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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 21.1910

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Baer, Casimir Hermann: Neue Wohnräume von J. Keller - Zürich
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https://doi.org/10.11588/diglit.11378#0245

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XXI. JAHRGANG.

DARMSTADT.

JUNI 1910.

NEUE WOHNRÄUME VON J.KELLER-ZÜRICH.

VON DR. C. H. BAER—ZÜRICH.

Die Wohnung des Menschen ist, ähnlich wie sein
Kleid, ein Zeichen seiner Kultur; und da
Kultur einen Gleichgewichtszustand zwischen Altem
und Neuem darstellt, den sich jede Zeit selbst
schaffen muß, werden Wohnung und Kultur um
so höher einzuschätzen sein, je eindringlicher solch
ausgleichende Tätigkeit in ihnen zur Geltung kommt.

Es ist noch nicht lange her, daß, eine Folge
rasch anwachsenden Wohlstandes, unser von Arbeit
oder Genuß ermüdetes Geschlecht auch in der
Ausgestaltung seiner Wohnumgebung mehr den
Sinnen als dem Gemüt zu entsprechen trachtete.
Aber sowohl der den Intellekt zu kritischer Beur-
teilung herausfordernde archaistische Eklektizismus,
die Effekthascherei mit aufdringlichen Äußerlich-
keiten und Materialtäuschungen wie die oft fabel-
haft unruhig-bunte Farbenwahl haben mehr und
mehr an Wertschätzung verloren. Sie sind aus der
Mode gekommen, um jenen harmonisch erdachten
und ausgeführten Raumschöpfungen Platz zu
machen, in denen feinstes Empfinden für Licht,
für Farbe und Raum Verhältnisse wohltuende Ein-
drücke von bleibender Wirkung ermöglicht, ohne
zu anstrengenden Reizmitteln greifen zu müssen.
Auf diese trauliche oder festliche Stimmung,

1910. vi. 1.

die gute neuzeitliche Raumschöpfungen stets ver-
mitteln, kommt es zunächst an. Ein Zusammen-
klingen des heimelig Alten mit den so mannigfaltigen,
unseren modernen Lebensgewohnheiten entsprechen-
den Neuerungen, das allein ist es, was die Wohn-
räume einheitlich gestalten und unserem Empfinden
derart anpassen kann, daß sie zum wirklichen Aus-
drucke moderner Lebens- und Geisteskultur werden.

Um diesem Ideale möglichst nahezukommen,
sind bei der Detailbearbeitung eines Wohnraumes
drei Dinge vor allem zu beachten: Sachlichkeit,
Mäßigung und Persönlichkeit. »Im Maßhalten und
Wahrbleiben beruht einzig und allein wahre Vor-
nehmheit« hat Karl Henrici schon vor mehreren
Jahren gepredigt; heute versucht man diese theo-
retische Wahrheit in die Wirklichkeit zu übertragen
und freut sich der damit gewonnenen Erfolge.

Ein jedes Möbel ist zunächst nur in der Form zu ge-
stalten, die dem bestimmten Zweck auf die einfachste
Art zu dienen vermag; dabei muß der Charakter des
Rohstoffs besonnen berücksichtigt und in Maserung,
Farbe und sonstiger Wesensart durch geschickte
Behandlung zu richtiger Geltung gebracht werden.
Wird so in strengster Selbstzucht, im Bestreben,
reine Formen wiederzufinden, alles Uberflüssige
 
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