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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 27.1916

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Schulze-Elberfeld, Otto: Deutscher Stil oder Internationalismus
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https://doi.org/10.11588/diglit.10023#0198

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INNEN-DEKORATION

ARCHITEKT MICHAEL RACHL1S—BERLIN »SITZPLATZ IN EINER DIELE.

hielten, sondern auch über die Schweiz, Südfrankreich, »Deutschen Stil« erscheinen. Bei ruhiger Überlegung dürf-

Flandern und die Niederlande. Die Werke des 16. Jahr- ten wir nicht nur dazu gelangen, das Undurchführbare sol-

hunderts sind in Süddeutschland andere als die vom eher Forderung einzusehen, sondern sogar zu der Erkennt-

Niederrhein, in Mittel- und Norddeutschland oder gar in nis kommen, daß dieser so gemeinte Stil das Ergebnis dessen

Danzig. Auch in andern Ländern sind derartige, unter- sein würde, was unsere Feinde wollen: unserer völligen

schiedliche Mischungen feststellbar, so in Frankreich und Ausschließung vom Völkerverkehr, unserer Kaltstellung.

Spanien; letzteres hatte Beziehungen zu Italien vom See- Wir würden also unter Umständen unsern »Deutschen

wege aus, erhielt Anregungen aus Frankreich, ferner von Stil« sehr teuer bezahlen müssen, außerdem nicht nur

den Niederlanden und Deutschland durch die rein dyna- wirtschaftlich, sondern auch kulturell verarmen, nicht das

stischen Einflüsse. Aber in Wechselwirkung haben auch mehr sein können, an dem die Welt doch genesen sollte!

wir andere Länder, so die genannten, und in jüngerer Nicht, daß man uns je auszuschalten, aus der Reihe der

Zeit England beeinflußt. Die Künstler waren immer ein führenden Völker zu streichen vermöchte, sondern daß

reiselustiges Völkchen, wir wissen es von vielen alten wir in uns selbst verkröchen, könnte vielleicht einen Teil

Meistern, und bekannt ist es, daß allezeit kunstliebende der engherzigen Wünsche der sich allzu vaterländisch

Fürsten fremde Künstler an ihre Höfe zu fesseln wußten. (partikularistisch) gebärdenden Deutschen zu verwirk-

An sich wurde es auch stets als kulturfeindlich be- liehen vermögen. Wenn es nun aber zu dem nicht käme,

trachtet, fremde Kunst vom eigenen Lande fern zu halten, brauchte das Gegenteil davon noch lange nicht der Inter-

und nur politisch sich abschließende Länder wie China nationalismus, der allvölkische Stil zu sein,

und Japan vermochten Jahrhunderte hindurch sich eine Es ist ohne weiteres einleuchtend, und das lehrt die

Stileinheit in ihren Kunstäußerungen zu wahren, während Geschichte, daß ein Volk, das sich nicht abschließen kann

schon die Siegeszüge Alexander des Großen griechische noch will, die Beziehungen zur Außenwelt pflegen muß,

Kunst bis nach Indien bringen. und daß schon von jeher der Handel der berufenste

Berechtigt und verständlich schon, wenn auch nicht Vermittler auch der geistigen Güter zwischen den Völkern
ganz einwandfrei und noch weniger ganz durchführbar gewesen ist; auch Kunstwerke und Bücher sind Tausch-
müssen uns deshalb die heutigen Forderungen nach einem und Handelswaren. Ausschlaggebend bleibt, welchen
 
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