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Gell, William
Probestücke von Städtemauern des alten Griechenlands: aus dem Engl. übersetzt — München, Stuttgart, Tübingen, 1831

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https://doi.org/10.11588/diglit.5032#0091

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Mauern von Pästum, obgleich nach dem Falle von Sybaris und folglich
kaum 500 Jahre vor Christus aufgeführt, bestehen aus schönen recht-
winklichen Steinen; allein sie sind auf so acht cyklopische Weise zu-
sammengerückt, dafs an einer Stelle drei oder vier von ihnen wirklich
ausgefallen sind, und den Anschein einer engen und hohen Thüre ge-
ben. Sie sind aus Steinen erbaut, dafs sie aus der Vertiefung selbst,
die den Graben der Stadt bildet, gehauen zu seyn scheinen. Es wäre
interessant, wenn sich fände, dafs dasselbe System auf den Inseln des
chinesischen Meeres befolgt wurde , wenn der Boden statt vulcanischer
Steine Kalksteine enthält. Polygone scheinen demnach von Nationen
auf den entgegengesetztesten Enden der Erde, zwischen denen die Ge-
schichte eine Verbindung auch nicht einmal gemuthmafst hat, gebraucht
worden zu seyn. Zugleich mufs man gestehen, dafs die Behauptung einer
Verbindung Italiens mit Griechenland durch die pelasgischen und an-
dere Colonien ihren Hauptbeleg aus der Aehnlichkeit der Bauarten bei-
der Länder entnimmt. Um die noch vorhandenen Monumente mit Nutzen
zum Dienste der Geschichte zu verwenden, bedarf es einer grofsen
Anzahl von Documenten, nebst einer Kenntnifs der Umstände oder Oert-
lichkeiten, der Schichten und Substanz der Gebirge, welche das Vorzie-
hen des einen Styls in der einen Lage, so wie des Nationalgebrauchs,
der eine verschiedene Bauart in andern Lagen vorgeschrieben haben
mag. Die Brücke von Napakiang ist ein voller Beweis, dafs ein ähn-
licher Styl bei zweien nicht mit einander in Berührung stehenden Na-
tionen statt finden kann. Aus diesem Versuche ersieht man, dafs, so
wahr auch die Geschichte der von den Abkömmlingen des Lykaon ge-
gründeten Städte seyn mag, die Kalklager der verschiedenen Orte mehr
zu der allgemeinen Gleichartigkeit zwischen den Colonien selbst, als
ihre gemeinschaftliche Abkunft von dem Gründer von Lykosura beige-
tragen haben mag. In allen ist ein gewisser Grad von Aehnlichkeit und
Neigung zum Horizontalen. Wenn dieses charakteristische Merkmal in
den polygonalen Mauern italienischer Städte gesucht wird, so findet sich's
nicht überall; im Gegentheil verrathen sie die nächste Verwandtschaft
mit den Mauern von Gyphto Castro oder von Oenoe in Attika oder dem
Cythäron, mit denen ihr Zusammenhang noch nachzuweisen wäre. Die
ältesten Mauern von Platäa Waren wahrscheinlich von derselben Bauart,

wie
 
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