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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 19.1908

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Breuer, Robert: Moderne Etagen-Wohnungen: im Möbelhaus Herrmann Gerson in Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.7478#0377

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INNENDEKORATION

XIX. SflHRGanS, Darmltadt 1908. DezemBER-HOT,

MODERNE ETAGEN-WOHNUNGEN

IM MÖBELHAUS HERRMANN GERSON IN BERLIN.

\ A Tenn eine eingebürgerte und gut renommierte Firma,
» » die bisher nur in den verschiedenen Stilen arbeitete,
sich mit einem Ruck der modernen Bewegung zuwendet,
so ist das Ereignis genug, daß der Beobachter des Zeit-
laufes es registriert, nach der Ursache und dem Wert
der Wandlung forscht. Eine solche intime Beschäf-
tigung des Theoretikers mit einer Firma hat leider immer
noch etwas Beunruhigendes; wohlwollende Freunde fragen
mit Bedacht nach der Prämie, die ä discretion erhoben
wurde. Wir sind noch nicht so weit, die Kritik einer
Firma und deren Leistungen als das objektive Urteil
eines Unparteiischen hinzunehmen, wie wir dies mit
der Beurteilung des einzelnen Künstlers längst zu tun
gewohnt sind. Wobei nicht gesagt zu werden braucht,
daß solche Objektivität von der Geistesart des Richters
bedingt wird. Worauf es ankommt, ist dies: die Lei-
stungen des Kapitals sollen, unbekümmert ob dadurch
der Umsatz vermindert und das Geschäft gestört werden
könnte, an dem Maßtabe der Qualität, des Geschmackes
gemessen, unter ökonomischem und ästhetischem Ge-
sichtspunkte gewertet werden. Damit wird anerkannt,
daß die jeweilige Firma als kultureller Faktor in Frage
kommt, daß sie als eine Instanz der Initiative, der Aus-
führung und der Organisation dem Künstler, dem Be-
stimmer der Form, gleichgeachtet werden muß. Solche
Erkenntnis dürfte auch heute manchen trefflichen Enthu-
siasten schwere Überwindung kosten; noch ist es

nicht wieder dahin gekommen, in 'dem unter-
nehmenden Kaufmann einen Förderer des wahren, nicht
des illusionierten Fortschrittes zu sehen. Wer aber
nüchternen Sinnes überlegt, wie denn nun die mannig-
fache Propaganda, die für die Künste und das Kunst-
gewerbe, für gediegene und geschmackvolle Ware, durch
Ausstellungen und Literatur, von Künstlern und Kunst-
freunden betrieben wird, reelle Früchte bringen soll, der
muß zu der Einsicht kommen, daß eine Erfüllung der
Ideale nur möglich ist, wenn das Kapital, der speku-
lierende Unternehmer, sich der Ideen bemächtigt. Dies
wird geschehen, wenn der Kaufmann sich von solchem
Übergang zur Produktion in moderner Gesinnung einen
Erfolg verspricht; was wiederum voraussetzt, daß das
kaufkräftige Publikum bereits einigermaßen aufgeklärt,
dressiert und reif ist. Wir geraten hier also an einen
Kreislauf, bei dem man nie zu sagen vermag, wo die
Ursache aufhört und die Wirkung beginnt. Es wäre
unbillig, zu verlangen, der Kaufmann solle für eine
Renaissance aller Dinge den Boden von Grund auf
roden; er tat Genüge, wenn er der Zeichen der Zeit
achtete, wenn er mit sicherem Instinkt das Zukunfts-
gewisse herausfand und sich mit erwogener Energie zum
Förderer dessen machte, was wohl die Möglichkeit, aber
noch nicht die Gewißheit eines Erfolges verspricht.
Diese Gewißheit wächst (und das eben ist der Dreh-
punkt des Kreislaufes) durch die aktive Parteinahme

1908. XII. i.
 
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