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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 19.1908

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Wetzel, Ines: Über den Blumenschmuck der Vierzimmer-Wohnung
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https://doi.org/10.11588/diglit.7478#0058

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INN EN-DEKORATION

HOTEL ADLON—BERLIN.

Damen-Frisier-Salon. Entwurf und Ausführung
von Gebrüder Bauer—Berlin. Möbel Atlasholz ;
Spiegel und Beleuchtungs - Körper Alt- Silber.

für ihre Räume, in der einfachen Wohnung war die
Blume nur selten zu Gast, abgesehen vielleicht von einem
Blumentisch mit Palme und Gummibaum.

Gottlob beginnt es auch da zu tagen. Die Ver-
suche mehren sich, bei bescheidenen Mitteln Komfort
und künstlerische Kultur in die einfache Mietswohnung
zu tragen. Soll aber diese schwere Aufgabe, die ein-
sichtsvolle Könner sich gestellt, wirklich gelöst werden,
soll es gelingen, die Industrie künstlerisch zu befruchten,
trotz des energischen Widerstandes der Fabrikanten, so
ist vor allem ein Faktor zu berücksichtigen, der viel
zu wenig noch bisher in Betracht gezogen wurde und
den ich deshalb ausdrücklich hier erwähnen möchte.
Ich meine die ästhetische Erziehung unserer Frauen.
Die Frau ist hier der Konsument in der Regel; ihr
Geschmack und ihr Verständnis ist meistens beim Ein-
richten von Wohnräumen ausschlaggebend. Sie bestimmt
durch ihre Nachfrage das Angebot. Solange die Nach-
frage aber geschmack- und einsichtslos ist, bleibt es
sicher auch das Angebot, denn den Fabrikanten gewinnt
einzig und allein der gute Absatz seiner Ware; eine
günstige Beeinflussung des Konsumenten ist sicher der
einzige Weg, um die Produktion zu reformieren. So
ist es zweifellos der Einsicht und dem wachsenden
Verständnis der Frau vorbehalten an Stelle des traurigen
Bazarplunders und der öden »Schmücke Dein Heim«-

Erzeugnisse, einer schlicht komfortablen Wohnungskunst
das Bürgerhaus zu erschließen, vorausgesetzt, daß sie eben
zur richtigen Erkenntnis ästhetischer Begriffe erzogen
wird. Wenn dann aus unseren Wohnungen alle falsche
Pracht und aller Ungeschmack verschwunden ist, wenn
die Tapeten ruhig und hell, die Fenster licht, die
Möbel und Beleuchtungskörper einfach und zweck-
dienlich geworden sind, dann komme — neben Wand-
schmuck und einigen Aufstellungs-Gegenständen, das
vornehmste, stylvollste und allen erreichbare Schmuck-
mittel echter künstlerischer Kultur —■ die lebendige
Blume, die Pflanze in allen Räumen zu Wort. Keine
traurigen ewig sterbenden Palmstrünke, nicht der lang-
weilige, biedere Gummibaum, der pünktlich das fällige
Blatt alljährlich produziert und seine zackige Spitze
kühn zur Stubendecke treibt, sondern Blüten und Blätter,
Zweige und Äste wie sie manchem der Garten, wie .'•ie
minder Glücklichen Wiese und Wald oder der Markt
bieten. Gerade auch im Blumenschmuck der Wohnung
ist der Frau eine unbegrenzte Möglichkeit gegeben den
Räumen aus ihrem Empfinden heraus eine persönliche
und charakteristische Note zu geben. An Stelle der
Nippes und Souvenirs, der Plüschalbums- und Rauch-
service zieren die moderne Wohnung ;eine Reihe von
gutgeformten Gläsern und Schmucktöpfen mit Blüten
gefüllt. Für die Schmuckwirkung der Blume ist es von
 
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