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Die Gartenkunst — 4.1902

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Zimmermann, Wilhelm: Die königlichen Gärten Oberbayerns in kunstgeschichtlicher und kritischer Beleuchtung, [11]
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https://doi.org/10.11588/diglit.22266#0215

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210

DIE GARTENKUNST

IV, 12

selbst während der Blütezeit, die wir auf „Beeten" ver-
langen. Als kleiner Blütenstrauch behandelt, wird die Rose
nie diese Mängel, um so mehr aber ihre unübertroffenen
Vorzüge, ihre herrliche Schönheit zeigen.

Den Rosen aller Arten sollte man doch häufiger den
Vorzug vor so manchen kleinen Blütensträuchern geben,
die in besenartig festem Gestrüpp die Gruppen „einfassen".

Erwähnt mag noch werden, dafs sowohl die alten
Linden des Gartens, als auch der stattlichen vierreihigen
Allee gegen die Stadt vor dem nahen Untergange zu retten
waren. Bffner wendete im Gegensatze zu der meist an-
gewendeten Methode eines barbarischen, den Baum für
alle Zukunft verkrüppelnden Köpfens ein bis ins Detail
durchgeführtes Auslichten der Kronen ohne Verletzen der
reichgegliederten Silhouetten, welche kleinblätterige Linden
stets besonders schmücken, an. und erreichte durch starke,
flüssige Nahrungszufuhr die lebhafteste Verjüngung, ohne
die so vielfach anzutreffende besenartige Astbildung nach
dem Schnitte herbeizuführen.

Effners unbeugsame Beharrlichkeit im Verfechten seiner
Ansichten hat hier bei der schier übertrieben erscheinenden
Forderung von l'/2—2 m Bodentief'e zum guten Ende ge-
führt. Nicht nur das Wachstum der Gehölze ist überaus
freudig und üppig und sicherlich von grofser Dauer, son-
dern es zeigen sich auch Baumarten (Coniferen) wider-
standsfähig gegen Kälte, wie dies im Münchener Klima
nicht zu erwarten war. Der gut ernährte Baum ist eben
gegen Unbill aller Art gefestigter als der hungernde.*)

Schleifsheim. (Abbild. S. 213.)

Bei Besprechung Schleifsheims ist bereits erwähnt,
dafs in König Ludwig I. auch diesem Garten ein Retter
aus völlig schmucklosem, vernachlässigtemZustandeerwuchs.

Effner legte schon 1859 einen Plan mit wesentlich
modifizierten, einfacheren Parterreformen vor, doch entschied
sich drei Jahre später der .König für die Rekonstruierung
der alten ursprünglichen Blumenfiguren sowohl im Haupt-
parterre als in den beiden seitlichen sogenannten Hoch-
parterres. Dafs die Marmorkaskade und die vier Haupt-
fontänen ebenfalls ihre Fertigstellung resp. neue Inbetrieb-
setzung dem Könige Ludwig verdanken, ist bereits gesagt.
Zu Effners letzten Arbeiten gehörte ferner, Anfang der
achtziger Jahre, die Wiederherstellung des Vorgartens
zwischen dem alten und neuen Schlosse. Die Mitte des-
selben, von den einstmals bereits vorhanden gewesenen
kleinen regelmäfsigen Anlagen eingenommen, wurde du ich
frei verteilte blühende Strauchmassen flankiert.**)

*) Diese von Effner gewünschte Bodentiefe von D/a bis
2 m macht sich auch in hervorragender Weise auf dem Maxi-
miliansplatze in München geltend. Wenn man bedenkt, dafs
hier 8- 10 m hohe, prachtvolle Eichen, Platanen, Sophoren etc.
mitten in der Stadt gedeihen, ohne das geringste krankhafte
Aussehen zu haben, so liegt dies einzig und allein an den
äufserst günstigen Bodenverhältnissen Die Herausgeber.

