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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 27.1916

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Schulze-Elberfeld, Otto: Baukunst und Kunstgewerbe
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https://doi.org/10.11588/diglit.10023#0234

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INNEN-DEKORATION

architekt alfred koch-trotha-halle. landes versicherungsanstalt in merseburg. »blick in die haupttreppenhalle«

nach Führerschaft und Aposteltätigkeit aufkommen lassen. aller Künste, die aus der ganzen Erdschwere heraus zum
Wir müssen wieder strenger, ehrlicher und überzeugender Himmel emporstrebt, müht sich und schafft im Sinne
Tagesnichtigkeiten auf ihren tatsächlichen Wert zurück- jener scheinbar Schwerfälligen, die es mit den Eichen und
führen; die Zahl der nur Entwerfenden, der sich auf Edeltannen halten, nicht mit den Kürbissen. Und damit
Papier und mit billigen Mitteln bis zur Überhebung und müßte die Baukunst eine gewisse Verantwortung für das
Unverantwortlichkeit in Neuheiten Betätigenden muß sich selbst auferlegen, was innerhalb ihres Gestaltungsge-
fühlbar eingeschränkt werden, damit wir wieder die Lust bietes zu ihr in Mithilfe und Dienstleistung tritt. Das
um die Kämpfe einer wirklichen Entwicklung erleben. braucht keineswegs engherzig und kunstpapstmäßig zu ge-
Alses sich um die Anfänge handelte, als sich der schehen, wohl aber doch so, daß die alten Beziehungen zur
Mensch noch um Material, Technik, Werkzeug und Ge- baukünstlerischen Einheit wieder hergestellt werden. Der
staltung schwer mühen mußte, als der Schweiß noch an Baukünstler ging vom Bauhandwerker aus, ihr Gemein-
dem Erzeugten klebte, und reine Schöpferfreude es über- sames bleibt eine gesunde technische Grundlage, die Tek-
strahlte, als die Gestaltenden sich noch nicht durch Be- tonik überhaupt; sie bleibt für immer gewisser Gesetz-
ruf sübergriffe verhaderten, konnte der Vorauseilende noch mäßigkeit unterworfen, und an den angewandten Künsten
als Bahnbrecher gelten. Heute versündigen die Leichtfüße ist es, sich wieder einzufühlen und den Formenkreis zu be-
sieh mit ihren billigen Neuheiten, die vom Wechsel der grenzen, nicht an der Baukunst, etwaige Überschreitungen
Moden kaum noch Abstand nehmen, an den Zurückblei- in Zwangsfolge zu heiligen. Wir müssen wieder dahin
benden, den scheinbar Schwerfälligen, die die eigent- kommen, daß die Mehrzahl aller schöpferisch tätigen
liehen Träger der fruchtreifenden Lebenswerte sind. Kräfte sich wieder mehr unter- und einordnet, zum min-
Einige Beispiele seien gegeben. Kleid, Schmuck, desten es darangibt, zeitliche Nichtigkeiten als Bausteine
Möbel und Schrift erneuern sich an den schlechtesten der Zeit anzusprechen. Billige Erfolge müssen zurück-
Ausläufern des Zopfstiles. Plastische Formengestaltung treten, namentlich nach dem Kriege. Vielleicht öffnen
sucht Anschluß an die Steinzeit, das graue geschichtliche die Heimkehrenden den Daheimgebliebenen doch über so
Altertum und die Ausdruckskultur des Tastsinnes der manches die Augen. Auch die freien Künste haben ihre
Neger. Und unsere Glasmalerei versucht sich in noch Gebundenheit, und gerade der seinem innersten Zwange
älterer Richtung als die Reste der Augsburger Domfenster und Drange folgende Künstler ist der, der sogenannte
sie uns zu vermitteln vermögen. Nur die verantwortlichste Freiheiten nicht mißbraucht, prof. o. schulze-elberfeld.
 
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