3. Dreiseithofanlagen mit getrennten Funktionsbereichen (ab ca. 1860 in allen Braun-
schweiger Dörfern)
In Ölper gab es bis vor wenigen Jahrzehnten eine größere Anzahl von Bauernhäusern,
die eine ortstypische Variante des Vierständer- Hallenhauses ausgebildet haben: Die
Hälfte der Giebelseite des Wirtschaftsteiles ist über das Dielentor vorgezogen, so daß
eine rechteckige Vorschauer entsteht, deren Dachlast von einem freistehenden Eckstän-
der getragen wird, der auf einem Findling als Prellstein ruht. Da in der Gegend um Ölper
lange Zeit Hopfen angebaut wurde, waren die für die Lagerung des Hopfens genutzten
Dachräume dieser Häuser mit Lüftungsgauben ausgestattet. Heute ohne landwirt-
schaftliche Nutzung und für reine Wohnzwecke mehr oder weniger gravierend umge-
baut, haben sich in Ölper Beispiele dieses Typs an der Celler Heerstraße erhalten (Nr.
147 [1748], Nr. 154 [1779] und Nr. 142 [1828] mit Zwerchhaus von 1913).
Beide Bauernhaustypen, Hallenhaus und quererschlossenes Einhaus, wurden in Hon-
delage gebaut, wobei die noch erhaltenen Hallenhäuser, wie z.B. Hegerdorfstraße 25
und 41 zum Teil Mischformen mit verbreitertem Wohnteil darstellen (Nr. 25), oder aber
sie sind durch An- und Umbauten wie bei Nr. 41 in ihrer ursprünglichen Struktur stark
verunklärt.
Das quererschlossene Einhaus in den westlichen, südlichen und östlichen Ortsteilen ist
noch in einigen qualitätvollen Exemplaren erhalten, obwohl auch sie in den allermeisten
Fällen ihre landwirtschaftliche Funktion eingebüßt haben: Die beiden ältesten Gebäude
stammen aus dem Jahre 1678 und stehen in Mascherode und Rautheim. Das zweige-
schossige, heute zum Wohnhaus umgebaute Haus in Mascherode (Im Dorfe 10) zeigt
einen auf verzierten Knaggen und Balkenköpfen vorkragenden Oberstock und Winkel-
hölzer in den Brüstungsfeldern. Eine lange Inschrift überzieht den Schwellbalken mit der
Jahreszahl „1678“. Der Bau in Rautheim (Lindentor 1) hat im Osten und Westen jüngere
Anbauten, in seinem Kernbereich aber auch einen vorkragenden Oberstock mit rauten-
förmig verzierten Fülhölzern und Fußstreben in den Brüstungsgefachen.
Weitere qualitätvolle, wenn auch jüngere Bauernhäuser dieses Typs finden sich in Ma-
scherode unter der Adresse Im Dorfe 12 (um 1800), in Rautheim, Lindengasse 1 (um
1700), in Stockheim, Alter Weg 6 und 13 (1765 und 1745) und Alter Platz 4 (Ende
18.Jh.), in Leiferde, Burg 24 (1799), in Lamme, Neudammstraße 20 (Ende 18.Jh.) sowie
in Geitelde, Steinbergstraße 2, ein um 1800 entstandenes Haus, das noch viel Original-
substanz aufweist.
Konnte die bäuerliche Lebensweise bis in die Mitte des 19.Jh. alle für Wohnen und Wirt-
schaften wichtigen Funktionsräume unter einem Dach unterbringen, so wuchs ab unge-
fähr 1860 durch Vergrößerung der Anbauflächen und den Einsatz von Kunstdünger der
Ernteertrag und damit der Bedarf an Bergeraum. Gleichzeitig stiegen in der bäuerlichen
Bevölkerung die Ansprüche an den Wohnkomfort, in den Braunschweiger Dörfern
durch den Einfluß der nahen Stadt besonders gefördert. Die alten Hofstellen wurden oft
um große Fachwerkscheunen und ergänzende Stallbauten zu Dreiseitanlagen erweitert,
die zur Straße hin häufig aufwendig gestaltete Toranlagen aufweisen. Bereits ab dieser
Zeit sind die Wirtschaftsteile der Einhäuser zu Wohnzwecken umgebaut worden, wenn
die alten Häuser nicht ganz abgerissen und durch neue, komfortablere Wohnhäuser er-
setzt wurden.
