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Kimpflinger, Wolfgang [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 1, Teil 2): Stadt Braunschweig — Braunschweig, 1996

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https://doi.org/10.11588/diglit.44169#0267

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Die ev. Kirche St. Thomas (Alte Dorfstraße 2a)
liegt auf der höchsten Erhebung des Ortes im
Zentrum des früheren Bauerndorfes und in der
Mitte des ehemaligen Kirchhofes, der den Bau
heute als baumbestandene Rasenfläche um-
gibt. Die Volkmaroder Kirche muß schon 1260
bestanden haben, da Dibbesdorf zu jener Zeit
bereits nach Volkmarode eingepfarrt war. Im
Verlauf des Dreißigjährigen Krieges ist der Bau
jedoch 1619 verwüstet worden und konnte erst
um die Mitte des 17.Jh. wieder hergestellt wer-
den.
Die Kirche zeigt sich heute als ein in Bruch- und
Haustein aufgeführter Bau mit Eckquaderun-
gen. Das langgestreckte Schiff hat im Süden ei-
ne eingeschossige Vorhalle und im Norden ei-
nen zweigeschossigen Anbau. Der über fast
quadratischem Grundriß aufgeführte Westturm
zeigt im Norden und Nordwesten abgestufte
Strebepfeiler und trägt über der mit Spitzbögen
geöffneten Glockenstube ein Pyramidendach
mit Uhrenerkern nach Norden und Süden. Alle
spitzbogigen Fenster- und Türöffnungen mit ab-
geschrägten, tiefen Laibungen entstammen ei-
ner Erneuerung der Kirche im Jahre 1861. Im
Innern entstand die auf schlanken Eisenstützen
ruhende Empore ebenfalls in dieser Zeit,
während der barocke Hochaltar als einziges
Ausstattungsstück die Wiederaufbauphase der
Kirche nach dem Dreißigjährigen Krieg doku-
mentiert. Es ist eine dreiteilige Retabelarchitek-
tur, die unten eine Abendmahlsszene, im Zen-
trum die Kreuzigung und an der Spitze die Dar-
stellung der Grablegung einfaßt. Rankenwerk
rahmt den Aufbau seitlich, in das rechts und
links die Figuren Johannes des Täufers und des
Moses eingestellt sind. Aus mittelalterlicher Zeit
hat sich eine Glocke aus dem 14.Jh. erhalten.
An exponierter Stelle in der Straßengabelung
zwischen Alte Dorfstraße und Kirchgasse steht
ortsbildprägend der eingeschossige Fachwerk-
bau des ehemaligen Pfarrwitwenhauses (Nr. 6).
Das Gebäude ist um 1800 entstanden und hat-
te ursprünglich ein mittiges, breit gelagertes
Zwerchhaus, das um 1925 abgebrochen wur-
de. Das Gebäude dient heute als Wohnhaus
und hat neue Fenster und Türen erhalten.

Anklängen an den Heimatstil. Vor allem im
Nordwesten und auf der Rückseite weist aber
auch dieser Bau entstellende Veränderungen
auf.

BRAUNSCHWEIG - VÖLKENRODE
Völkenrode liegt im äußersten Nordwesten des
Stadtgebietes, in das der Ort 1974 eingemein-
det wurde. Die Entfernung zur Stadtmitte über
Watenbüttel, dem östlichen Nachbarort, mit
dem Völkenrode heute baulich nahezu zusam-
mengewachsen ist, beträgt ca. neun Kilometer.
Zwischen Watenbüttel und Völkenrode kreuzt
die Bahnlinie nach Celle die Peiner Straße, die
Völkenrode als Hauptverkehrsachse in mehre-
ren Windungen durchquert. Nördlich des Ortes
zieht der Mittellandkanal vorbei, und südlich er-
streckt sich das großflächige Gelände der Bun-
desforschungsanstalt für Landwirtschaft.

Völkenrode wird urkundlich zuerst 1321 er-
wähnt und war 1344 herzogliches Lehen derer
v. Weverlingen, die den Ort 1440 an braun-
schweigische Bürger verpfändeten. Völkenrode
war in seiner Uranlage ein rundlingähnliches
Platzdorf, das nur aus Kotsassen bestand; sein
Zuschnitt blieb noch bis weit in das 20.Jh. er-
kennbar. Später kam anscheinend ein zweiter
Siedlungsbereich im Osten dazu, der auch
rundlingartige Form besaß. Ein großer Teil der
Höfe des Ortes lief keilförmig auf die zentrale
Platzfläche zu, eine Siedlungsform, die selbst
heute, trotz weitgehender Verstädterung des
Ortsbildes in der Grundrißstruktur erkennbar
bleibt. Durch die Ansiedlung von Brinksitzern
und Anbauern waren beide Siedlungskerne im
18.Jh. zu einem Haufendorf zusammenge-
wachsen.
Das Bild des Dorfes, das im 18. und 19.Jh. von
Gehöften niedersächsischer Bauweise geprägt
war, die nahezu alle nach einem großen Dorf-


Volkmarode, Kirchgasse 6, Pfarrwitwenhaus, um 1800

Ein ähnliches, ebenfalls um 1800 entstandenes
Fachwerkgebäude mit Zwerchhaus wurde vor
wenigen Jahren von der Alten Dorfstraße an die
Berliner Heerstraße 51 transloziert.
Ebenfalls an der Berliner Heerstraße, südwest-
lich des Dorfkernes zwischen diesem und dem
Neubaugebiet in Richtung Gliesmarode, liegt
der Rest einer ehemals großzügig gestalteten
Villenanlage. Baudenkmal ist heute nur noch
die Villa selbst (Berliner Heerstraße 9), da die
Nebenanlagen, Park, Gartenhaus und Remi-
sentrakt, durch Leerstand und Umnutzung
ihren Dokumentationswert verloren haben. Er-
halten blieb noch die Einfriedung zur Straße hin,
ein Eisengitter zwischen geschwungenen Be-
tonpfeilern. Die Villa selbst ist ein typischer Bau
aus dem Beginn des Jahrhunderts, über unre-
gelmäßigem Grundriß errichtet, mit Rücksprün-
gen, An- und Ausbauten sowie einer bewegten
Dachlandschaft. Zierfachwerk an den Giebeln
und Dachansätzen sind ebenso wie die spitz-
bogigen Fensterlaibungen in Werkstein Form-
elemente des Späthistorismus mit deutlichen

Volkmarode, Berliner Heerstr. 51, Wohnhaus, um 1800


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