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Die Gartenkunst — 4.1902

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Kleine Mitteilungen
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DIE GARTENKUNST

IV, 10

und 1875 und dann erst wieder bei denjenigen von 1895 und
1900 stattgefunden. Von 1895 zu ISOO ist sogar noch eine
Vermehrung der Grandstücke mit zugehörigem Garten einge-
treten, von 6883 auf 7509 oder im Verhältnis zur Gesamtzahl
der Grundstücke von 28,7 °/0 auf 29,5 °/0, wobei allerdings auch
die neuangelegten Vorgärten mitgerechnet sind. Zugenommen
hat denn auch nur die Zahl der kleinen Gärten (abgesehen
von den allerwinzigsten, nur bis zehn Quadratmeter grofsen
„Gärten", deren Zahl von 371 auf 321 zurückging) Die Gärten
von mehr als 200 qm Gröfse haben sich beträchtlich ver-
mindert, von 1958 auf 1730. Besonders die gröfsten Gärten
sind verhältnismälsig sehr viel seltener geworden So ver-
minderten sich die über 500 qm grofsen Gärten von 971 auf
817, von diesen die über 1000 qm grofsen von 519 auf 419,
von diesen wieder die über 2500 qm grofsen von 256 auf 182.
Am spärlichsten sind die Gärten natürlich in den inneren
.Stadtteilen zu finden, am zahlreichsten in der Tiergarten-
Vorstadt, wo 1900 volle drei Viertel aller Grundstücke ihren
Garten hatten.

Erwähnt sei bei dieser Gelegenheit noch, dafs es in Berlin
auch eine ganze Anzahl wilder Gärten giebt. Sie haben
sich auf Grundstücken gebildet, die früher mit Häusern be-
standen waren und nun schon seit Jahren freiliegen. Es ist
dies merkwürdigerweise gerade in der besten Gegend der
Fall, denn derartige wilde Gärten sind z. B. auf den Grund-
stücken Bellevuestrafse 19 a, Viktoriastrafse 7 und Potsdamer-
strafse 72 entstanden. In den Gärten wachsen alle möglichen
Blumen und Gräser, die man sonst nur auf Wiesen und Feldern
und im Walde anzutreffen pflegt. Niemand hat sie gepflanzt,
und doch sind sie in einer Menge und in einer Mannigfaltig-
keit zu finden, die in Erstaunen setzt. Namentlich zur Zeit
steht die Vegetation in den wilden Gärten infolge der an-
haltend regnerischen Witterung auf der Höhe. Rote, blaue
und gelbe, zum Teil hoch aufgeschossene Blumen leuchten
zwischen den üppig entwickelten Gräsern hindurch und ge-
währen einen überaus freundlichen Anblick. Besonders ist
dies in der Bellevuestrafse der Fall, wo der bunte Teppich sich
zum gröfsten Teil auf den noch nicht beseitigten Grundmauern
des Hauses gebildet hat, das sich früher hier erhob und vor
vier Jahren abgebrochen worden ist.

In der letzten Sitzung der städtischen Park-Deputation
zu Berlin wurde beschlossen, den Arkona-Platz mit gärtnerischen
Anlagen auszustatten und den Magistrat um die Bewilligung
der erforderlichen Summe für den nächsten Etat zu ersuchen.
Dann beschäftigte die Umgestaltung des Leipziger Platzes
nochmals die Deputation. Die Beschlüsse wurden aufrecht
erhalten. Sie gipfeln im wesentlichen darin, dafs das alte
häfsliche Gitter durch ein niedriges Tiergarten-Gitter ersetzt
wird, dafs der jetzige Weg am Gitter kassiert wird und neue
Wege unter Schonung des jetzigen Baumbestandes und der
Fliederbüsche angelegt werden, die dem Publikum zur Er-
holung eröffnet werden sollen. Die erst kürzlich wieder er-
neuerten steinernen Statuen sollen wenn möglich zu Licht
spendenden Kandelabern ausgestaltet werden, ferner wurde
beschlossen, die Rasenstreifen in der Strafse Unter den Linden
mit Blumen und. Pflanzen an geeigneten Stellen in ähnlicher
Weise, wie es bei dem Empfang des Königs von Italien schon
geschehen ist, dauernd zu schmücken.

Die Stadtverordneten-Versam ml ung in Köln ge-
nehmigte für Herstellung einer Sehmuckanlage an der nörd-
lichen Einfahrt zum Stadtwalde 1350 Mk.