Eine gut erhaltene Dreiseitanlage mit integriertem Wohnwirtschaftsgebäude aus dem
18.Jh. befindet sich noch in Lamme, Neudammstraße 20. Beispielhaft für die weitere
Entwicklung in der 2. Hälfte des 19.Jh. ist die ca. 1866/67 neu entstandene Hofanlage
Alte Schulstraße 6 in Dibbesdorf mit einem zweigeschossigen Fachwerkwohnhaus auf
der Rückseite der Hoffläche, die seitlich eine große Fachwerkscheune und ein Stall/-
Scheunenbau einfassen. Das Eindringen städtischer Hausformen in den bäuerlichen
Lebensraum dokumentiert die Hofanlage Steinbrink 8 in Broitzem, deren gut proportio-
niertes, über quadratischem Grundriß um 1880 errichtetes Walmdachhaus ebensogut
im Erweiterungsgebiet der Stadt stehen könnte. Eine erst 1891/92 neu entstandene
Hofanlage in Lehndorf (Hannoversche Straße 40) plaziert ein repräsentatives, zweige-
schossiges Fachwerkwohnhaus mit spätklassizistischem Mittelrisalit und Dreieckgiebel
hinter einen Vorgarten zur Straße hin und verlegt den Wirtschaftshof, kaum sichtbar, auf
die Rückseite. Die stetig weiter fortschreitende Verstädterung der Dörfer im Einflußbe-
reich der Stadt produzierte schließlich bereits kurz nach 1900 Erscheinungen wie das
villenartige Wohnhaus der Hofanlage Alter Platz 5 in Stockheim, das, um 1910 gebaut,
mit seinem überdimensionierten Volumen und seiner mit Heimat- und Jugendstilelemen-
ten versetzten Architektur gänzlich den Bezug zu seiner bäuerlichen Umgebung ver-
neint.
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schweiger Dörfern)
In Ölper gab es bis vor wenigen Jahrzehnten eine größere Anzahl von Bauernhäusern,
die eine ortstypische Variante des Vierständer- Hallenhauses ausgebildet haben: Die
Hälfte der Giebelseite des Wirtschaftsteiles ist über das Dielentor vorgezogen, so daß
eine rechteckige Vorschauer entsteht, deren Dachlast von einem freistehenden Eckstän-
der getragen wird, der auf einem Findling als Prellstein ruht. Da in der Gegend um Ölper
lange Zeit Hopfen angebaut wurde, waren die für die Lagerung des Hopfens genutzten
Dachräume dieser Häuser mit Lüftungsgauben ausgestattet. Heute ohne landwirt-
schaftliche Nutzung und für reine Wohnzwecke mehr oder weniger gravierend umge-
baut, haben sich in Ölper Beispiele dieses Typs an der Celler Heerstraße erhalten (Nr.
147 [1748], Nr. 154 [1779] und Nr. 142 [1828] mit Zwerchhaus von 1913).
Beide Bauernhaustypen, Hallenhaus und quererschlossenes Einhaus, wurden in Hon-
delage gebaut, wobei die noch erhaltenen Hallenhäuser, wie z.B. Hegerdorfstraße 25
und 41 zum Teil Mischformen mit verbreitertem Wohnteil darstellen (Nr. 25), oder aber
sie sind durch An- und Umbauten wie bei Nr. 41 in ihrer ursprünglichen Struktur stark
verunklärt.
