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Die Gartenkunst — 4.1902

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138

DIE GARTENKUNST

IV, 7

Hier am Grabe des Meisters kann die Trauer über den
Verlust nicht in unseren Herzen schweigen. Hier legen wir
die Kränze nieder, Erinnerungszeichen treuen und dankbaren
Gedenkens.

Meyers letzte Ruhestätte ist Potsdam geworden.

Potsdam hatte ihm auch die Gelegenheit geboten, seine
aul'serordentliche gärtnerische Begabung zu entwickeln, sein
Talent zur schönsten Blüte zu bringen. Mit dem Regierungs-
antritt König Friedrich Wilhelms IV., des Künstlers auf dem
Throne, begann eine neue Zeit der Verschönerung für die
königliche Residenzstadt Potsdam.

Genialität, Geschmack und Kunstsinn herrschten in den
neuen Architekturen, in den neuen Park- und Gartenanlagen,
die überall hier und dort aus der künstlerischen Initiative des
Königs entstanden.

Das ist die Zeit des Werdens für unsern Meister. Damals
entwickelte sich das ihm inne wohnende Talent zu der Gröfse,
welche ihn befähigte, an seinem gröfseren Wirkungskreise im
Dienste eines städtischen Gemeinwesens Grol'ses zu leisten.

Was Meyer bis zur Erlangung dieser Selbständigkeit hier
leistete und wirkte, ist in der Tageslitteratur der letzten Zeit
mit vieler Liebe eingehend beschrieben worden. Ich habe
nicht nötig, darüber noch einmal hier zu sprechen, aber eines
glücklichen, erfreuenden Umstandes will ich gedenken, dem
es zu verdanken ist, dafs Meyers letzte Arbeiten bei Potsdam
geschehen durften im Dienste der königlichen Witwe seines
verewigten Herren.

Ich denke dabei an die ehemals reizende Alpenpartie im
Marly, die künstlerisch und wissenschaftlich überaus interessant,
Pflanzen aus den Alpen der bayerischen Heimat der Königin
barg und ein gern und oft besuchter Platz für die hohe Frau
wurde.

Ich denke ferner dabei an die ungemein ansprechende
Gartenidylle, welche zwischen Wald, Acker und Wiese das
kleine Schlofs Lindstedt umgiebt. Prunklos mit den denkbar
geringsten Mitteln für die Königin-Witwe Elisabeth hergestellt,
ist dieser Garten von wundervoller Würde und Einfachheit,
eine Lieblingsarbeit des Meisters, von der er gern sprach.

Es ist ein lieber Gedanke, sich zu vergegenwärtigen, dafs
der Meister mit Arbeiten sinniger Dankbarkeit aus seinem
hiesigen Wirkungskreise geschieden ist: und dankbar wollen
wir auch ihm bleiben für alles, was er uns hinterlassen hat,
ihm, dem grofsen Meister, der auch das Kleinste im Gartenbau
für nicht zu gering seiner Beachtung wähnte und dem wissen-
schaftliche Arbeiten von eminenter Bedeutung eine Erholung
waren nach anstrengender und erfolgreiche!' Thätigkeit im
Gelände, am Zeichentisch, in den Treib- und PfJanzhäusern
und auf dem Lehrstuhle.

Wir gedenken deiner in Dankbarkeit, jetzt und
immerdar, teurer Meister!"

In hingebender Andacht war die Versammlung den von
tiefer Verehrung für den grofsen Meister durchdrungenen
Worten gefolgt, um nunmehr den die irdische Hülle des
gröfsten Gartenkünstlers bergenden Grabhügel mit den seitens
der kgl. Hofgartendirektion, des Vereins Potsdamer Gärtner
und unseres Vereins „dem unvergefslichen Meister deutscher
Gartenkunst" gewidmeten Kränze und Lorbeergewinden zu
schmücken.

Nachdem hiermit die ebenso schlichte wie windige Ge-
dächtnisfeier beendigt war, folgten die Teilnehmer der liebens-
würdigen Einladung des Herrn Friedhofinspektors Kierski zu
einem Imbil's in dessen mit der Büste Meyers geschmückten
Garten. Mit dem herzlichsten Dank für die gastliche Auf-
nahme schied die Gesellschaft von der freundlichen Stätte, um

nach flüchtiger Besichtigung der das leidige Submissionswesen
nur zu offenkundig verratenden Neuanlage des Kriegsschul-
baues die Fahrt nach Berlin anzutreten, wo im Leipziger Hof
das gemeinschaftliche Mittagsmahl eingenommen wurde.

