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Albrecht, Heike [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 26,1): Landkreis Stade: ohne die Städte Stade und Buxtehude — Braunschweig, 1997

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https://doi.org/10.11588/diglit.44441#0168
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schoß und pfannengedecktem Krüppelwalm-
dach 1741/42 z.T. auf den Grundmauern der
alten Abtei errichtet worden. Der Oberbau ist al-
lerdings im Zuge der 1982 abgeschlossenen
Renovierung stark erneuert worden. Nach ver-
schiedenen Nutzungen seit Auflösung des Am-
tes 1885 ist hier heute ein kulturelles Zentrum
mit Bücherei und Begegnungsstätte eingezo-
gen (Am Amtshof).
Ein weiteres Zeugnis der Amtszeit hat sich mit
dem östlich gelegenen, ehemaligen Gerichtsge-
bäude Am Amtshof 3 erhalten. Es ist 1776 als
schlichter siebenachsiger Backsteinbau mit Mit-
teleingang und Pfannendach, das einseitig ab-
gewalmt ist, auf ebenfalls älteren Fundamenten
errichtet worden. Als Ergänzung zu den Aus-
grabungen ist hier seit einem Um- und Ausbau
1985 das „Museum für Kloster- und Heimatge-
schichte“ untergebracht.
Der Hauptzugang zum Klosterbezirk erfolgte
von Süden, wo die vermeintliche Fremdenher-

berge überkommen ist. Das mehrfach moderni-
sierte Haus mit pfannengedecktem Walmdach
kann aufgrund der in zwei Seiten erhaltenen
Fachwerkkonstruktion in das 17.Jh. datiert wer-
den. Bemerkenswert ist die Ausbildung der
Traufe, wo zwischen auskragenden Balkenköp-
fen, die mit je einer Rosette verziert sind und
die auf kräftig profilierten Konsolen ruhen, vier-
telrunde Füllhölzer eingefügt sind (Kirchen-
straße 4).

Herrenstraße und Schulstraße
Zwischen dem Klosterbezirk und seinen westli-
chen Ackerflächen verlief als nördliche Ausfall-
straße Richtung Stade die heutige Herren-
straße. Parallel zu ihr ist auf dem östlichen Bach-
ufer die Schulstraße geführt. Beide Straßen
waren, wie der Kurhannoverschen Landesauf-
nahme von 1769 zu entnehmen ist, seinerzeit in
ihren südlichen Abschnitten dicht bebaut.

Während sich die Herrenstraße zunehmend zur
Geschäftsstraße entwickelte, überwogen in der
Schulstraße die handwerklichen Betriebe, vor
allem das Tischlereigewerbe. Relativ bekannt
sind die kurz nach 1900 gegründeten Harsefel-
der Werkstätten der Gebrüder Dreyer, die mit
ihren Möbelentwürfen dem aufblühenden
Kunsthandwerk jener Zeit verpflichtet waren.
Wie der gesamte Flecken sind auch diese bei-
den Straßen durch eine rege Bautätigkeit in den
Jahren 1880 bis 1905 gekennzeichnet, als die
Gesamtzahl der Harsefelder Wohnhäuser von
189 auf 250 anstieg. Doch ist die Mehrheit der
seinerzeit entstandenen ein- bis zweigeschossi-
gen Backstein- und Putzbauten mittlerweile
stark überformt. Darüber hinaus bestimmen
moderne Geschäftsbauten heute besonders in
der stark befahrenen Herrenstraße das Bild, de-
ren zur nördlichen Aue stark abfallender
Straßenraum nur im südlichen Abschnitt durch
das Grün des Klosterparks aufgelockert wird.


Harsefeld, Herrenstraße 9, Wohnhaus, 1. Drittel 19. Jh.

Zu den ältesten und gleichsam straßenbildprä-
genden Bauten der Herrenstraße gehören zwei
traufständige, klassizistisch beeinflußte Fach-
werkbauten, die jeweils mit einem pfannenge-
deckten Krüppelwalmdach abschließen und im
1. Drittel des 19.Jh. erbaut wurden. Das elfach-
sige Gebäude Nr. 9 wird in der Straßenansicht
durch einen breiten Zwerchgiebel akzentuiert.
Die mittige zweiflügelige Haustür ist ebenfalls
durch einen Giebel hervorgehoben (erb. um
1830).
Als Besonderheit des 1812 errichteten Wohn-
hauses Nr. 25, dessen Obergeschoß allseitig
auf profilierten Knaggen vorkragt, sind die Fen-
ster- und Türeinfassungen zu nennen. Seit Ab-
schluß der Sanierung 1987 ist hier, benannt
nach den letzten Privateigentümern (Zum Fel-
de), das „Künstlerhaus zum Felde“ unterge-
bracht.
Am nördlichen Ende der Straße hat sich kurz
vor Querung der Aue das einzige Exemplar ei-
ner frühen Tankstelle im Landkreis erhalten (Nr.
50): einem um 1910 errichteten Wohnhaus vor-
gebaut, überspannt die ca. 1930 errichtete
Holzkonstruktion mit Walmdach den zur Straße
gelegenen Zapfsäulenplatz.


Marktstraße, Buxtehuder Straße und südliche
Ortslage
Der Kern der bäuerlichen Ansiedlung Harse-
felds, die sich unmittelbar südlich an den Klo-
sterbezirk anschloß, lag vorwiegend auf dem
westlichen flacheren Bachufer zwischen der
heutigen Markt- und der oberen Griemshorster
Straße. Die Marktstraße selber ist erst mit der
Verkopplung 1867 als direkte Verbindung zwi-
schen den beiden geradlinig geführten Über-
landstraßen nach Buxtehude und Zeven ange-
legt worden. Rücksichtnehmend auf die enge
Bebauung schlängelt sie sich zwischen den
dicht an die Straße gerückten Gebäuden hin-
durch. Ihr Profil erfährt einzig durch den vor
kurzem neugestalteten und von mehreren
Fachwerkbauten gerahmten nördlichen Platz ei-
ne Aufweitung. Insgesamt vermittelt die Straße
mit ihren zahlreichen neuerbauten und moder-
nisierten Wohn- und Geschäftshäusern das Bild
einer heterogenen Bebauung des 19. und
20.Jh.

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