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Kimpflinger, Wolfgang [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 1, Teil 2): Stadt Braunschweig — Braunschweig, 1996

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https://doi.org/10.11588/diglit.44169#0261

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BRAUNSCHWEIG - SÜDSTADT
Im Südosten des Stadtgebietes, zwischen der
neuen südlichen Autobahntangente und dem
alten Dorf Mascherode breitet sich eine Sied-
lungsfläche aus, die zwischen 1936 und 1941
als nationalsozialistische Lehrsiedlung für ca.
6000 Bewohner geplant und größtenteils auch
fertiggestellt wurde. Ihr kommt als Musterbei-
spiel der Siedlungspolitik des Dritten Reiches
besondere Bedeutung zu, wobei sich die Denk-
maleigenschaft der Anlage aufgrund von
Kriegsschäden und späteren individuellen Um-
bauten der Wohnhäuser heute auf den zentra-
len Marktplatz, den Welfenplatz und dessen
Randbebauung reduziert.
Die Siedlung hat einen annähernd quadrati-
schen Grundriß und wird im Norden und Nord-
westen von einem Grüngürtel aus Kleingarten-
kolonien, im Osten vom Mönchweg und im Sü-
den von dem Waldstück Mascheroder Holz
begrenzt, von dem die Siedlung ursprünglich
ihren Namen erhielt. Westlich der Siedlung la-
gen ehemals beidseitig der Salzdahlumer
Straße große Sandlager, die mittlerweile fast
vollständig ausgebeutet und mit städtischen
Müll aufgefüllt sind, so daß eine weitere Aus-
dehnung der Siedlung nach Westen nicht mög-
lich ist. Im Zentrum des nördlichen Siedlungs-
teiles liegt die rechtwinklige Anlage des Her-
mann-Löns-Parks.
Die Mustersiedlung der „Deutschen Arbeits-
front“ und zugleich Lehrsiedlung für Architekten

und Handwerker entstand unter der Oberauf-
sicht von Baurat Julius Schulte-Frohlinde, dem
Leiter des Architekturbüros der „Deutschen Ar-
beitsfront“ und unter Mitarbeit von Stadtbaurat
Rudolf Rogier sowie Regierungsbaumeister
Fritz Brandt. Als Gemeinschaftssiedlung für Ar-
beiter und Angestellte geplant, wurde den je-
weiligen Bedürfnissen durch eine Vielzahl unter-
schiedlicher Haustypen - Eigenheime, Siedler-
stellen, Volkswohnungen (für Kinderarme und
Kinderreiche) und Mietwohnungen - Rechnung
getragen. Die Siedlung sollte „sowohl im Auf-
bau als auch in der inneren Struktur den neuen
nationalsozialistischen Siedlungsgedanken ver-
körpern“.
Das Architekturbüro der „Deutschen Arbeits-
front“ entwickelte sowohl das Gesamtkonzept
der Siedlung als auch die Entwürfe für das Ge-
meinschaftshaus im Zentrum, die Schule und
die Siedlerstellen. Die übrigen Entwürfe der frei-
en Architekten für Eigenheime und Ladenbau-
ten wurden von dem Architekturbüro überarbei-
tet.
Finanzierung und Ausführung der Kleinsiedler-
stellen, Volks- und Mietwohnungen lag bei der
Nibelungen-Wohnbau-Gesellschaft, die der Ei-
genheime bei der Dietrich-Klagges-Gartenstadt
AG in Zusammenarbeit mit verschiedenen
Braunschweiger Architekten. Außerdem bauten
die Berliner-Allgemeine-Häuser-und-lndustrie-
bau-Aktiengesellschaft (AHAG), eine Reihe pri-
vater Bauherren und mehrere Betriebe, u.a. die
Hermann-Göring-Werke, die Signal-Werke
Braunschweig sowie die Büssing AG.

In mehreren Bauabschnitten entstanden ca.
1200 Wohnungen. Die Bewohner stammten
größtenteils aus dem Braunschweiger inner-
städtischen Sanierungsgebieten. Bei der Sied-
lerauswahl wurden Facharbeiter und Angestell-
te bevorzugt, deren Kenntnisse und Eignung für
die Bewirtschaftung einer Siedlerstelle mittels
eines Fragebogens festgestellt wurde. Sie muß-
ten ca. 20% Eigenleistung aufbringen. Die im
Bereich der Siedlung gelegenen Industriebetrie-
be boten ihren Stammarbeitern Arbeitgeber-
darlehen zum Erwerb des Eigentums an.
Baubeginn war in der Wesemeier-und Grieg-
straße. Es folgten die Schule in der Retemeyer
Straße sowie der Marktplatz, dessen Bebauung
mit der Einweihung des Gemeinschaftshauses
am 30.04.1939 abgeschlossen war. Bis Ende
1938 war auch der Südteil der Siedlung vollen-
det und die Bebauung im Osten bis an den
Mönchweg herangerückt.
1937 war eine nördliche Siedlungserweiterung
auf dem Gelände nördlich des Hermann-Löns-
Parkes beschlossen worden, um eine größere
Rentabilität bei den Anschlußkosten zu erzielen.
In diesem Bereich waren für das Personal der
„Akademie für Jugendführung der Hitlerjugend“
mehrere Eigenheime vorgesehen, die jedoch
später anderweitig vermietet oder verkauft wor-
den sind. Zunächst bebauten die AHAG/Berlin
1938/39 den östlichen Teil mit Siedlerstellen
und/oder Eigenheimen, im westlichen Teil wur-
den zwischen 1939 und 1941 dagegen nur Tei-
le der ursprünglichen Planung realisiert. Hier

Südstadt, Weifenplatz 1-16, Übersicht


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