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Die Gartenkunst — 4.1902

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Zimmermann, Wilhelm: Die königlichen Gärten Oberbayerns in kunstgeschichtlicher und kritischer Beleuchtung, [7]
DOI Artikel:
Schoch, Gottlieb: Der englische Garten zu München und Ludwig von Sckell
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https://doi.org/10.11588/diglit.22266#0131

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124

DIE GARTENKUNST IV, 7

Wie völlig verschiedene Ziele verfolgt wohl Porst-
betrieb und Landschaftsgärtnerei! Petzold sagt in seiner
„Landschaftsgärtnerei": „Der Porstmann und der Garten-
künstler führen die Axt in ganz verschiedenem Sinne:
jener hat eine möglichst hohe pekuniäre Nutzung seines
Waldbestandes im Auge, dieser verfährt dabei nur nach
den Regeln der Ästhetik und unter Berücksichtigung des
landschaftlichen Interesses; auch die Erhaltung des Wald-
bestandes ist demgemäfs ganz verschieden von der der
Parkpflanzung. Oer Porstmann entfernt alle diejenigen
Bäume, welche ihren vollen Wuchs erlangt haben und zum
sofortigen Verbrauch geeignet sind, sowie die, welche durch
zu grofse Nähe sich gegenseitig im Wachstum hinderlich
sind: er will hohe, gerade Stämme ziehen. Deshalb finden
wir auch selten im Porstrevier Bäume mit ausgebreiteten,
schön belaubten Ästen, wie sie für die Landschaft unent-
behrlich sind. Das Auge des Gärtners sucht nach schönen,
malerischen Baumexemplaren, um sie zur Geltung zu
bringen und ist bestrebt, durch Entfernung allen unschein-
baren Holzes in ihrer Umgebung die freie Entwickelung
derselben zu begünstigen."

Und, könnte man hinzusetzen, vermeidet geflissentlich
die immer gleichgrofse Entfernung der Stämme von ein-
ander, wie sie im Porste gewünscht werden mufs.

Wenn Purst Pückler die verständige Pührung der Am
als eine das gleiche Verständnis für die Schönheit der
Natur voraussetzende Kunstbethätigung hinstellt, als die
der ursprünglichen Ausführung, so liegt darin die volle Wür-
digung dieser sehr schwierigen Aufgabe. Dafs gegen den
gärtnerisch korrekten Holzhieb, der keine anderen Neben-
absichten verfolgt, nicht noch weit häufiger gesündigt wird,
ist damit zu begründen, dafs dieser aus Mangel an Einsicht
oder aus Furcht vor der räsonnierenden Tagespresse ganz
unterlassen wird. Der hierdurch heraufbeschworene Übel-
stand (besonders im Entwickelungsstadium der Anlage) ist
jedoch folgenschwerer, als ein schlecht geleiteter Holzhieb.
Wie selten finden wir dauernd in diesem Sinne gepflegte
Gärten. Der Künstler, welcher den Garten anlegte, ist meist
nicht mehr unter den Lebenden, und so fehlt der zugleich an-
teilnehmende und sachverständige Mahner, der zu diesem
wichtigsten Teile des Unterhaltens drängt.

In kleinen Privatgärten denkt man durch Belassen der
dichtzusammen aufgeschossenen Bäume den lästigen Einblick
des Nachbars in den Garten zu hindern. Gerade das
Gegenteil wird erreicht. Unter den hochgewachsenen,
dichtgedrängten Kronen sind die unteren Aste sowie das
Unterholz längst abgestorben, und die gewünschte Deckung
fehlt deshalb fast gänzlich. In Privatgärten nehme man
doch bei zu dicht stehenden und daher kahl werdenden
Bäumen — wenngleich mit etwas vermehrten Kosten —-
alljährlich einzelne Äste denjenigen, welche einem frühen
Tode geweiht sind, zu Gunsten der zu schonenden Nach-
barbäume weg, bis man sich zum gänzlichen Entfernen
der so reduzierten Exemplare ohne Schmerz entschliefsen
kann. Bei geschicktem, astweisem Auslichten wird selbst

zug auf gartenkünstlerisches Verständnis gegen andere Grofs-
städte noch immer weit zurücksteht. Die Herausgeber.

der tägliche und aufmerksame Besucher des Gartens nie
die Lücke finden und noch viel weniger empfinden.

