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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 27.1916

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Einige Antworten auf unsere Rundfragen im Januarheft: vergl. Innen-Dekoration Januar 1916, S. 10
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https://doi.org/10.11588/diglit.10023#0121

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EINIGE ANTWORTEN AUF UNSERE RUNDFRAGEN IM JANUARHEFT

(vergl. innen-dekoration, januar 1916, seite 10)

I. EL

Erfahrungen, die ich mit neuzeitlichen Möbeln gemacht 1. Künstlereinrichtungen finde ich auf die Dauer un-
habe, sind in jeder Hinsicht sehr erfreulich. Von erträglich langweilig und unpersönlich. Ich selbst habe
dem guten Material, der ausgezeichneten technischen Ver- mit Vergnügen ein tadellos gearbeitetes Musikzimmer
arbeitung war das zu erwarten. Da die künstlerische von Professor R. für die Hälfte des Preises verkauft.
Gestaltung in meinem Falle jenen beiden guten Eigen- 2. Selbst in guten Villen ist der Küchengeruch noch
schaften ganz gewachsen war, so hat die Liebe zu den immer bemerkbar, die Anrichte als trennender Raum
Gegenständen nicht nachgelassen, und ich schätze sie genügt meist nicht. Ferner sind die Klosettgeräusche in
auch bei scharfer Kritik als wertvolle Kunstwerke. der Garderobe oder Vorplatz zu sehr hörbar. Vielleicht
Was neuzeitlichen Zimmereinrichtungen u. a. ins- müßte man doppelte Türen haben, oder einen zweiten
besondere mangelt, ist der unseren Bestrebungen ent- ganz kleinen Klosettraum (nicht Waschraum, der in der
sprechende Teppich. Nach meinem Empfinden soll Garderobe sein sollte). Dann braucht man mehr Steck-
ein Teppich weich sein; das soll er nicht nur den Fuß kontakte, mehr Lichtschalter; hat das Zimmer z. B. zwei
fühlen lassen durch seine weichen Fasern, sondern dem Ausgänge, so müßte man an beiden Türen aus- und ein-
Auge zeigen durch sein farbiges Muster, das die Weich- schalten können.

heit ausdrückt. — Die Natur bietet uns entsprechende 4. Für Schlaf- und Kinderzimmer bevorzuge ich die
Formen, bei deren Anblick man unwillkürlich das Gefühl hygienisch-praktischen, zum Wohnen die gemütlichen
der flaumigen Weichheit haben muß. — Künstler, die Einrichtungen, Altes und Neues zusammen.
Teppiche schaffen, haben solch entsprechende Natur- Man sollte sich für die Wohnräume die einzelnen
formen augenscheinlich noch nicht ernst genug auf sich Stücke nach und nach zusammensuchen, alte und
wirken und sich von ihnen anregen lassen, sonst könnte moderne; man hat viel mehr Freude daran, sie werden
man nicht neueste Teppiche mit imitierten oder stilisierten einem persönlicher, man lernt dabei, die Zimmer wirken
Blumen sehen. Ist es nicht störend, im Zimmer auf zeitlos, sie werden nie unmodern, sie atmen ruhig, sie
Blumen (des Teppichs) zu treten? — Andere Teppiche, kennen keine Verblüffung. Gute alte Möbel und ein
bei denen dies nicht der Fall ist, sind wiederum gar zu gutes modernes Stück passen immer zueinander, aller-
eintönig oder kalt im Muster. dings muß man einen sicheren Geschmack haben, sie
Ähnliche UnVollkommenheiten scheinen mir bei Vor- richtig zusammenzustellen. Schreibtisch, Eßtisch, Leder-
hängen, überhaupt Stoffbezügen, zu herrschen. Ich sessel, Bücherwand, Beleuchtungskörper, Heizverklei-
habe selten einen Stoff gesehen, der die Falten, das dung, dann die praktischen Zimmer, — es bleibt noch
weiche Fallen eines Vorhanges, im Muster ausdrückt, genug übrig für »neue Entwürfe«.

bei dem allein der Anblick die Weichheit des Materials Noch etwas, was nicht »zur Sache« gehört: wenn

fühlen läßt. Wie heute Blumen, Tierfüße und Ähnliches man die »Innen-Dekoration« ein paar Jahre gelesen hat,

an Geräten und Möbeln, mögen jene noch so formvoll- werden einem diese Zimmereinrichtungen, in denen alles

endet dem ganzen Stück eingepaßt oder geschnitzt sein, zueinander paßt, langweilig. Wie selten kann man sagen:

unpassend, ja manchmal grotesk wirken, weil sie mit endlich mal eine Inneneinrichtung (so im Dezemberheft),

den Eindrücken des heutigen Lebens nicht harmonieren, wo nicht der Architekt die Zimmer allein gemacht, son-

ebenso haben Vorhangmuster, bestehend in Blumen- dern der, der drin wohnt, sein Ich hineingelegt hat. Und

Sträußen usw., auf mich immer einen uninteressanten dann diese heutigen Villenbauten! Diese vielen Dächer,

Eindruck gemacht. diese Unruhe, jede Beschaulichkeit fehlt (einige Aus-

An Geräten und Möbeln sind mir in meiner Wohnung nahmen gibt es selbstverständlich, so E. v. Seidl). Und

die zeitgemäß-künstlerischen, also ursprünglichen, eigen- welche schönen Vorbilder hätten wir doch im Barock,

geschaffenen, nicht die aus früheren Stilen abgezeich- das sich gerade für den Landhausbau so gut eignet!

neten oder nachempfundenen, am liebsten. Daß Haus- Wenn wir an ein »Herrenhaus« denken, sehen wir es je

gegenstände gut und anheimelnd sind, sollte deutsche im Geiste mit spitzem langen Dach oder gar mit eng-

Eigentümlichkeit sein. Rein hygienische Möbel passen lischem Schornstein? Frau e. c.-th.

in die Küche oder ins Badezimmer, da sie selten gemüt- 1IT-

lieh sind. Von Ihrer sehr zeitgemäßen Umfrage würde ich die
Aufträge würde ich durch einen Architekten einem Frage: »Soll der Künstler sich in den betr. Kreisen um-
Geschäft zur Ausführung übergeben. Allerdings findet schauen?« gern beantworten, nämlich mit ja, ja, ja, —
man vielfach zu eigenen Sachen Passendes, das man wo und wie er kann, und alle, die in Betracht kommen,
fertig kaufen könnte. sollen den Künstlern ihre Räume öffnen! Prof. e.w. bredt.

Eine wachsende Formen-Typisierung ergibt sich von IV.
selbst aus der Entwicklung, da das wirklich aktive, 1. »Neuzeitliche Künstlereinrichtungen« sind nach
wirkende, einflußreiche Leben in den Grundzügen nicht meiner Erfahrung bei großen Mitteln und verständnis-
gar so mannigfaltig ist, wie es jeweils gegenwärtig vollen Auftraggebern von schönster Wirkung und können
scheinen mag. Absichtliche Typisierung wird durch den dauernd befriedigen. Da der Entwurf naturgemäß hoch
vielseitigen Widerstand sich nicht so weit ausdehnen bezahlt wird, so wird dann bei beschränkteren
können, daß sie der künstlerischen Entwicklung schädlich Mitteln der Materialwert, die Güte der Stoffe usw.
werden könnte. KURT L., z. Zt. Gefr. l. Ers.-BatL 16. Inf.-Regis. P. zu kurz kommen; wenn dann auch meist durch aparte
 
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