Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 19.1908

DOI Artikel:
Lasser, Moritz Otto von: Das Haupt-Restaurant der Ausstellung München 1908: erbaut von Architekt Professor Emanuel von Seidl
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.7478#0318

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
300

INNEN-DEKORATION

l'KOKKSSOR K.MA.NUEI. VON SEIDL —MÜNCHEN.

Fontänen-Anlage auf der Ausstellung.

unabsehbarer Reibe Gemach an Gemach, Bau an Ge-
bäude, feiern doch »Angewandte«, Plastik, Malerei,
namentlich aber alle Künste des Interieurs und dieses,
künstlerisch gehalten, selbst wahre Orgien . . .

Wirklich, wenn man jetzt im Bavariapark herum-
geht, glaubt man zu träumen. Man sagt sich an-
gesichts solcher Pracht: »Die Menschheit wird sich
bald vollenden.« Doch ich möchte nicht abschweifen.
Es sei deshalb zum Hauptrestaurant zurückgeleitet.
Diesmal lagen also, wie gesagt, die Verhältnisse für den
Künstler ganz außergewöhnlich günstig: er konnte aus
dem Vollen schöpfen wie kaum ein anderer, es stand
ihm ein grandioses Orchester zur Verfügung. Denn
es wäre schwer zu sagen, was bei dem Hauptrestaurant
an Instrumenten nicht herangezogen erscheint. Da-
gegen leicht, zu beweisen, wie hier alle, aber auch alle
Ausdrucksmittel der Architektur, alle Schmucke, alle
Stimmungsträger, himmelanragende Fanale und kleine
Fliesen Dienst tun.

Im weiten Umkreis dieser festlichen Schöpfung
herrscht schon Seidische Erde, Seidischer Geschmack.
Mir fallen hier unwillkürlich die Worte eines Be-
kannten ein, der, als wir zusammen Murnau besuchten,
sagte: »Ich glaube, Professor Seidl stilisiert sogar die
Tiere, Frösche, Tauben, die Wolken — ein Gewitter!«
In der Tat: derlei vermag er. Denn was er an Natur
zu seinen Werken heranführt, wird geadelt, wird Kunst
und bekommt — es mag nun wollen oder nicht —
eine ganz bestimmte Note. Nicht verwunderlich also,
daß uns die Wege der Ausstellung gerne, sanft und
klug zunächst zu einer Art Vorspiel Seidischer Kunst
geleiten, zur Fontänen-Anlage, die man sich übrigens
als etwas schier Selbstverständliches zu Gemüt führt.
Dabei aber welche landschaftliche Komposition I Die
»einödige Pracht« des Parkes unterbrechen da nämlich
plätschernde, weiße, zum Himmel auf drängende Wasser-
mann ; besonders der mittlere Strahl wogt in majestä-

tischer Fülle aut und nieder. Doch die Wasser raunen
und rauschen nicht nur — sie sind auch unruhig in
der Erscheinung und so sehen wir ihnen als Gegen-
gewicht gleichsam einen Rahmen, einen reizvollen Auf-
bau aus Holzstäben beigesellt, der seine Bekrömmgen,
Felder, seine Muster hat, mit dem großen Mittelstrahl
herabsinkt, um in niederen Abmessungen, die Wasser-
fläche begleitend, auszuklagen. Denn der imposante
Kaskadenbrunnen hat auch was die Ebene anlangt, ein
recht beträchtlich Gebiet eingeräumt bekommen . . .
und sein Bassin mißt sich wahrhaftig nicht in wenigen
Schritten ab. Der außerordentlich wohllautende Rhyth-
mus des Bassins wird zudem noch durch vier große
Werke der Plastik belebt und gesteigert, deren prächtige
Silhouetten mächtige Felsblöcke emporschieben. Vier
schrieb ich, aber eigentlich sind es sechs Darbietungen
und zwar unserer bedeutendsten Bildhauer, auf die näher
einzugehen hier jedoch nicht nötig, da ja die Ab-
bildungen vorliegen. Ganz besonders anspricht uns
die »Schönheit« von Professor Hermann Hahn, während
die Kalksteingruppe »Kraft« von Bildhauer Fritz Behn
einen dramatisch bewegten Vorgang bis zu klassischer
Monumentalität steigert. Aber sei es nun, daß einen der
farbige Glanz der Terrakottafiguren von VVackerle nach-
geht, oder sei es sonst irgend ein geheimes Gelüsten:
wir vermissen eine polychrome Behandlung der großen,
ganz eintönigen Gruppen. Man hätte wenigstens hier
und dort ein Detail durch Gold betonen, durch eine
zarte Farbe zu einer Art leisen Lebens erwecken
müssen . . . einen Spiegel, das Haargehänge etc. Wenn
sich die Plastik nicht einmal bei Aufgaben, wie es die
vorliegende war, an die Farbe heranwagt, dann werden
wir auf den »bunten Schein« bei dieser Kunst wohl
noch lange verzichten müssen . . .

Einerlei. Übrigens haben wir es hier nicht mit
Detail, sondern der Schilderung einer großen und viel-
fältigen Anlage zu tun — also sei in der Beschreibung
 
Annotationen