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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 19.1908

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Michel, Willhelm: Kleinigkeiten, [2]: Ausstattung u. Verpackung kleinerer Verkaufs-Artikel
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https://doi.org/10.11588/diglit.7478#0079

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INNEN-DEKORATION

65

KLEINIGKEITEN.

II. Ausstattung u. Verpackung kleinerer
Verkauis-Artikel.

Letzten Endes spricht immer
und überall die Ware für
sich selbst. Reklame, Ausstat-
tung, äußeres Auftreten der Ware
können auf die Dauer über ihre
Qualität nicht täuschen. Das
Gute, das Gediegene bleibt am
Markt zuletzt Sieger.

Trotzdem aber bleibt doch
der Reklame und der Ausstat-
tung die erste Anbahnung der
Beziehungen zwischen dem
Käufer und dem Verkäufer vor-
behalten. Der Käufer, der die
Ware noch nicht kennt, bedarf
irgend eines Anreizes, um sie
zu erproben, und da dem Ge-
schäftsmann daran gelegen ist,
durch rasche und möglichst all-
gemeine Erprobung die end-
gültige Anziehungskraft seines
Erzeugnisses festzustellen, muß
ihm auch an der Verlockung zur
Probe gelegen sein. Darin liegt
die große Bedeutung begründet,
die der Ausstattung, dem ganzen
äußeren Auftreten der Ware
zukommt.

Es ist ein sehr ausgedehntes
Gebiet, das wir hiermit betreten,
zugleich aber ein Gebiet, auf dem
der allerälteste Schlendrian sich noch ziemlich un-
gestörter Alleinherrschaft erfreut. Daß man auch
hier sehr Geschmackvolles leisten kann, beweist
das Beispiel des Landes, dem unser Kunstgewerbe
schon so manchen fruchtbaren Anstoß zu danken
hat: das Beispiel Japans. Es sendet uns seit Jahr-
zehnten seine Porzellane und Bronzen, seine Sticke-
reien und Webereien, seine Metallarbeiten, seine
Puppen und Spielwaren. Und schon die zierlich
geflochtenen Bastkörbchen mit den einfachen, aber
höchst amüsanten Etiketten, in denen diese Dinge
verpackt sind, wirken gefällig und reizvoll und
sind dem Auge eine Lust. Einfachheit bildet auch
hier das erste ästhetische Moment; aber stets ist
daneben für eine lustige Farbe und für eine noble
Linie gesorgt. Man hebt sich diese Dinge, wenn
sie ihren ersten Dienst getan haben, gerne auf,
um sie anderweitig zu verwenden, und sie bilden
so eine fortdauernde Mahnung an die Ware, wie

ARCHITEKTEN RUNGE & SCOTLAND—BREMEN.

Kam in-Partie (Gemälde von Reusing) in der Halle des Landgutes »Hohenkamp«.

sie dem Erzeuger derselben nur willkommen sein
kann. Daneben haben sie den Vorzug der Soli-
dität und der Dauerhaftigkeit, und kein Mensch
wird leugnen, daß dies sofort auch ein günstiges
Vorurteil gegenüber der Ware erzeugt.

Bei uns behandelt man diese Dinge, die man
die Toilette der Ware nennen könnte, ganz anders.
Man behandelt sie gerade so, wie man jahrzehnte-
lang die dekorativen Bestandteile der Ware selbst
traktiert hat. Man sucht einen möglichst pom-
pösen Eindruck mit den schlechtesten, ungewähl-
testen Mitteln herzustellen. Man arbeitet mit Gold-
pressungen, mit einem tollen Wirrwar von Farben,
mit unmöglichen Schriftzeichnungen, mit künst-
lerisch ganz unqualifizierbaren figürlichen Dar-
stellungen. Man wendet Alles auf, unter Um-
ständen sogar Geld, aber niemals Geschmack. Man
behandelt das Publikum, indem man ihm solch
plumpe Täuschungsversuche zu bieten wagt, wie
 
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