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Kimpflinger, Wolfgang [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 1, Teil 2): Stadt Braunschweig — Braunschweig, 1996

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https://doi.org/10.11588/diglit.44169#0235

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BRAUNSCHWEIG - RAUTHEIM
Etwa fünf Kilometer südöstlich von der Innen-
stadt Braunschweigs entfernt liegt Rautheim in
fruchtbarem, schon früh besiedeltem Lößgebiet
am Rande der Wabeniederung.
Als eines der ältesten Dörfer im braunschweigi-
schen Gebiet wird Rautheim erstmals 1031 als
„Routum“ in der Urkunde über die Gründung
der Kirche St. Magni in „Brunesguik“ durch den
Bischof Branthag von Halberstadt erwähnt. Die
Zehntherrschaft fiel 1220 an das Kloster Rid-
dagshausen, das sich neben dem Cyriakusstift,
St. Blasien, St. Ägidien und der Universität
Helmstadt die Grundherrschaft mit einigen Pa-
triziern teilte.
Vor dem Bau der Braunschweiger Landwehr
führte eine alte Verbindungsstraße - vom Ma-
gnitor in Braunschweig kommend - vorbei an
St. Leonhard, durch Rautheim hindurch und
von dort weiter nach Schöningen und Magde-
burg und überquerte dabei südöstlich von
Rautheim die Wabe. Nachdem um 1400 zu-
sammen mit der Errichtung der Landwehr der
Schöppenstedter Turm (1398) als Zoll- und
Grenzstation erbaut wurde, übernahm die nörd-
lich verlaufende Heerstraße nach Magdeburg
die Überquerung der Wabeniederung, die in
diesem Bereich so unpassierbar war, daß die
Landwehr ca. 1,5 Kilometer südöstlich von
Rautheim direkt an der Wabe enden konnte.
Ein Siedlungskern Rautheims lag wohl, abgese-
hen von dem heute noch gut erkennbaren im
Osten, auch im Bereich der heutigen Straße
Zum Ackerberg mit der Kirche und dem zu-
gehörigen Klosterhof von St. Ägidien, der be-
reits 1178 erwähnt wurde und um 1300 noch
drei weitere Hufen erhielt. Hieraus entstanden
die späteren Höfe mit den Assekuranznummern
41 bis 45. Rautheim lag zwar innerhalb der
Landwehr, war aber selbst nicht stärker befe-
stigt; lediglich die Ortsgrenzen sind im 15.Jh.
durch überlieferte Tornamen markiert: Das
„Speeldor“ in Richtung Braunschweig, das
„Mitteldor“ in Richtung Heidberg, das „Linden-
dor“ nach Süden in Richtung Mascherode und
das „Kreuzdor“, aus dem ein Weg nach Rid-
dagshausen führte. Die ehemalige Straße von
Braunschweig nach Magdeburg dürfte wohl
durch das 1490 namentlich vorhandene „Oster-
thor“ und den Südteil von Rautheim geführt ha-
ben.
Um 1450 ist die Einwohnerzahl mit 36 Hofbesit-
zern belegt; 1566 waren es vier Ackerleute,
acht Halbspänner und 32 Kotleute. Durch Än-
derung der Einschätzung und Auflösung des
Klosterhofes gab es in Rautheim 1769 einen
Ackerhof, 14 Halbspännerhöfe, 23 Großkotsas-
sen und zehn Kleinkotsassen. Diese Siedlungs-
struktur änderte sich bis in die Mitte des 19.Jh.
nur wenig. Erst mit der einsetzenden Industriali-
sierung dehnte sich Rautheim weiter aus; 1871
wurde am Nordostrand des Dorfes eine
Zuckerfabrik gegründet, und die Einwohnerzahl
wuchs auf 579. Weitere Hofstellen kamen mit
der 1875 abgeschlossenen Separation hinzu,
so daß Rautheim damals aus einem Ackerhof,
14 Halbspännern, 23 Großkothöfen, zehn
Kleinkothöfen und acht Anbauerstellen be-
stand. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg stieg

die Einwohnerzahl so rapide an, daß am westli-
chen Dorfrand ein großes Neubaugebiet er-
schlossen werden mußte.
Bis in die Anfänge von Rautheim reicht die Ge-
schichte der Kirche (Zum Ackerberg 12), die
1150 als Filial von St. Magni durch den Abt
Goswin von St. Ägidien gegründet wurde und
1158 von der Mutterkirche abgelöst, dem her-
zoglichen Patronat unterstellt wurde. Auf leicht
ansteigendem Gelände liegt die Kirche, traditio-
nell orientiert, auf der Westseite der Straße. Sie
ist ein romanischer Saalbau mit querrechtecki-
gem Westturm aus Kalk- und Rogenstein, der

gekuppelte Schallöffnungen aufweist und mit
einem Satteldach eingedeckt ist. Das schlichte,
mit dem Turm bündig fluchtende Schiff aus
Bruchsteinmauerwerk mit Eckverquaderung
wurde 1413 in gleicher Breite und Höhe nach
Osten verlängert, erkennbar außen an einer
Baunaht in der Sockelzone und innen an einem
starken Gurtbogen, dem Rest des älteren
Chorschlusses. Wegen des heutigen Zuganges
durch einen gesonderten Anbau im Süden ist
die Regelmäßigkeit der in Naturstein gefaßten
Rundbogenfenster unterbrochen. Der gerade
Schluß der Ostwand enthält drei gekuppelte
Spitzbogenfenster, die von innen durch ein Al-

Rautheim, Königl. Preuß. Landesaufnahme, 1899 (NLVwA-Landesvermessung)


Rautheim, Luftbild von Süden (Stadtvermessungsamt Braunschweig)


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