INNEN-DEKORATION
141
ARCHITEKT WILHELM SCHMIDT-
Arbeits-Zimmer des Schriftstellers Victor
Leon in Wien. Eichenholz dunkelgrau.
Möbel sind hübsch und bequem. Neuestens sorgt
er auch für größere Dauerhaftigkeit, indem er
zierlichere Flechtkonstruktionen über einem hölzernen
Steg aufbaut.
Schmidt hat des öfteren an Preisbewerbungen
teilgenommen und, auch bei Preisausschreibungen
der »Innen - Dekoration«, so manche Erfolge
errungen. Es mag nicht unangebracht sein, hier
einen Entwurf zu erwähnen, den er zum Wett-
bewerbe um den »Friedenspalast im Haag« ein-
gesendet hat. Der Bau zeigt die strengste Sachlich-
keit; eine Kuppel ist sein einziger Schmuck, auf
die sich als auf den wichtigsten Teil des Gebäudes
sofort die Blicke lenken sollen: im Innern der
Kuppel ist der Beratungs-Saal, zugleich auch für
das Ständige Schiedsgericht gedacht. Ein großer
Hof entspricht dem Bedürfnisse, nach erregter
Verhandlung in freier Luft zu lustwandeln. Hier
zeigt Schmidt ganz naiv — wie denn überhaupt
völlig sein Wesen ist — eine tiefe Kenntnis der
Massenpsychologie (»abreagieren«). Auch Otto
Wagners Entwurf zu einem Friedenspalast hat
diesen Erwägungen entsprochen. Schließlich haben
ja dann die Diplomaten als die bekannt eifrigsten
Förderer des ewigen Friedens die Preise verteilt,
und es ist darnach geworden.
Wir wenden uns nun der Besprechung der
Privataufträge Schmidts zu. Ihre Zahl wächst,
namentlich in der jüngsten Zeit, zusehends, ihre
Art ist ein gutes Zeugnis für den Geschmack in
Wien. Denn Schmidt macht im wesentlichen keine
Zugeständnisse. Damit ist nicht gesagt, daß es
für ihn keine Wandlungen gäbe, er hat gelernt,
wie alle um ihn. Als sich die »Klimt-Gruppe«
der damaligen »Sezession« — jetzt eine eigene,
wenn auch lose Vereinigung — mit dem Kunst-
gewerbe zu befassen begann, stieß sie auf einen
derartigen Wust von Tapezierer - Renaissance,
Makartschnörkelei und anderer Unkultur, daß ihr
erstes Streben nur nach einem »Anders« gehen
mußte. »Anders um jeden Preis!« wurde die
Losung. Noch wirkte Olbrich in Wien und seine
141
ARCHITEKT WILHELM SCHMIDT-
Arbeits-Zimmer des Schriftstellers Victor
Leon in Wien. Eichenholz dunkelgrau.
Möbel sind hübsch und bequem. Neuestens sorgt
er auch für größere Dauerhaftigkeit, indem er
zierlichere Flechtkonstruktionen über einem hölzernen
Steg aufbaut.
Schmidt hat des öfteren an Preisbewerbungen
teilgenommen und, auch bei Preisausschreibungen
der »Innen - Dekoration«, so manche Erfolge
errungen. Es mag nicht unangebracht sein, hier
einen Entwurf zu erwähnen, den er zum Wett-
bewerbe um den »Friedenspalast im Haag« ein-
gesendet hat. Der Bau zeigt die strengste Sachlich-
keit; eine Kuppel ist sein einziger Schmuck, auf
die sich als auf den wichtigsten Teil des Gebäudes
sofort die Blicke lenken sollen: im Innern der
Kuppel ist der Beratungs-Saal, zugleich auch für
das Ständige Schiedsgericht gedacht. Ein großer
Hof entspricht dem Bedürfnisse, nach erregter
Verhandlung in freier Luft zu lustwandeln. Hier
zeigt Schmidt ganz naiv — wie denn überhaupt
völlig sein Wesen ist — eine tiefe Kenntnis der
Massenpsychologie (»abreagieren«). Auch Otto
Wagners Entwurf zu einem Friedenspalast hat
diesen Erwägungen entsprochen. Schließlich haben
ja dann die Diplomaten als die bekannt eifrigsten
Förderer des ewigen Friedens die Preise verteilt,
und es ist darnach geworden.
Wir wenden uns nun der Besprechung der
Privataufträge Schmidts zu. Ihre Zahl wächst,
namentlich in der jüngsten Zeit, zusehends, ihre
Art ist ein gutes Zeugnis für den Geschmack in
Wien. Denn Schmidt macht im wesentlichen keine
Zugeständnisse. Damit ist nicht gesagt, daß es
für ihn keine Wandlungen gäbe, er hat gelernt,
wie alle um ihn. Als sich die »Klimt-Gruppe«
der damaligen »Sezession« — jetzt eine eigene,
wenn auch lose Vereinigung — mit dem Kunst-
gewerbe zu befassen begann, stieß sie auf einen
derartigen Wust von Tapezierer - Renaissance,
Makartschnörkelei und anderer Unkultur, daß ihr
erstes Streben nur nach einem »Anders« gehen
mußte. »Anders um jeden Preis!« wurde die
Losung. Noch wirkte Olbrich in Wien und seine