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Die Gartenkunst — 4.1902

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Zimmermann, Wilhelm: Die königlichen Gärten Oberbayerns in kunstgeschichtlicher und kritischer Beleuchtung, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.22266#0010

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DIE GARTENKUNST

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Deutsche Gärten in Wort und Bild.

IMe königlichen (Järten Oberbayerns in kunstgeschicht-
licher und kritischer Beleuchtung*)
von W. Zimmermann,

weiland kgl. hayer. Hofgarten-Ingenieur,
bearbeitet und herausgegeben
von

J. Trip, Stadtgarten-Direktor in Hannover,
und

H. Schall, kgl. Obergärtner in München.

(Hierzu die Souderbeilnge: t'lan von Nymphenburg und ■< Anrichten.)

Kehren wir zur Bntstehungzeit unserer älteren künst-
gärtnerischen Schöpfungen um die Wende des
17. zum 18. Jahrhundert zurück, so finden wir in
Münchens Nähe sehr hervorragende Gärten. In erster
Linie den zu Nymphenburg, dann in Schleifsheim und
Piirstenried und endlich den durch Max Emanuel umge-
stalteten Garten zu Dachau.

Die zweite Periode weisl zwei grofsartige
Arbeiten auf, die für weite, auswärtige Kreise Schule
und Vorbild waren. Der englische Garten in München
und die Neugestaltung Nymphenburgs durch Fried,
Ludw. v. Sckell.

Unter den Werken Karl vonEffners in der jüngst
vergangenen Zeit sind von Bedeutung: Feldafing, dann
ganz besonders die „Maximiliansanlagen auf den
Isarhöhen und am Gasteig", der Linderhof, die Er-
richtung resp. Instandhaltung der Wintergärten, die
Neugestaltung Fürstenrieds und eine Reihe hier nicht
näher zu besprechender Privatgärten (Tutzing, Bernried.
Hohenaschau, Frauenau, Schönau etc.) und Stadtanlagen
i Maximiliansplatz),

Die Gartenanlagen auf der Herreninsel des Chiemsees
sind wohl in letzter Linie zu nennen, da sie kaum dem
freudigen Schaffensdrange Effners entsprangen, überdies
weder Original sind noch ein fertig abgeschlossenes Ganze
darstellen und nicht dazu angethan sind, den Besucher der
herrlichen Insel mit der ihn überkommenden Stimmung
auszusöhnen.

I. Periode.

Wenn wir nun mit unseren ältesten, der noch z. T,
erhaltenen Gärten beginnen, finden wir. dafs deren
Entstehung gerade in eine der bedeutsamsten Eni wickelungs-
epochen der gesamten Gartenkunst fällt, denn wenn auch
dem der Natur entnommenen Material ein unerhörter Zwang
angethan wurde, so feiert immerhin ein grofses künst-
lerisches Prinzip durch grandiose Gesamtwirkung dieser
Gärten höchste Triumphe.

Ks vollzog sich in Frankreich etwa 16f>0 -1700 die
„Umwandlung aus dem Kleinlichen und Mageren in das
Grofse und Volle, aus dem Geometrischen ins Archi-
tektonische. Der bisher nur regelmäfsige Stil wurde

*) Vergl S. 213 und 229 de* vorigen Jahrganges.
Die Gartenkunst.

nun in Wirklichkeit ein architektonischer, indem er
nicht nur blofs in den Grundlinien, sondern auch im Auf-
bau und Gestaltung der Formen sich vollzog" (Falke, der
((arten).

Nymphenbu rg.

Von den ersten Anhingen der Schlofs- und Garten-
anlagen durch die Gemahlin Ferdinand Marias (Adelheids
von Savoyen) um 1663 können wir hier absehen, da nur
der Mittelbau des Schlosses (in seinen Hauptformen), der
Garten dagegen nichts mit unserem Nymphenburg gemein
hat und mit der Schöpfung Max Emanuels nur in örtlichem
Zusammenhange steht.

Die ersten Regierungsjahre dieses Kurfürsten waren
der Förderung des beabsichtigten Ausbaues des Begonnenen
nicht günstig. Erst 1701 wurde der Bau des Schlosses
energisch aufgenommen, und im folgenden Jahre begann
der niederländische Garteningenieur Carbonet nach eigenen
Entwürfen den Garten in grofsem Stil anzulegen.

Die allgemeine grofse Einteilung des Gartens, die
Dimensionen der Parterres, der Alleen, der Kanäle etc.,
kurz das Fixieren der Hauptmomente des Bildes, scheinen
sein Werk zu sein.

Die ausgedehnten Kanäle des Gartens selbst, sowie
die zu- und ableitenden von Pasing nach Nymphenburg
und von hier über Gern nach Schwabing, haben, zumal
der Kiesboden anfänglich das Wasser durchfallen liefs,
enorme Kosten verursacht. Sie waren im grofsen Ganzen
1703 fertig gestellt.

Lange sollte jedoch, trotz des lebhaften Interesses für
Nymphenburg, das nistige Schaffen an den Anlagen nicht
dauern. Schon nach drei Jahren geboten die politischen
Verhältnisse leider den ganzen Arbeiten ein entschiedenes
Halt. Auch Carbonet wurde unter Anerkennung seiner
Verdienste verabschiedet.

Er verliefs München im Jahre 17(15. Wie weit dies
für den Garten folgenschwer geworden, ist nicht gut zu
ermessen. Das zehnjährige völlige Daniederliegen jeder
Arbeit schlug auch dem bereits fertig gestellten tiefe
Wunden, indem die gepflanzten Alleen aus Mangel jeder
Pflege, gleich manchem Anderen in Schlofs und Garten,
schweren Schaden litten.

Mit dem Jahre 1715 und der Berufung des Garten-
ingenieurs Girard aus Paris (der den Titel eines Garten-
inspektors und Fontainiers erhielt) beginnt eine neue Ära
für Nymphenburg. Jahre vergingen, bis die entstandenen
Schäden beseitigt waren, sogar die grofsen Gartenparterres
mufsten nach Girards Entwürfen völlig neu hergestellt
werden, zumal der hierin zum Ausdruck kommende Ge-
schmack einem ungemein raschen Wechsel unterworfen war.

Im Jahre 1716 wurde das erste der noch heute vor-
handenen Lusthäuschen, die Pagodenburg, von Cuvillies
erbaut, und dem Zeitgeschmacke Rechnung tragend, im

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