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Die Gartenkunst — 4.1902

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Eitz, Carl: Landschafts- und Gartenbauten in künstlerischer und zeitgemäßer Ausführung
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https://doi.org/10.11588/diglit.22266#0013

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4

DIE GARTENKUNST

IV, 1

Gartenarchitektur.

Landschafts- und Gartenbauten in künstlerischer und
zeitgemäfser Ausführung.

Von Karl Eitz, Eisloben.
(Mit 9 Abbildungen)

Auf der Allgemeinen Ausstellung für Handel, Gewerbe,
und Industrie zu Dessau, die in diesem Jahre vom 23. Sep-
tember bis 13. Oktober stattfand, war auch in gewissem
Sinne die Garterikunst vertreten. Die Firma C. Voigt in
Eisleben a. Harz, Atelier für Garten- und Park-Architektur,
hatte ein reizendes Parkhäuschen ausgestellt. Schon seil
Jahren entfaltet diese Firma, auf diesem Gebiete eine rast-
lose Thätigkeit und kommt besonders den neueren Be-
strebungen der Gartenkünstler auf eine Weise entgegen,
die als einzigartig gelten mufs.

Wenn wir die Entwickelung, welche die Gartenkunst
genommen hat, verfolgen, so fällt es besonders in die
Augen, dafs sich das Bestreben, Motive zu verwerten, wie
sie die freie Gottesnatur in urwüchsiger und unverfälschter
Schönheit darbietet, zu immer gröfserer Klarheit, ja zum
künstlerischen Prinzip hindurchgerungen hat. Dadurch
hat die Gartenkunst eine Selbständigkeit erlangt, die sie
ebenbürtig neben die übrigen Künste stellt; ja, sie darf
fordern, dafs diese — soweit sie für die Gartenkunst in
Betracht kommen — ihr in der Verwirklichung ihrer
eigenen Ziele dienend und helfend zur Seite stehen. Be-
sonders kommt hier die Baukunst in Frage. Willig und
meisterlich hat die Gartenkunst der Baukunst bisher ge-
dient und wird ihr auch ferner dienen, wenn es sich
darum handelt, die Umgebung eines Bauwerkes mit diesem
in harmonischen Einklang zu bringen. Umgekehrt darf
nun aber auch die Gartenkunst verlangen, dafs auch die
Baukunst ihr diene, wenn sie selbstschöpferisch nach
eigenen Stilprinzipien sich bethätigt. Für die Baukunst
ist diese Aufgabe nicht nur ehrenvoll, sondern auch frucht-
bar: sie bietet ihr einen neuen Antrieb, den naturgemäfsen
Zusammenhang, in dem ein Bauwerk zu seiner Umgebung
stehen soll, schärfer ins Auge zu fassen.

Das Parkhäuschen in Dessau erregte in uns von vorn
herein die Anschauung, dafs sein Erbauer es nicht allein
versteht, seine Bauwerke mit der Umgebung in Einklang
zu bringen, sondern dafs er in klar bewufster Weise Ziele
verfolgt, die den neueren Bestrebungen der Gartenkunst
so nahe und innig verwandt sind, dafs sie ganz in deren
Rahmen fallen. Der Inhalt einer Druckschrift, die uns ein
Vertreter des Herrn Voigt in Dessau überreichte, bestätigte,
dafs wir uns hierin nicht geirrt hatten. Wir glauben im
Sinne des Lesers zu handeln, wenn wir die dort gebotenen
interessanten und sachlich wertvollen Ausführungen der
Firma hier wörtlich wiedergeben:

„Wenn es sich darum handelt, ein Landhaus, ein
Garten- oder Parkhäuschen, eine Waldkapelle, Jagdhäuschen
oder dergl. mitten hinein in den wohlgepflegten Garten, in
den geschlossenen oder zum offenen Walde übergehenden
Park, an den Bergesabhang, auf die abgeschiedene Insel
im schilfbewachsenen, verträumten Waldsee oder auf den

freien, überragenden Hügel zu stellen, so ist das Land-
schaftsbild von ausschlaggebender Bedeutung. Es bestimmt
Form und Gestalt des Bauwerks, das am reizvollsten wirkt,
wenn es sich unaufdringlich dem Charakter seiner Um-
gebung anschmiegt.

Hinsichtlich des Zusammenklangs der Architektonik
des Bauwerks mit der Eigenart seiner landschaftlichen
Umgebung können die Italiener als unsere Lehrmeister
gelten. Die Mannigfaltigkeit der Formen ihrer alten
wundervollen Landhäuser sind fast immer das Ergebnis
genialer Ausnutzung dieser wechselseitigen Beziehungen.

Unser heimatlicher Boden in seiner kraftvolleren und
ganz anders gearteten reizvollen Lieblichkeit weist bei Er-
richtung von Erholungsstätten im Freien, also im Garten,
Park, dunklen Tann oder blätterrauschenden Hain nach
einer seinem besonderen Charakter entsprechenden Bauart,
die mir in dem zwar derben aber doch malerischen und
künstlerisch fruchtbaren Xaturholzbau gegeben zu sein
scheint.

Der Holzbau selbst, zunächst der Unterkunft und später
auch gottesdienstlichen Zwecken dienend, ist uralt.

Unsere Altvorderen schufen diese Bauten, entsprechend
den geologischen, geognostischen, geographischen und
klimatischen Verhältnissen verschieden. So entstanden das
Schweizerhaus, das überbayerische, das fränkische, das
thüringer, das niedersächsische Haus u. s. w. Die Be-
wohner verstanden es, nicht nur praktischen, sondern auch
Kunstansprüchen zu geniigen, wovon allerlei Zierat an
ihren Holzbauten uns heute noch Kunde giebt.

Der massige Naturholzbau ist seiner ganzen Natur
nach durch und durch deutsch, kraftvoll, knorrig wie die
deutsche Eiche, die ja auch zum Teil das Baumaterial
hierfür liefert, und doch auch wieder zum Träumen, zum
Insichversenken, zu gemütlicher Zwiesprach einladend.

Die Benutzung seiner charakteristischen Formen für
Garten-, Park- und Waldbauten habe ich mir zur ernsten
Aufgabe gestellt. Seine künstlerische Verwertung bietet
für die landschaftliche und gärtnerische Gestaltungskunst
eine unerschöpfliche Quelle von Mitteln zur Abwechselung
und Belebung, Selbst bei mangelnder Übereinstimmung
mit der Umgebung wird der Naturholzbau unter Inne-
lialiung gewisser Grenzen seine ästhetische Wirkung durch
den Kontrast zu entfalten wissen. Der künstlerische
Naturholzbau, wie ich ihn pflege, schliefst jegliche schema-
tische Behandlung aus. Vorbedingung für seine Ausführung
sind stets das Fleckchen Erde, das er zieren, und der
künstlerische Effekt, den er verwirklichen soll. Bevor an
den Entwurf eines Parkhauses, einer Ruine, einer Wald-
kapelle, eines Blockhäuschens, eines Parkschlöfschens,
einer Brücke oder dergl. gegangen werden kann, werden
deshalb jedesmal die Lage des Bauplatzes, die Form und
sonstigen Eigenschaften des Geländes geprüft und gegen
das Projekt abgewogen werden müssen, um so demselben
die künstlerische Ubereinstimmung mit der Scenerie zu
sichern.

Hinsichtlich des künstlerischen Effektes lassen sich
ja von vornherein bestimmte Normen nicht aufstellen.
Zweck und Ort des Bauwerks geben in erster Linie be-
 
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