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Die Gartenkunst — 4.1902

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Ferber, M. E.: Strassen- und Wegebau, [2]
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Altersschwäche oder Pilz?
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https://doi.org/10.11588/diglit.22266#0141

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IV, 7

ÜIE GARTENKUNST

185

dem Setzen nicht so viel Raum ein als der ursprünglich
gewachsene Boden. Die bleibende Differenz bezeichnet
man als Auflockerung, diese beträgt: bei Sand und Kies
1 °/0, bei sandigem Lehm 5 °/0, bei Lehm, Letten, Thon
7%, bei Gerolle 3 °/0, bei losem Felsen 10%, bei mittel-
festem Felsen 15 °/0, bei festem Felsen 20-25 °/0 der
gewachsenen Masse.

Bei Sand- und Kiesdämmen bis etwa 5 m Höhe sind
l'/2 mal. Böschungen anzulegen und diese mit Grasnarben
oder Humus zu bedecken, Lehm- und Thondämme er-
halten gleichfalls l1/2 mal., Steindamme l'/4 bis D/2 mal.
Böschungen. Niedrigere Böschungen können steiler ange-
legt werden, namentlich bei Deckung mit Flachrasen.

Um die Böschungen vor Niederschlagwasser, Frost
und Luft zu schützen oder doch die Einwirkungen zu mil-
dern, sind dieselben thunlichst bald nach ihrer Fertig-
stellung mit guter Erde mindestens 10 cm hoch zu
bedecken und anzusäen. Treppenförmige Einschnitte in
die Böschungen oder Reihen von festgenagelten Rasen-
streifen geben der aufzubringenden Erde Stützpunkte. Die
Bedeckung der Böschungen kann ferner durch Rasentafeln
geschehen. Diese Tafeln sind 25—30 cm lang und breit
und 10 cm dick zu stechen und an nassen Böschungen mit
25—30 cm langen Holz-Nägeln festzunageln. Die Tafeln
sind mit wechselnden Fugen zu verlegen. An Böschungen,
die zeitweise von Wasser bespült werden, legt man senk-
recht zur Böschungslinie die Rasentafeln flach über ein-
ander, so dafs die Böschung durch die Dicke der Tafeln
gebildet wird, sogenannter Kopfrasen. (Schlufs folgt.)

Pflanzenkrankheiten.

Altersschwäche oder Pilz?

Über die sogen. „Altersschwäche1' bei vegetativ ver-
mehrten Kulturpflanzen macht Dr. P. Vogler-Zürich in der
„Frankf. Ztg." sehr interessante Mitteilungen, indem er
schreibt:

InNord- und Mitteldeutschland scheinen die Pyramiden-
pappeln seit 1880 überall im Aussterben begriffen zu sein,
ohne dafs man eine deutliche Ursache erkennen konnte. Also
war man schnell mit einer Theorie zur Hand. Alle Pyramiden-
pappeln sind durch Stecklinge, also durch vegetative
Vermehrung von einem einmal aufgetretenen Exemplar suc-
cessive gewonnen worden. Da nur mannliche Bäume vor-
kommen, geschah auch späterhin die Vermehrung immer in
gleicher Weise. Man schlofs weiter: Die sämtlichen Pappeln
bifden afso nur ein einziges, vielverzweigtes Individuum; denn
es hat keine Verjüngung, sondern nur eine Zerteiiung
stattgefunden. Aber jedes Individuum geht einmal an Alters-
schwäche zu Grunde. Die sämtlichen Pappeln bilden ein
einziges Individuum. Also haben wir das plötzliche Kränkeln
aller Pyramidenpappeln auf diese Alterschwäche zurückzu-
führen. In der That, der Schlafe hatte etwas Bestechendes
für sich und vermochte, solange man nicht durch genaue Be-
obachtungen und Untersuchungen das Gegenteil nachgewiesen,
grofsen Einflul's zu gewinnen; denn die Theorie wurde sofort
auf alle Kulturpflanzen übertragen: Kartoffeln, Weinreben,
Obstsorten. Man sprach nur von Degeneration; verlangte
nach Verjüngung und neuen Sorten.