Das quererschlossene Einhaus in den westlichen, südlichen und östlichen Ortsteilen ist
noch in einigen qualitätvollen Exemplaren erhalten, obwohl auch sie in den allermeisten
Fällen ihre landwirtschaftliche Funktion eingebüßt haben: Die beiden ältesten Gebäude
stammen aus dem Jahre 1678 und stehen in Mascherode und Rautheim. Das zweige-
schossige, heute zum Wohnhaus umgebaute Haus in Mascherode (Im Dorfe 10) zeigt
einen auf verzierten Knaggen und Balkenköpfen vorkragenden Oberstock und Winkel-
hölzer in den Brüstungsfeldern. Eine lange Inschrift überzieht den Schwellbalken mit der
Jahreszahl „1678“. Der Bau in Rautheim (Lindentor 1) hat im Osten und Westen jüngere
Anbauten, in seinem Kernbereich aber auch einen vorkragenden Oberstock mit rauten-
förmig verzierten Fülhölzern und Fußstreben in den Brüstungsgefachen.
Weitere qualitätvolle, wenn auch jüngere Bauernhäuser dieses Typs finden sich in Ma-
scherode unter der Adresse Im Dorfe 12 (um 1800), in Rautheim, Lindengasse 1 (um
1700), in Stockheim, Alter Weg 6 und 13 (1765 und 1745) und Alter Platz 4 (Ende
18.Jh.), in Leiferde, Burg 24 (1799), in Lamme, Neudammstraße 20 (Ende 18.Jh.) sowie
in Geitelde, Steinbergstraße 2, ein um 1800 entstandenes Haus, das noch viel Original-
substanz aufweist.
Konnte die bäuerliche Lebensweise bis in die Mitte des 19.Jh. alle für Wohnen und Wirt-
schaften wichtigen Funktionsräume unter einem Dach unterbringen, so wuchs ab unge-
fähr 1860 durch Vergrößerung der Anbauflächen und den Einsatz von Kunstdünger der
Ernteertrag und damit der Bedarf an Bergeraum. Gleichzeitig stiegen in der bäuerlichen
Bevölkerung die Ansprüche an den Wohnkomfort, in den Braunschweiger Dörfern
durch den Einfluß der nahen Stadt besonders gefördert. Die alten Hofstellen wurden oft
um große Fachwerkscheunen und ergänzende Stallbauten zu Dreiseitanlagen erweitert,
die zur Straße hin häufig aufwendig gestaltete Toranlagen aufweisen. Bereits ab dieser
Zeit sind die Wirtschaftsteile der Einhäuser zu Wohnzwecken umgebaut worden, wenn
die alten Häuser nicht ganz abgerissen und durch neue, komfortablere Wohnhäuser er-
setzt wurden.
Eine gut erhaltene Dreiseitanlage mit integriertem Wohnwirtschaftsgebäude aus dem
18.Jh. befindet sich noch in Lamme, Neudammstraße 20. Beispielhaft für die weitere
Entwicklung in der 2. Hälfte des 19.Jh. ist die ca. 1866/67 neu entstandene Hofanlage
Alte Schulstraße 6 in Dibbesdorf mit einem zweigeschossigen Fachwerkwohnhaus auf
der Rückseite der Hoffläche, die seitlich eine große Fachwerkscheune und ein Stall/-
Scheunenbau einfassen. Das Eindringen städtischer Hausformen in den bäuerlichen
Lebensraum dokumentiert die Hofanlage Steinbrink 8 in Broitzem, deren gut proportio-
niertes, über quadratischem Grundriß um 1880 errichtetes Walmdachhaus ebensogut
im Erweiterungsgebiet der Stadt stehen könnte. Eine erst 1891/92 neu entstandene
Hofanlage in Lehndorf (Hannoversche Straße 40) plaziert ein repräsentatives, zweige-
schossiges Fachwerkwohnhaus mit spätklassizistischem Mittelrisalit und Dreieckgiebel
hinter einen Vorgarten zur Straße hin und verlegt den Wirtschaftshof, kaum sichtbar, auf
die Rückseite. Die stetig weiter fortschreitende Verstädterung der Dörfer im Einflußbe-
reich der Stadt produzierte schließlich bereits kurz nach 1900 Erscheinungen wie das
villenartige Wohnhaus der Hofanlage Alter Platz 5 in Stockheim, das, um 1910 gebaut,
mit seinem überdimensionierten Volumen und seiner mit Heimat- und Jugendstilelemen-
ten versetzten Architektur gänzlich den Bezug zu seiner bäuerlichen Umgebung ver-
neint.
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