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Kimpflinger, Wolfgang [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 1, Teil 2): Stadt Braunschweig — Braunschweig, 1996

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https://doi.org/10.11588/diglit.44169#0238

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zweiten Hälfte des 19.Jh, errichtet wurden. Ur-
sprünglich war dies der einzige Ackerhof Raut-
heims. Das in der Achse der südlichen Zufahrt
gelegene zweigeschossige Wohnhaus von
1886 hat eine streng symmetrisch gegliederte
Fassade, einen dreigeschossigen Mittelrisalit,
der die achtachsige Fensterfront gliedert und
den mittigen Zugang über eine Freitreppe auf-
nimmt sowie einen Anbau aus neuerer Zeit.
Durch den hohen Quadersockel und das steile
Satteldach überragt es alle Nebengebäude. Der
traufständige, breit angelegte Stall unmittelbar
an der „Dorflage“ ist ein massiver Ziegelbau auf
Sandsteinquadersockel mit auffälliger Eckver-
quaderung (Längs- und Kurzwerk), Ziegelbe-
hang an den Giebeldreiecken und hofseitigem
Dachhäuschen im Satteldach.
Im Westen der teilweise noch mit Feldsteinen
gepflasterten Hoffläche liegt der schmale, lang-

gestreckte Stall. Er besteht im Erdgeschoß aus
Ziegelmauerwerk und ist im Obergeschoß in
Fachwerk ausgeführt. Aus dem Jahre 1849
stammt noch die Längsscheune in Fachwerk,
die die dreieckige Hoffläche nach Südosten ab-
schließt.
Das Wohnhaus des Hofes Dorflage 9 ist eben-
falls ein Beispiel für den wirtschaftlichen Auf-
schwung um 1890, aber auch für die einset-
zende Uniformität in der Gestaltung, die sich
sehr am Wohnhaus der Hofanlage Dorflage 3
orientiert. Auch hier ist ein symmetrischer zwei-
geschossiger Ziegelbau mit übergiebeltem Mit-
telrisalit auf hohem Quadersockel aufgeführt.
Lediglich Sohlbänke und Stockwerkgesims sind
aus Werkstein gearbeitet. Ziegelziersetzungen
beleben die Fassade.

Riddagshausen, Königl. Preuß. Landesaufnahme, 1899 (NLVwA-Landesvermessung)



Riddagshausen, Luftbild von Westen (Stadtvermessungsamt Braunschweig)

BRAUNSCHWEIG - RIDDAGSHAUSEN
Östlich von Braunschweig, nur ca. drei Kilome-
ter vom Stadtzentrum entfernt und über die in
den dreißiger Jahren angelegte Ebertallee
schnell erreichbar, liegt der bereits 1934 einge-
meindete alte Klosterort Riddagshausen. Er
liegt, durch den Prinz-Albrecht-Park und den
97 Meter hohen Nußberg, den schon die Mön-
che im Mittelalter als Steinbruch nutzten, von
den östlichen Erweiterungsgebieten der Stadt
abgeschirmt, in der Niederung der Wabe. Ein
umfangreiches Teichgebiet, die ehemaligen Fi-
schereigüter des Klosters, und die Buchhorst,
das frühere Jagdrevier der Braunschweiger Für-
sten, bilden die naturräumliche Einbettung des
Ortes im Norden, Osten und Süden. Im Südwe-
sten breitet sich zwischen Riddagshausen und
der Kernstadt heute ein weitläufiges Gebiet mit
Kleingärten auf der Lünischhöhe und um den
Lünischteich aus, das bis an den Hauptfriedhof
an der Helmstedter Str. heranreicht.

KLOSTERBEZIRK
Bereits 1145 ließen sich Zisterziensermönche
aus Amelungsborn in dem teichreichen Sumpf-
gelände östlich von Braunschweig nieder und
gründeten durch Ludolf von Wenden das Klo-
ster, dessen Areal heute im Südosten des Ortes
liegt. Riddagshausen scheint aber nicht erst mit
Gründung des Klosters zu Beginn des 12.Jh.
entstanden zu sein, vielmehr sind erste Sied-
lungsformen an dieser Stelle bereits seit dem
frühen 10.Jh. zu vermuten. Etwa gegen Ende
des 15.Jh. erwarben die Mönche Ländereien
und gründeten nördlich der Klosteranlage das
Gut „Neuhof“, das im Laufe der Zeit zu einer
separaten, neben dem eigentlichen Klosterbe-
zirk gelegenen Ansiedlung heranwuchs. 1822
wurde es mit der Klosterdomäne auch verwal-
tungsmäßig unter dem gemeinsamen Namen
Riddagshausen zusammengeschlossen. Heute
erinnert nur noch die Neuhofstraße im Ortskern
an diesen Wirtschaftshof.
Dank der Förderung durch Heinrich den Löwen
wuchs die Bedeutung des Klosters im Mittelal-
ter rasch an, vornehmlich unter Abt Arnold, in
dessen Amtszeit auch die Planung des frühgo-
tischen Kirchenbaues zu datieren ist. Aber be-
reits im 14.Jh. scheint die Blütezeit des Klosters
überschritten zu sein. Kriege, Streitigkeiten, die
Pest und die reformatorischen Kämpfe zwi-
schen der lutherischen Stadt Braunschweig
und dem katholischen Herzog von Braun-
schweig, Heinrich dem Jüngeren, brachten das
Kloster häufig an den Rand der Vernichtung.
Erst nachdem 1568 die Reformation des Klo-
sters erfolgt war, erstand Riddagshausen zu
neuem Leben und begann auch wirtschaftlich
zu gesunden. Nach dem Dreißigjährigen Krieg
wurde die Klosteranlage in eine Domäne umge-
wandelt, um schließlich, infolge des Siebenjähri-
gen Krieges und der napoleonischen Herrschaft
vollends zu verfallen. Bereits Mitte des 19.Jh.
fielen ein Teil der Kapellen und Vorbauten an
der Nordseite der Kirche, bald darauf auch der
Kreuzgang und die Klostergebäude dem Ab-
bruch zum Opfer.
Für die Anlage ihrer Klöster hatten die Zisterzi-
enser ein eigenes Planschema entwickelt, um

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