Dafs der Schlufs aber nicht berechtigt ist, fäfst sich
leicht nachweisen. Ich möchte hier zunächst erinnern an einen
Aufsatz von Möbius im Biologischen Centralblatt XI, 189]
p. 129 — 159: „Uber die folgen von beständiger geschlechts-
loser Vermehrung der Blütenpflanzen", dem ich ein paar Daten
entnehme. Was zunächst die Pappel anbetrifft, so müfste,
wenn das ganze, vielzerteilte „Individuum" wirklich aus Alters-
schwäche in Sterben begriffen ist, in ganz Europa ungefähr
zu gleicher Zeit das Absterben begonnen haben. Aber in
England gingen die Bäume 1820—40 zu Grunde, in Nord- und
Mitteldeutschland begann das Sterben 1880 und in Süddeutsch-
land und der Schweiz denken die Pappeln noch gar nicht
daran, einzugehen. Es ist wahrscheinlich, dals wir das Kränkeln
dieser Bäume in gewissen Gegenden auf einen plötzlich epide-
misch auftretenden Pilz zurückzuführen haben.

Ganz ähnlich verhält es sich mit vielen anderen Fällen
scheinbarer Altersschwäche. Bald sind es Epidemien, bald
aber auch veränderte Kulturbedingungen, auf die sich der
Rückgang zurückführen liefs. Nur ein einziges Beispiel
letzterer Art, das jungst in. einer Versammlung der hiesigen
Botanischen Gesellschaft mitgeteilt wurde. Ein Obst-
züchter, der, nebenbei bemerkt, vollständig auf dem Stand-
punkt der Degenerationstheorie steht, verlangte von uns Aus-
kunft, warum wohl von einer unserer beliebten Birnensorten
alle seine Bäume im Laufe der letzten Jahre zurückgegangen,
trotz bester Pflege und bester Düngung; nur ein Exemplar,
das sich an nicht gepflegter Stelle befinde, sei vollständig ge-
sund geblieben. Nach seiner Meinung war die Altersschwäche
die Ursache des Absterbens; da liefs sich natüriich die Aus-
nahme nicht erklären.

Noch eine andere Erscheinung wird sich wohl bald auf-
klären. Eine Reihe unserer beliebten ostschweizerischen Obst-
sorten verschwindet seit circa 10 Jahren immer mehr vom
Markte. Ursache: Degeneration der Sorte wegen beständiger
vegetativer Vermehrung. Man beachte aber einmal, dafs dieses
Verschwinden parallel geht mit dem Verschwinden der Ge-
treideäcker und der Ausdehung der Wiesen. Nicht Alters-
schwäche der Sorte, sondern der Ubergang von Ackerbau
zur Wiesenwirtschaft dürfte wohl die Ursache sein. Die
Anregung sollte noch weiter verfolgt werden und es wird sich
vielleicht noch das oder dieses aus Änderungen inder Wirtschafts-
weise erklären, was man jetzt mit einem Wort abzuthun sich
vermifst.

Dafs übrigens einzelne Pflanzen durch eine unbegrenzte
Zahl von Generationen geschlechtslos vermehrt werden können,
beweisen sowohl einige wildwachsende wie Kulturarten. So
eine ganze Reihe von Gräsern: Poa bulbosa, Poa alpina vivi-
para, Festuca ovina, die sich meist nur durch Brutknollen
vermehren. Von unserm Calmus (Acorus calamus) ebenso von
unserm SinngrUn (Vinca minor) und vom Scharbockskraut
(Ranunculus Ficaria) kennt man Früchte entweder gar nicht,
oder sie wurden nur äufserst selten beobachtet; und doch wird
diesen Pflanzen niemand die Lebenskraft absprechen. Seil
Hunderttausenden von Generationen vielleicht vermehren sie
sich rein vegetativ, und doch von Altersschwäche keine Spur.

Von Kulturpflanzen sei an die Banane (Musa sapientum)
erinnert, die seit undenklicher Zeit in menschlicher Kultur
sich befindet und nur vegetativ sich vermehrt. Aehnlich ver-
halten sich die Yamswurzel, der Fe i genbau m, die Batate
und andere. Nirgends eine Spur von Altersschwäche!

Resümieren wir kurz. Es giebt eine Anzahl Erscheinungen,
die, solange das Phänomen unvollständig beobachtet war, den
Schlufs auf Degeneration der Art zufolge fortgesetzter ge-
schlechtsloser Vermehrung oder Inzucht nahelegten. Doch
 
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