**) Bezüglich Schleifsheims wird vom Unterzeichneten im
Laufe der Zeit noch eine eingehendere Schilderung folgen, eben-
so von anderen Hofgärten. Es sei jedoch hier erwähnt, dafs
Schleifsheim sich in den letzten Jahren besonders grofsartig
entwickelt hat. Das Parterre, zur Zeit der Blüte, gehört wohl

Nymphenburg.
Im Parterre zu Nymphenburg gelang es Effner. den
einfachen Ansprüchen der Zeit folgend, die bescheidener
auftretenden Blumenrabatten in entsprechender Form zu
arrangieren, d. h. in Linien, die zur Haupteinteilung der
Flächen in erforderlicher Beziehung stehen — in erfreu-
lichem Gegensatz zu den kläglichen, runden Zuckerplätzchen,
welche noch heute das Parterre eines berühmten Gartens
in Österreich trotz der splendiden Bepflanzung und Pflege
verunzieren. (Schönbrunn.)

Herreninsel. (Abbild. S. 215.)

Die geplante Anlage des Gartens auf der Herreninsel
des Chiemsees ist im gleichen Mafse wie die des Schlosses
im grofsen Ganzen Kopie von Versailles. Man hatte zwar
von vornherein entfernte Teile jenes Gartens fortlassen
wollen, hatte jedoch streng den Gesamteindruck des Ori-
ginals wiederzugeben angestrebt. Den Garten zu beschreiben
wird deshalb umgangen werden können und sei nur eine
Aufzählung der fertig gewordenen Teile gegeben: Das
Wasserparterre vor der Hauptterrasse des Schlosses, so-
dann zwischen den seitlich gelegenen kleinen Bassins der
Diana- und Aurorafontäne mit vergoldeteten Tierfiguren,
die riesige Freitreppe. Ferner die sich hier anschliefsende
Latona-Fontäne mit dem vollen Figurenschmuck und mit
ihr auf gleichem Plane die beiden grofsen Blumenparterres.*)
Von hier zieht sich die Rasenbahn, „der grüne Teppich",
zwischen den enger zusammenrückenden, schon von vorn-
herein 10 m hoch angelegten Heckenspalieren zu dem
unfertig gebliebenen Apollo-Bassin. Hier beginnt, der Haupt-
achse folgend, der grofse Kanal. Da jedoch dieser nach
wenigen hundert Metern (etwa 1 km vom Schlosse) das
Ufer erreicht, bildeten weit in den See hinausgeschobene
Dämme, welche die beiderseitigen Hecken trugen, aus dem
Wasserspiegel des Sees selbst die Fortsetzung des Kanals.

Der Wellengang des Sees hat dieser Anlage jedoch
ein frühes Ende bereitet. Leider sind auch die kostbaren
Wasserwerke nicht mehr in Betrieb zu setzen.

Die grofse Perspektive hinter dem Schlosse ist durch
eine stattliche, sechsreihige Lindenallee gebildet, welche,
nachdem der völlige Ausbau des Schlosses aufgegeben,
bis nahe an die Seitenflügel verlängert wurde. Auch seit-
lich vom Schlosse war man später bemüht, durch Aufstel-
lung von Alleen und Hecken den unfertigen Zustand der
Anlage durch einen angemessenen Rahmen zu verdecken,
was um so nötiger war, als die Umgebung durch die Bau-
arbeiten des Riesenschlosses ein sehr unwirtliches Ansehen

zu den prachtvollsten in ganz Deutschland; auch die Hecken
sind vollständig in Schnitt gehalten und zeigen die Formen
der alten ehemaligen Anlagen in ihrer ganzen Vollständigkeit.

Schall.

*) Auf Anregung der Verwaltung dieses Gartens wurden
im letzten Jahre die Blumenparterres nach den Angaben des
k. Hofgärtenoberinspektors Kaiser wieder hergestellt, so dafs
der Garten jetzt wieder einen sehr schönen und dem früheren
Zustande entsprechenden Anblick gewährt; denn vorher war
die Form derselben durch Graswuchs verdeckt, was einen sehr
öden Eindruck machte. Chiemsee wirkt auch hauptsächlich
durch seine prächtig unterhaltenen Hecken. Schall.
 
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