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Albrecht, Heike [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 26,1): Landkreis Stade: ohne die Städte Stade und Buxtehude — Braunschweig, 1997

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https://doi.org/10.11588/diglit.44441#0022
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lungsschicht werden insgesamt alle aus Flurbezeichnungen zusammengesetzten Na-
men zugeordnet wie z.B. Hammah, Gräpel, Wedel, Essel und Mulsum. Auch Oldendorf
(= altes Dorf) gehört zu den früh gegründeten Siedlungen. Aussiedlungen der frühmittel-
alterlichen Rodungsperiode (etwa 500-800 n.Chr.) sind an den Endungen -dort (Beck-
dorf) und -büttel (Düdenbüttel) zu erkennen, welche an den Namen des Aussiedlers an-
gehängt wurden. Charakteristisch für sächsische Gründungen ist die Endung -stedt
(Bargstedt), für karolingische die Endung -sen (Wiegersen), während der Wortteil -bor-
stel erst ab dem 9.Jh. bekannt ist. Orte der hochmittelalterlichen Ausbauphase sind u.a.
Heinbockel und Kutenholz.
Während die älteren Dörfer in der Regel aus 5-7 Vollhöfen bestanden, deren Besitzer
sich die Nutzungsrechte an der Dorfflur (Gemeinheit) teilten, verfügten die jüngeren
Siedlungen meist über deutlich weniger Hofstellen. In Orten mit bedeutenden Gutshöfen
(Ahlerstedt), Klöstern (Harsefeld, Himmelpforten) oder Adelssitzen (Horneburg) war die
Zahl der Vollhöfe ebenfalls gering; ausgesprochen groß war sie hingegen in Bliedersdorf,
für das im Vorder Register (anfang 16.Jh.) zwölf Vollhöfe überliefert sind. Üblicherweise
gruppierten sich diese Hofstellen zu beiden Seiten des Dorfbaches und zeigten mit dem
Wohnteil zur Talaue, während der Wirtschaftsteil zu den höher gelegenen Ackerflächen
ausgerichtet war.
Eine Siedlungsverdichtung setzte im ausgehenden Mittelalter ein, als zum einen durch
Höfeteilungen zahlreiche Halb-, Drittel- und Viertelhöfe entstanden waren, und sich zum
anderen mit den Kötnern eine neue Sozialschicht im Dorf bildete. Während die Pflugköt-
ner über ausreichend Land verfügten, um ihren Lebensunterhalt vollständig aus der
Landwirtschaft bestreiten zu können, waren die Kleinkötner auf Zuverdienste als Hand-
werker oder Tagelöhner angewiesen.
Eine weitere Differenzierung der ländlichen Unterschicht ist in der Neuzeit zu beobach-
ten, da seit dem frühen 16.Jh. eine Ausweisung neuer Hofstellen nicht mehr zulässig
war. Neben den Brinksitzern, die am Rand (= Brink) des Hofes oder Dorfes saßen und in
geringem Umfang eigenes Land bebauten, gab es die Häuslinge oder Heuerlinge ohne
Land, welche ausschließlich gegen Lohn arbeiteten. Mit der Verkopplung traten ab 1830
die An- und Abbauer auf, die sich ebenfalls als Tagelöhner verdingten und nur kleine
Landstücke bewirtschafteten, die die Anbauer vom Staat oder von der Kirche, die Ab-
bauer von einem Hof erhalten hatten.
Der östliche Geestrand mit seiner um 20 Meter deutlich abfallenden Geländestufe weist
eine erheblich höhere Siedlungsdichte auf. Hier haben sich an dem Eintritt der Flüsse in
die Marsch die bedeutendsten Orte des Landkreises entwickelt. Neben Stade und
Buxtehude, die auf dem Schwinge- bzw. Esteufer plaziert sind, ist vor allem der Flecken
Horneburg am Ufer der Aue zu nennen, die ab hier als Lühe bezeichnet wird.
In wirtschaftlicher Hinsicht waren auf der Geest die agrarreformerischen Neuerungen
des 19.Jh. von großer Bedeutung. Hierzu gehören die Gemeinheitsteilungsverordnung
von 1825, in der die Verteilung der bisherigen Gemeinschaftsflächen auf die einzelnen
Bauern geregelt wurde, das Ablösegesetz von 1831 zur Abfindung der Feudallasten
und die Verkopplungsordnung von 1842, die die Zusammenlegung der Felder jedes
Bauern zu größeren Stücken ermöglichte. Die produktionssteigernde Wirkung dieser
Reformen wurde verstärkt durch die Einführung des Kunstdüngers, verbesserte Anbau-
methoden und erweiterte Absatzmöglichkeiten aufgrund verbesserter Verkehrswege.
Die größte Bedeutung kommt hierbei bis heute der 1881 eröffneten Unterelbebahn von
Harburg nach Cuxhaven zu, welche um 1900 durch die Strecken von Stade bzw. Har-
burg nach Bremervörde ergänzt wurde.
Der wirtschaftliche Aufschwung seit Mitte des 19.Jh. fand seine Entsprechung im Bau-
geschehen, was zu einer nachhaltigen Veränderung der Siedlungsbilder führte.
Das Moor
Im Kreisgebiet waren ursprünglich zwei Arten von Moor zu unterscheiden, die heute bei-
de weitgehend in landwirtschaftliche Nutzflächen umgewandelt worden sind: Nieder-
moore, welche durch Versumpfungen im Bereich des Grundwassers entstanden, sind
zum einen im Sietland zwischen Marsch und Geest, zum anderen in den Talauen der
Geest verbreitet. Den Typ eines Hochmoores, das einem Niedermoor aufsitzt und aus-
schließlich vom Niederschlagswasser lebt, bildete das etwa 109 Quadratkilometer große
Kehdinger Moor. Seine Erschließung erfolgte zunächst unplanmäßig von den Marschhö-

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