INNEN-DEKORATION
PROFESSOR BRUNO SCHMITZ.
Schlaf-Zimmer.
Das künstlerische Problem der Industrie kann nur
gelöst werden, wenn die Industrie entschlossen ist,
nicht mehr einer fälschlichen Kunst, sondern dem
guten Geschmack zu dienen. Die Kunst ist eine per-
sönliche Angelegenheit, zu der man nicht verpflichtet
werden kann; verpflichtet kann man nur zum guten
Geschmack werden. Diese Verbindlichkeit nötigt die
Industrie nun erst recht, sich der besten künstlerischen
Kraft zu bedienen, die den Zusammenhang der Er-
scheinungen beherrscht und imstande ist, den Industrie-
produkten den Stempel des guten Geschmackes zu
geben, durch den sie sich dem Lebensbild harmonisch
einfügen. Ein Beispiel von großer Tragweite in dieser
Beziehung bietet die Berufung Behrens' an die Berliner
A.-E.-G. zum künstlerischen Beirat. Nicht die elektro-
technischen Installationen zu Kunstwerken zu machen,
die sie niemals sein können, sondern ihnen die logische
Form zu geben, ist die von diesem Künstler erkannte
Aufgabe. Streng genommen kann auch ein Maschinen-
möbel niemals Kunst sein. Es ist so wenig ein Kunst-
werk wie ein anständiger Lederkoffer, ein Fahrrad, ein
Automobil. Ebensowenig sind die vorzüglich durch-
dachten modernen Landhäuser, die nach den Entwürfen
unserer besten Architekten entstehen, Kunstwerke. Sie
haben gar nicht die Aufgabe, es zu sein, sie haben
nur die Aufgabe, in menschlicher Angemessenheit
zweckvoll, sachlich und schön zu sein. Der Geist des
Schönen soll auch über der Alltagsproduktion und der
Massenherstellung herrschen. Nur der Künstler kann
ihn bestimmen, der die Zusammenhänge überschaut,
eine ganze Welt, und Einheit an Stelle des Chaos
stellt. Aber die Kunst beginnt ganz wo anders.
Wer für die Masse arbeitet, muß billig sein. Die
Industrie muß billig sein. Ich begreife van de Velde,
warum er den Thüringer Töpfern gepreßte Formen gibt,
die industriell herzustellen sind und die bei den niederen
Marktpreisen den Leuten wenigstens durch eine schnellere
Produktionsart die Existenz ermöglichen. Van de Velde
war von einem ganz richtigen wirtschaftlichen Instinkt
geleitet. So sehr das Schwinden der alten Töpferkunst
zu bedauern ist (sie wird wieder erstehen!), so ist der
Vorgang doch ganz gerecht. Die Leute wollen leben
und lassen von selber die Drehscheibe im Stich. Sie
sind nicht dabei zu erhalten. Ganz abgesehen davon,
daß von diesen Handwerkern für die Kunst nichts zu
erwarten ist; sie sind nicht zu heben. Das Kunst-
handwerk wird von Persönlichkeiten ergriffen werden,
die die Bildung ihrer Zeit mit der Sache verbinden.
Dem gewöhnlichen Handwerker ist nicht zu helfen, er
drängt zur Industrie, wenn auch im kleinen Umfang,
um überhaupt zu existieren. Und die Industrie kann
mit den an die Handwerkstechniken gebundenen Kunst-
formen nichts anfangen. Wenn also die Töpfer schon
die Drehscheibe verlassen und gepreßte Formen machen,
PROFESSOR BRUNO SCHMITZ.
Schlaf-Zimmer.
Das künstlerische Problem der Industrie kann nur
gelöst werden, wenn die Industrie entschlossen ist,
nicht mehr einer fälschlichen Kunst, sondern dem
guten Geschmack zu dienen. Die Kunst ist eine per-
sönliche Angelegenheit, zu der man nicht verpflichtet
werden kann; verpflichtet kann man nur zum guten
Geschmack werden. Diese Verbindlichkeit nötigt die
Industrie nun erst recht, sich der besten künstlerischen
Kraft zu bedienen, die den Zusammenhang der Er-
scheinungen beherrscht und imstande ist, den Industrie-
produkten den Stempel des guten Geschmackes zu
geben, durch den sie sich dem Lebensbild harmonisch
einfügen. Ein Beispiel von großer Tragweite in dieser
Beziehung bietet die Berufung Behrens' an die Berliner
A.-E.-G. zum künstlerischen Beirat. Nicht die elektro-
technischen Installationen zu Kunstwerken zu machen,
die sie niemals sein können, sondern ihnen die logische
Form zu geben, ist die von diesem Künstler erkannte
Aufgabe. Streng genommen kann auch ein Maschinen-
möbel niemals Kunst sein. Es ist so wenig ein Kunst-
werk wie ein anständiger Lederkoffer, ein Fahrrad, ein
Automobil. Ebensowenig sind die vorzüglich durch-
dachten modernen Landhäuser, die nach den Entwürfen
unserer besten Architekten entstehen, Kunstwerke. Sie
haben gar nicht die Aufgabe, es zu sein, sie haben
nur die Aufgabe, in menschlicher Angemessenheit
zweckvoll, sachlich und schön zu sein. Der Geist des
Schönen soll auch über der Alltagsproduktion und der
Massenherstellung herrschen. Nur der Künstler kann
ihn bestimmen, der die Zusammenhänge überschaut,
eine ganze Welt, und Einheit an Stelle des Chaos
stellt. Aber die Kunst beginnt ganz wo anders.
Wer für die Masse arbeitet, muß billig sein. Die
Industrie muß billig sein. Ich begreife van de Velde,
warum er den Thüringer Töpfern gepreßte Formen gibt,
die industriell herzustellen sind und die bei den niederen
Marktpreisen den Leuten wenigstens durch eine schnellere
Produktionsart die Existenz ermöglichen. Van de Velde
war von einem ganz richtigen wirtschaftlichen Instinkt
geleitet. So sehr das Schwinden der alten Töpferkunst
zu bedauern ist (sie wird wieder erstehen!), so ist der
Vorgang doch ganz gerecht. Die Leute wollen leben
und lassen von selber die Drehscheibe im Stich. Sie
sind nicht dabei zu erhalten. Ganz abgesehen davon,
daß von diesen Handwerkern für die Kunst nichts zu
erwarten ist; sie sind nicht zu heben. Das Kunst-
handwerk wird von Persönlichkeiten ergriffen werden,
die die Bildung ihrer Zeit mit der Sache verbinden.
Dem gewöhnlichen Handwerker ist nicht zu helfen, er
drängt zur Industrie, wenn auch im kleinen Umfang,
um überhaupt zu existieren. Und die Industrie kann
mit den an die Handwerkstechniken gebundenen Kunst-
formen nichts anfangen. Wenn also die Töpfer schon
die Drehscheibe verlassen und gepreßte Formen machen,