Neue Gartenpläne in Breslau. Da bisher jeder Teil der
Stadl mit Ausnahme des Nordens eine schöne und sehenswerte
Erholungsstätte besitzt, so hat man, als die Bebauung des

Nordostens stetig fortschritt, den Plan eines Nord park es ins
Auge gefafst. Als Haupt- und Kernpunkte dieser Neuschöpfung
sollen der Schles. Volksztg. zufolge die herrliche Michaelis-
kirche und der Waschteich dienen. Schon jetzt hat die
ehemals so öde und verrufene Gegend östlich von der Michaelis-
kirche nach den Waschteichen zu — es bestanden derselben, wie
viele sich noch erinnern werden, drei — durch Anlage neuer
Strafsenzüge und den Kau der Pestalozzi- und Maschinenbau-
schule ein ganz anderes Gesicht erhalten, als in früheren Zeiten.

Gerado im vorigen Jahrhundert war dieser Stadtteil in
trauriger Weise verödet. Im 18. Jahrhundert bis an das Ende
desselben lag nahe der alten Michaeliskirche das dem Dom-
stift gehörige Dörfchen Polnisch-Neudorf, umgehen von einem
Wäldchen, das von den Breslauern gern aufgesucht und im
Andenken an den Dichter Garve, der dort gern mit seiner
Muse Zwiesprache hielt, das Poeten- oder Philosophenwäldchen
genannt wurde. Im Anfang des 19. Jahrhunderts wurde auf
dieser Stelle der sogenannte Viertürmegarten angelegt, der
eine ähnliche Beliebtheit genofs wie jetzt der Volksgarten,
durch eine Feuersbrunst aber zerstört wurde. Dann verödete
die Gegend allmählich, bis die Erbauung der schönen Michaelis-
kirche, des Hedwigstifts und diverser gröfserer Etablissements
der stetig wachsenden Stadt Veranlassung gaben, ihr6 Riesen-
arme auch in diesen Distrikt zu erstrecken.

Die Waschteiche, die durch viele Selbstmorde und einen
neuzeitlichen Sagenkreis zu einem gemiedenen Platze geworden
waren, wurden genau untersucht und dabei festgestellt, dafs
sie durchaus nicht grundlos seien. Die zwei kleineren Teiche
wurden zugeschüttet, der gröfsere westliche erhalten. Es hatte
sich herausgestellt, dafs derselbe in seinem Wasserspiegel
ziemlich unveränderlich sei, und dafs sein Wasser durch das
Grundwasser mit dem der Oder in Verbindung stehe. Der
Teich zerfällt in zwei Hälften, denn seine tiefsten Stellen be-
finden sich an den Seiten, und wird von einer Bodenerhebung
durchschnitten.

An ihn soll sich der neue Nord-oder Waschteichpark
anschliefsen, zu dem vorläufig schon durch Erdmassen von den
umliegenden Bauten das Terrain planiert wird. .Man denkt
sich die Ausführung folgendermaßen : Nach der Michaeliskirche
zu soll ein schroff abfallendes Ufer hergerichtet werden, wo-
durch in dem mehrmals zu klärenden Waschteich eine prächtige
Wasserspiegelung der Michaeliskirche erzielt werden würde.
In dem Winkel, den der Kirchplatz und die Strafse bilden, soll
eine Anhöhe errichtet werden, von der aus man einen schönen
Rundblick auf die Anlagen, die Kirche und die umliegenden
Strafsen erhalten würde. Von hier aus soll sich rings um den
Waschteich die Parkanlage anschliefsen, in der durch schnell-
wüchsige Baum- und Gehölzarten, durch breite Wege und
Kinderspielplätze für eine rasche Entwickelung Sorge getragen
würde. Das ganze Stadtviertel, die neuern und ältern Bauten
in demselben, nicht zuletzt die Bevölkerung würden durch die
Ausführung dieser reizvollen Pläne moderner Gartenkunst in
der Grofsstadt aufserordentlich gewinnen.

Für die grofse Seelenzahl der Breslauer Gemeinden, welche
ihre Verstorbenen auf dem Kommunalkirchhofe in G räbschen
beerdigen, ist dieser Friedhof, obwohl er erst in den achtziger
Jahren angelegt worden ist, bereits räumlich unzureichend
geworden. Die Stadtgemeinde hat daher eine Erweiterung
des Friedhofs-Terrains und zwar nach der westlichen Seite
hin in Angriff genommen. Nach dem Muster der grofsen
Kommunalfriedhöfe in Hannover, Berlin und anderen Grol's-
städten soll dieser Teil landschaftlich gestaltet werden. Be-
kanntlich sind auch die neuen Eriedhofsanlagen in Oswitz und
Kosel nach landwirtschaftlichem Stil angelegt. An der süd-
 
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