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Die Gartenkunst — 4.1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.22266#0229

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224

IV, 12

Vielseitigkeit in künstlerischer wie in technischer Hinsicht als
das Hauptziel der Ausbildung eines strebsamen Gartenkünstlers.

Gehen wir nun auf den Inhalt des behandelten Stoffes
näher ein, so ist voraus zu bemerken, dafs die gartentechnischen
Disziplinen zumeist an solchen in der Praxis vom Verfasset
ausgeführten Anlagen gelehrt und durch eine grofse Anzahl
vorzüglich hergestellter Zeichnungen und Pläne veranschau-
licht werden. Dies erhöht den Wert des Werkes ungemein
und vermittelt dem angehenden Gartenkünstler das richtige
Verständnis. Es wird darin, immer in Ergänzung zu dem
Meyerschen Lehrbuche, nichts Überflüssiges vorgetragen,
sondern was dort nur flüchtig angedeutet oder als bekannt
vorausgesetzt ist, wird hier ausführlich klargelegt und durch
die Fortschritte der Neuzeit bereichert Von den behandelten
Gegenständen sind besonders folgende hervorzuheben: Aus-
arbeitung des Entwurfes und sämtlicher Sonderzeichnungen;
die bei Bodenbewegungen uud Erdtransporten gebräuchlichen
Hilfsmittel und Werkzeuge; Entleerungsanlagen von Teichen;
Befestigung der Teichsohle und Ufer; Wassergewinnung und
Wasserversorgung; Ausführung der Wassergewinnungsanlagen ;
Anlage der eigentlichen Wasserleitung: Entwässerungsanlagen;
Baumbewässerung. Im Anschlufs an diese Ausführungen macht
der Verfasser noch sehr schätzenswerte, aus seiner l'raxis ge-
schöpfte Mitteilungen zu dem Kapitel „Gehölzpflanzungen"
und ventiliert darin die auch im Verein deutscher Garten-
künstler viel umstrittene Frage: „Kann der Landschaftsgärtner
für das Wachstum seiner Pflanzungen garantieren'1' Diese
Frage beantwortet er mit einem entschiedenen „Nein", die
Garantieforderungen als eine Unsitte geifselnd, die meistens
aus Gewohnheit, wie bei Vergebung von Bauausführungen,
aber in vollkommener Unkenntnis der Sache selbst sich ein-
gebürgert habe; er entwickelt seine Ansichten hierüber und
führt sehr triftige Gründe dafür ins Feld. Zum Schlufs giebt
der Verfasser die sehr lehrreiche Beschreibung eines von ihm
bearbeiteten Projektes zur Umwandlung des Marienthaies bei
Eisenach in eine öffentliche Promenade mit 2 Plänen, auf
denen der alte und neue Zustand des Terrains und der
Pflanzungen treffend dargestellt ist.

So verdient das Werk, als eine vorzügliche Leistung auf
dem behandelten Gebiete einzig in seiner Art dastehend, durch
die klare und leicht fassliche Ausdrucksweise, durch die vor-
trefflichen Abbildungen und die vornehme und gediegene
Ausstattung die weiteste Verbreitung und Empfehlung.

E. C.

Herausgegeben vom Kunstwart erschien vor kurzem von
dem bekannten Künstler Paul Schnitze-Naumburg der
2. Band seiner Kulturarbeiten: Gärten.*) Es lohnt sich eine
kurze kritische Betrachtung dieses verdienstlichen Werkes zu
versuchen.

Vor allem bietet der Verfasser ein durchaus modernes Werk,
modern im allerbesten Sinne des Wortes, modern durch seine
Betonung der Gefühlswerte, die uns jedes Kunstwerk, ja jedes
praktische Ding vermitteln und in uns auslösen soll, wenn
anders es uns nicht als hohl, innerlich unwahr, unbefriedigend
und unzweckmäfsig erscheinen soll. So tritt er heran an die
Prüfung dessen, was die heutige Gartenkunst bietet, und das
Resultat ist, mit Recht, kläglich.**) Denn es kommt ja gar
nicht darauf an, ob hier oder da von einem wahrhaften Künstler

*) Paul Schultz e-Naumburg, Kulturarbeiten Band 2
(iarten. Verlag von Georg D. W. Call wey, München. Preis:
4 Mark.

