheim, Mascherode und Hondelage nach dem

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