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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 27.1916

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Schulze-Elberfeld, Otto: Baukunst und Kunstgewerbe
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https://doi.org/10.11588/diglit.10023#0232

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INNEN-DEKORATION

LANDESVERSICHERUNGSANSTALT—MERSEBURG »HAUPTGEBÄUDE UND KARTENGEBAUDE«

und ein Nach-Empire. Kein Rückgriff früherer Zeiten der Erscheinungen, noch der Einfälle, noch auf die frag-
hat so weit ausgeholt und so tief eingeschnitten wie die würdigen zeitlichen Erfolge an, deren Buchung von irgend
Stil-Krebse unserer Tage. Langsamer entwickelte sich einer Fachzeitschrift oder der Tagespresse verlangt wird,
stets die Baukunst, schneller die handwerklichen Künste, sondern darauf, daß Taten und Werke entstehen, die für
die jener sogar oft Konstruktionen und Formen liehen; sich davon sprechen, daß sie nicht zeitlos sind, sondern
aber umgekehrt war es stets nur zur Zeit des Nieder- überzeugend bekunden, daß sie einen entwicklungsge-
ganges einer Kunstrichtung. — schichtlichen Anteil und Ausdruck, sagen wir jetzt z. B.

Es ist erschreckend, mit welcher Hast und Urteils- in unserer jetzigen großen Erhebung bedeuten. Und ge-
losigkeit Baukünstler um das Neueste mit den Gewerbe- rade jetzt macht man ausgesprochen in Stil aus der Zeit
künstlern streiten, mit welcher Verständnislosigkeit die der Dutzendfürsten und Kleinstaaterei.
Zeit vergewaltigt wird, wie doch letzten Endes alles nur Wir kommen mit Künstlerprogrammen und Künstler-
auf Wirkung hinarbeitet. Unsere Künstler scheinen wenig bekenntnissen allein wirklich nicht weiter, wenn wir sie
damit zu rechnen, daß man schon nach zehn bis fünfzehn nach wie vor einspruchslos hinnehmen. Unser Formen-
Jahren strenger über ihre Werke urteilen wird, wenn zu durst ist geradezu krankhaft geworden, und die Auf-
ihnen der Abstand ein größerer geworden sein wird. deckung immer neuer Formensprudel und Anleihen bei
Wenn auch die Kunst-und Kulturgeschichte lehrt, daß Fremden ist ein ungesundes Stillungsmittel dagegen. Hier
alles Große von Kleinem ausging, die Werk- und Sach- kann nur Enthaltsamkeit helfen und größerer Anteil an
kunst die hohe Kunst vorbereitete, aus den Handwerkern ehrlicher werktätiger Arbeit in Werkstätten und auf
die Künstler wurden, — was an sich auch heute noch die Werkplätzen, nicht in schwülen Ateliers, Bars und Ka-
gesundeste und lebensfähigste Art der Entwicklung sein baretten gewonnene Impulse. Und wenn schon der ge-
würde — so wäre es doch bei der überaus großen Früh- waltsam unterbrochene Lauf der Dinge des bisherigen
bezw. Unreife so manchen Stürmers wünschenswert, wenn Werk- und Genußlebens ebenfalls noch nicht die klein-
nunmehr nicht Maler und Gewerbekünstler, die am leich- künstlerische Übereilung und Neuerscheinungssucht zu
testen und günstigsten zu schaffen vermögen, sondern die hemmen vermag, dann besinne sich Baukünstler und Bau-
Baukünstler die Führenden und Wegweiser sein würden, herr auf die Verpflichtung: große Aufgaben auch nur im
um die anderen zu stillerem Bescheiden und zur Einord- großzügigen Sinne der Zeitforderung lösen zu sollen,
nung zu bringen. Es kommt wirklich nicht auf die Fülle Wenn wir Daheimgebliebene das nicht zu erfüllen ver-
 
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