**) Man kann doch wohl nicht von der heutigen Garten-
kunst im allgemeinen so absprechend urteilen. D. Red.

wirklich Gutes geschaffen wird, zumeist entzieht sich das der
breiten Öffentlichkeit, was aber im grofsen und ganzen ge-
leistet wird, besonders habe ich dabei unsere Grolsstädte mir
ihrem l'fuschertum, aber auch mit ihrer scharfen Konkurrenz
im Auge, ist recht schlecht.

Zunächst mufs man dem Verfasser beipflichten, wenn er
die Gestaltung des Gartens am Haus als eine in gewissem
Sinne architektonische Aufgabe bezeichnet. Es handelt sich
hier um die erweiterte Wohnung, um die Schaffung von ganz
bestimmten Zwecken dienenden Gartenräumen, von unter-
einander getrennten Aufenthaltsorten und um deren Verbin-
dung miteinander. Dies alles geschieht ebenso naturgemäfs
wie zweckentsprechend mit den einfachsten Mitteln. Also
vorwiegend unter Zuhilfenahme der geraden Linie. Wenn man
einmal verfolgt hat, wie reizvoll und traulich, ja schön eine
solche anspruchslose Schöpfung sein kann und wie sie dadurch,
dafs sie wirklich praktischen Bedürfnissen in der einfachsten,
überzeugendsten Weise gerecht wird, bei jedermann Anklang
und Gefallen findet, so fragt man sich erstaunt, warum man
so wenig, wenn ich den Ausdruck gebrauchen darf, „archi-
tektonische" Lösungen findet. Gelegenheit bietet sich trotz
unseres Vorgartenschemas, trotz unserer unglücklichen Bau-
weise oft genug.

Die Antwort glaube ich darin zu finden, dafs zunächst
eine derartige Lösung weit mehr Geistesarbeit und Sichver-
senken in die Aufgabe, mehr Geschmack erfordert, als einige
krummlinige Wege, unmotiviert und mit den üblichen Zuthaten.
Also dem l'fuschertum liegt solche Arbeit nicht. Und unsere
Lehranstalten legen gleichfalls keinen oder wenig Wert darauf,
wenn ich nicht hier unsere Potsdamer Anstalt, die ja ihre Be-
deutung angeblich dem Umstände verdankt, dafs sie nach dem
Muster eines pomologischen Instituts reorganisiert wurde, aus-
drücklich ausnehmen will.

Schultze-Naumburg gliedert seinen Stoff in sehr zweck-
entsprechender Weise dadurch, dal's er vom Hause ausgehend
erst Gartenhäuser, Lauben, dann Thore, Terrassen, Treppen
u. s. f. schildert, in geistreich gewählten, überaus drastischen
Beispielen und Gegenbeispielen seine Behauptungen ,erhärtet
und sodann auf den eigentlichen Garten, Terrainge.j>taltung.
Wege 'etc. eingeht (beiläufig 170 Abbildungen).

Was er nun über Gartenhäuser, Lauben, Terrassen sagt,
darf man Wort für Wort unterschreiben. Es herrsenen heute
in dieser Beziehung geradezu greuliche Zustände, und Abbil-
dungen wie 3, 5, 7, 9, 11. 13, 16, 35, 37, 38, 4^, 60 liefsen
sich ins Ungemessene vermehren. Nicht minder gerechtfertigt
sind die Äufserungen über Mauern, Felsenbauten etc. (Abb. 67
halte ich übrigens, soweit man das nach dem Bilde beurteilen
kann, für eine künstliche Felsschichtung, die natürliches Vor-
kommen und Anstehen des Gesteins vortäuschen soll, wie
Abb. 64 wohl auch, weniger für eine künstliche Ruine). Sehr
charakteristisch ist auch Abbildung 61/62. Die Bemerkungen
über Städtebau sind gleichfalls sehr zutreffend und man darf
wohl der speziellen Abhandlung über dieses Thema mit Span-
nung entgegensehen. Die Definition der Wege, ihres Zweckes,
ihre Bewertung ist so geistreich, dafs ich sie ungern dem
Zusammenhang entreifsen möchte. Zwei Prinzipien stehen
sich hier gegenüber. Schultze-Naumburg betrachtet den Garten
als Menschenwerk, in dem der Mensch seine Herrschaft über
das Material, Wege. Wasser, Terrain und Pflanzung bekundet.
Dem gegenüber steht eine andere Theorie, deren Quintessenz
in dem möglichsten Nachahmen natürlichen Waltens liegt:
alles soll naturwahr sein und darum 1 äIst man auch wohl
einen Weg einer Gehölzgruppe ausweichen, motiviert Kurven
und starke Biegungen durch dichte Pflanzung u. s. w. Man
 
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