Weifs.

Nachdem am Vormittag die Feier an der Stätte, die die
sterbliche Hülle unseres grofsen Bahnbrechers in der deutschen
Gartenkunst birgt, beendet war, versammelten sich die Mit-
glieder des Vereins deutscher Gartenkünstler gemeinsam mit
einigen Vertretern des Vereins zur Beförderung des Garten-
baues in Preulsen am Denkmal im Treptower Park, jener
letzten grofsartigen Schöpfung, die der weitausschauende Geist
Meyers ersonnen und deren Vollendung gleichsam als heiliges
Vermächtnis seinen Schülern und Nachfolgern überlassen blieb.
Es soll hier nicht weiter erörtert werden, mit welcher Liebe
und Pietät gerade die besten Kräfte, die aus der Meyerschen
Sehlde zur Vollendung seiner letzten genialen Ideen berufen
w aren, gearbeitet haben, um sich ihres grofsen Meisters würdig
zu erweisen. Ist es uns doch noch allen frisch im Gedächtnis,
welch ein Siegesfest der Park und damit der Geist Meyers
gelegentlich der grofsen Berliner Gewerbe-Ausstellung im
Jahre 1896 feiern durften. So Grol'ses und Schönes auch da-
mals die Berliner Architekten geschaffen haben, es gab in
Berlin doch keine zweite Stätte, die in so vornehmen grandiosen
Dimensionen, mit so entzückend malerischen Landschaftsbildern,
mit so üppig schwellenden Laubkronen auch nur annähernd so
würdig zur Aufnahme der Werke des modernen Geistes hätte
befunden werden können.

Das laute Treiben aus diesen Tagen war längst verklungen.
Wo damals die gleifsenden Silberkuppeln im Sonnenglanz
schimmerten, wo die Musik ihre lockenden Weisen in die
fröhlich-bunten Menschenmassen rief und die kecken Venetianer
ihre schlanken Condein über die blauen Wasserwellen lenkten,
da breiten sich langgezogene weite Rasenmatten aus, über
denen heute feierlich ein fast melancholischer Ernst lag, die
beste Stimmungslandschaft, in der man des grofsen Toten
gedenken sollte. Ein Lorbeerkranz wurde auf die roten Stufen
des Denkmals gelegt, und mit liebevollen Worten gedachte
unser Vorsitzender, Herr Stadtgarteninspektor A. Fintelmann-
Berlin, seines grofsen Meisters in folgender Ansprache:

„Meine Herren. Wir kommen von dem Grabe unseres un-
vergefslichen Meisters, woselbst Herr Hofgarten - Direktor
Fintelmann bereits die Verdienste des Verewigten, dessen
Denkmal wir hier vor uns sehen, um die Verschönerung Pots-
dams und seiner Umgebung in zu Herzen gehenden Worten
gedacht. Mir sei es gestattet, an dieser Stelle auf die Be-
ziehungen unseres Meisters zu der Stadt Berlin nur mit wenigen
Worten Bezug zu nehmen.

Im Jahre 186!) wurde Meyer an die Spitze der Parkver-
waltung hiesiger Haupt- und Residenzstadt berufen. Der rechte
Mann an richtiger Stelle fand er ein Feld lohnender und er-
folgreicher Thätigkeit vor. Wir wissen, mit welcher Arbeits-
freudigkeit er unter Hintansetzung seiner persönlichen Inter-
essen an die Lösung der ihm hier nach der Neubegründung
des deutschen Reiches zufallenden Aufgaben herantrat, w ie er
der Befriedigung der Bedürfnisse der zukünftigen Millionen-
Stadt in gartenkünstlerischer Beziehung Rechnung trug.

Die Umgestaltung aller alten öffentlichen bisher nur
primitiv unterhaltenen Gartonanlagen, die Schöpfung des einzig
dastehenden, dem Andenken Alexander von Humboldts
gewidmeten Humboldthains, des Kleinen Tiergartens, die Ein-
richtung zahlreicher neuer Schmuckplätze und Promenaden
sprechen eine beredtere Sprache für seine leider nur sieben
Jahre währende erfolgreiche Thätigkeit, als Worte es zu
 
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