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Die Gartenkunst — 4.1902

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Zimmermann, Wilhelm: Die königlichen Gärten Oberbayerns in kunstgeschichtlicher und kritischer Beleuchtung, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.22266#0070

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IV, 4

ÜIE GARTENKUNST 61

Deutsche Gärten in Wort und Bild.

Die königlichen Gärten Oberbayerns in knnstgeschicht-
licher und kritischer Belenchtnng

von W. Zimmermann,

weiland kgl. bayer. Hofgärten-Ingenieur,
bearbeitet und herausgegeben
von

J. Trip, Stadtgarten-Direktor in Hannover,
und

H. Schall, kgl. Hofgärten-Ingenieur in München.
(Fortsetzung.)
(Hierzu 2 Pläne und 2 Ansichten.)

Wenden wir uns nun zu Sckells zweitem grofsen
Werke. Münchens unschätzbarem

Englischen Garten.

Die Geschichte dieses Parkes beginnt mit dem Jahre
1789, als der in Bayern so überaus vielseitig und glücklich
reorganisierende General Thomson („Graf Rumford") vom
Kurfürsten Karl Theodor auch mit der Herstellung eines
Parkes nach englischer An betraut wurde und die Aus-
führung dieser Idee energisch in die Hand nahm.

Zunächst mufste es sich darum handeln, den geringen
bisherigen kurfürstlichen Landbesitz (den Hirschanger) in
dem Xiederungs- und einstigen Überschwemmungsgebiet
nordöstlich der Hauptstadt bedeutend zu erweitern, jedoch
unter last ausschliefslicherHeranziehung bisher unkultivierten
Terrains.

Die heutige grofse Ausdehnung des Parkes von mehr
als 5 km Länge und 290 ha Fläche scheint schon von
Anbeginn an ins Auge gefafst zu sein; so gehörten selbst
ferne gelegene Gebiete der Hirsehau (Vogelherd) zu den
ersten Ankäufen. Das jetzt die Schönfeldvorstadt bildende,
bis zur Ludwigstrafse reichende Areal wurde bald nach
Erwerb wieder veräufsert und der Erlös zu Gunsten des
Gartens verwendet. Gleichzeitig wurde der wohl verfehlte
Plan, die Soldaten „zur Milderung ihrer Sitten" im Garten-
bau zu beschäftigen und ihnen kleine Krautgärten hierzu
anzuweisen, realisiert und zwar auf dem Gebiete der jetzigen
Reitbahn auf der grofsen vorderen Wiese.

Mit dem Tode des Kurfürsten Karl Theodor 1799 wurde
jedoch diese Institution als undurchführbar aufgehoben
und 1800 die Ländereien dem Englischen Garten einverleibt.

Auch hier entstand schon mit dem Beginn der Arbeiten
der Wunsch, die damals für unerläfslich geltenden baulichen
Zierden im Park zu errichten. So ist der chinesische
Turm (Abbild. S. 62) bereits 1791 fertig gestellt, ebenso
das als Kasino benutzte Rumfordhaus und die Meierei
Kleinhesselohe. ferner mehrere „otaheitische Schirmhütten"
und endlich auch der längst wieder verschwundene Denk-
stein für den Idyllendichter Gefsner in Form eines römischen
Altars unweit des jetzigen Dianabades, damals einer Tabaks-
fabrik, welche wegen ihres prozefssüchtigen Besitzers eine
sehr unliebe Nachbarschaft war.

Die Gartenkunst

Die Jahre bis zur Wende des Jahrhunderts sind neben
weiteren Grundankäufen und Arrondierungen mit rüstigen
Arbeiten an der Ausgestaltung des Gartens ausgefüllt,
offenbar mit weiser Benutzung aller bereits das Terrain
belebenden Baummassen und Wasserläufe.*)

Nach Rumfords Ausscheiden aus dem Dienste wurde
1798. also noch zu Lebzeiten Karl Theodors. Baron Werneck,
ebenfalls Offizier von Beruf, mit der Fortsetzung der Arbeiten
betraut.

Werneck ist dem Garten ein rührend sorgsamer Förderer
gewesen.

In 5 Jahren hatte er in dem auf nahezu 500 Tage-
werk angewachsenen Terrain mit einem Werte von 92000 fl,
den Betrag von 65000 fl eingenommen und verbraucht.
Es wurden die zu bepflanzenden Flächen 1 m tief rigolt.
30000 Bäume (z T. aus der Plantage Lustheim bezogen)
gepflanzt, ferner, um die Renten zu mehren, von den auf-
gehobenen Klöstern ein gröfserer Viehstand erworben und
endlich die kleinere Hälfte des Sees (Abbild. S. 63) aus-
gehoben und das Material zur Urbarmachung sumpfiger
Stellen benutzt.

Nachdem die Zuschüsse immer aufs neue reduziert
winden und der Garten sieh mehr und mehr auf die
eigenen Einnahmen angewiesen sah, engagierte sich der
Leiter persönlich in verhängnisvoller Weise als Pächter
der Mahl- und Sägemühlen (unterhalb des nachherigen
Wasserfalles), um dem Garten gröfsere Einnahmen zu-
zuführen, Ja. er änderte ihre Inneneinrichtung in der
Absicht, sie leistungsfähiger zu gestalten, auf eigene Koston
völlig nach neuer Methode um.

Die Ungunst der wirtschaftlichen Situation hat ihm
sein liebgewordenes Amt schwor genug gemacht, bis ihn
plötzlich die Enthebung von seinem Posten um die Früchto

*) Das zu Ehren Kumfords schon zu Zeiten seiner dem
Garten zugewandten Thätigkeit errichtete Denkmal im Hirsch-
anger des Englischen Gartens trägt folgende Inschriften:

„Lustwandler steh',

Dank stärket den Genufs.

Ein schöpferischer Wink Carl Theodors

Vom Menschenfreunde Kumford

Mit Geist, Gefühl und Lieb' gefafst,

Hat diese ehemals .nie (legend

In das. wa du nun um dich siehst, veredelt."

Und kehrseits: „Ihm,

Der das schmählichste öffentliche Übel,

Den Mülsiggang und den Bettel tilgte,

Der Armut Hilf, Erwerb und Sitten,

Der Vaterländ'schen Jugend

So manche Bildungsanstalt gab,

Lustwandler geh!
Und sinne nach, ihm gleich zu sein
An Geist und That

und uns

an Dank."

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