Auch auf einen anderen zum „Erhalten" gehörigen
Eingriff möchte ich nicht unterlassen, hinzuweisen. Die
kleinen Rasenbahnen zwischen den die Coulissen bildenden
Trupps von Baum und Strauch stehen anfänglich in gewissem
Gröfsenverhältnis zu der Höhe der Bäume. Mit dem Heran-
wachsen derselben breitet sich der herrliche Behang der
Äste gegen die umgebenden Wiesenflächen aus. Steht nun
über kurz oder lang ein gegenseitiges Sichberühren dieser
bis zum Boden herabhängenden, schmückenden Zweige
bevor, so ist es höchste Zeit, kleine Gruppen, auch wenn
sie herrliche, lebensfähige Bäume enthalten, unbarmherzig
ganz zu entfernen. Nicht nur der Laubschmuck des Seiten-
behanges bleibt den Nachbargruppen hierdurch erhalten,
sondern auch das gestörte Verhältnis zwischen Breite der
Rasenbahn und der Baumhöhe wird gründlich korrigiert.

Das gleiche Prinzip dieser Parkpflanzungen, nur den
ästhetischen und nie den botanischen oder Sammelwert
der Pflanzen gelten zu lassen, der in der Gartenkunst gar
keine Berechtigung hat,*) finden wir auch in den könig-
lichen Wintergärten wieder. (Fortsetzung folgt.)

Der Englische Garten zu Hänchen und Ludwig vonSckelL

Die Zimmermannsche Darstellung in No. 4 1902 der
„Gartenkunst" von der Entwickelung des „Englischen Gartens"
in München erweckt den Eindruck, als ob Sckell erst vom
Jahre 1804 ab für die Gestaltung desselben thätig gewesen
sei, dafs er nicht die grundlegenden Formen der Gesamt-
anlago geschaffen, sondern nur die letzte Hand angelegt,
dem Ganzen die Vollendung gegeben. Dies ist ein Irrtum!
In der Lebensbeschreibung Ludwig von Sckells vom Jahre
1825, welche in der Vorrede zur zweiten Auflage seiner
„Beiträge zur bildenden Gartenkunst" enthalten ist, wird
mitgeteilt:

„Schon im Jahre 1789 wurde Sckell von dem Kur-
fürsten Karl Theodor nach München berufen, um sein Gut-
achten und seine Vorschläge zu einer neuen englischen An-
lage daselbst, welche unter der Oberleitung des Grafen von
Rumford ausgeführt werden sollte, abzugeben." Es wird
dann weiter auf die ungünstigen Verhältnisse infolge der
rauhen Lage Münchens hingewiesen und erzählt, dafs die
Auffindung eines schönblühenden Akazienbaumes in einem
Privatgärtchen Sckell bewogen habe, sein Gutachten zu
Gunsten der Gründung des „Englischen Gartens" abzu-
geben.

Es ist zweifellos, dafs man sieh nicht mit dem blofsen
Rat Sckells begnügte, sondern dafs sein Gutachten auch
den Gesamtentwurf der Neuanlagen mit umfafste. Auch
ohne den Hinweis in dem Lebensabrifs sagen uns dies die
gesamten Formen, die innere Durchbildung des Gartens.
Aufser Sckell war kein Gartenkünstler zu jener Zeit in
Süddeutschland vorhanden, der in solcher Gröfse hätte

•) Es wird diese Behauptung vielfachem Widerspruch
begegnen, denn Worte wie Werke bekunden, dafs viele Fach-
genossen diesem Grundsatze nicht huldigen. Auch hierfür
kann die Autorität Pucklers zur Bekräftigung angerufen werden.
 
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