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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 21.1910

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Breuer, Robert: Der preussische Spar-Erlass
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https://doi.org/10.11588/diglit.11378#0378

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ENTWURF: BILDHAUER FRITZ BEHN—MÜNCHEN.

MAJOLIKA-RELIEF IN DER SEKTKELLEREI HENKELL.

DER PREUSSISCHE SPAR-ERLASS.

Hier und da machen sich jetzt die Einflüsse des
Preußischen Sparerlasses bemerkbar. Es war im
Jahre 1908, da gedachte der Minister für die Öffent-
lichen Arbeiten dem allgemeinen Bedürfnis nach staat-
licher Sparsamkeit und der fragwürdigen Liebe für eine
Reichsfinanzreform dadurch auf die Beine helfen zu
können, daß er ein dringliches Veto gegen den
Luxus in Regierungsbauten einlegte. Der damalige
Erlaß war keineswegs unklug abgefaßt und sicherlich
muß jeder Einsichtige die prinzipielle Richtigkeit des
ministeriellen Vorgehens anerkennen. Fraglich bleibt
nur, ob, in Ermangelung präzisierter Ausführungsbe-
stimmungen, die Vermahnung ihren eigentlichen Zweck
erreichen dürfte. Es liegt nämlich nahe, daß die
einzelnen auftraggebenden Behörden und nicht
minder die Regierungsbaumeister den Begriff
des Sparens so auslegen, als wäre ein mög-
lichstes Drücken der Preise, so der Lieferanten
wie der Handwerker, befohlen worden. Sollte
der Preußische Sparerlaß solche, die Qualität der Bauten
außerordentlich gefährdende Folgen zeitigen, so wäre
er sehr zu bedauern. Indessen, seine eigentliche Ab-
sicht geht gewiß nicht auf Reduzierung ehrlicher Kosten-
anschläge. Der Sparerlaß will den überflüssigen
Pomp treffen, den dekorativen Luxus. Freilich,
es wird nicht leicht sein, den einzelnen Instanzen und
Beamten solche Einsicht beizubringen. Wahrscheinlich
wird es sogar viele Mühe kosten, den Baubureaukraten
den gesunden Sinn des ministeriellen Erlasses einzu-
legen. Setzt doch dieser Erlaß beinahe voraus, daß
selbigen Baubureaukraten die Erkenntnisse der Gegen-
wart in Fleisch und Blut übergegangen seien. Wer die
Verhältnisse kennt, wird sich indeß sagen, daß die
Geheimräte nicht wenig mit dem Kopfe geschüttelt
haben dürften, als sie Worte lasen wie diese: »Es muß

das Bestreben sein, die staatlichen Bauten so zu ge-
stalten, daß sie für den Zweck, dem sie dienen sollen,
nach jeder Richtung hin praktisch brauchbar sind, daß
sie alle gesundheitlichen Forderungen in Bezug auf
Licht, Luft und Wärmehaltung erfüllen. Zugleich ist
bei Wahl der Konstruktionen und Baustoffe darauf be-
sonders Bedacht zu nehmen, daß dem Bauwerk als
Ganzes eine möglichst lange Dauer gesichert wird und
die Kosten seiner Instandhaltung in mäßigen Grenzen
bleiben. Dabei werden je nach dem bescheideneren
oder höheren Zweck, dem es dienen soll und nach der
Bedeutung der Behörde, für die es bestimmt ist, die
für die Gestaltung der Außenarchitektur sowie des
inneren Ausbaues erforderlichen Mittel in dem Sinne
angemessen zu veranschlagen sein, daß eine würdige
Einfachheit und Gediegenheit in allen Fällen die Richt-
schnur bilden muß. — Wo es aber die Bedeutung des
Bauwerks rechtfertigt, wird eine Steigerung des künst-
lerischen Gesamteindruckes, vornehmlich durch gute
Verhältnisse der Massen, ansprechende Umrißlinien,
maßvolle Belebung durch architektonische Gliederung
und plastischen Schmuck an richtiger Stelle, sowie durch
eine harmonische Farbengebung, nicht aber durch kost-
bare Baustoffe und Häufung von Kunstformen im Äußern
und Innern zu erstreben sein. Bei der Beschaffung von
Mobilien und Einrichtungsstücken, einschließlich der Be-
leuchtungskörper muß unter Wahrung würdiger Einfachheit
und solider Ausführung auf jeglichen Luxus und zu weit-
gehende Bequemlichkeit der Beamten verzichtet werden.«

Es sei wiederholt, nicht alle Baubeamten dürften
den Sinn solcher weiser Worte begreifen; vielen wäre
es vielleicht auch nicht möglich, nur durch Verhältnisse,
durch Proportionen und Massenverteilung Bauten von
erträglichem Aussehen zu schaffen. Vielen wäre es
vielleicht nicht einmal möglich, die Qualität solider

1910. IX. 3 a.
 
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