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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 27.1916

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Cahén, Fritz Max: Zur dänischen Landhausarchitektur
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https://doi.org/10.11588/diglit.10023#0245

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INNEN-DEKORATION

217

ARCH. POUL BAUMANN »LANDHAUS IN HOLTE«

ZUR DÄNISCHEN LANDHAUS-ARCHITEKTUR

Der dänische Architekt ist dazu gezwungen, mit einem Diese Gebäude früherer Zeiten ähnelten stark den
beschränkten Material zu rechnen. Es fehlt dem friesisch-niedersächsischen Höfen und bemühten sich,
Lande, ähnlich wie großen Strecken Norddeutschlands, allen Raum, der für einen landwirtschaftlichen Großbe-
an natürlichem Stein, sodaß Flammstein, Backstein und trieb notwendig ist, unter einem einzigen weitzügigen
Holzkonstruktion roh und verputzt von jeher die Haupt- Dach zu vereinigen und zusammenzuschließen,
rolle in den Entwürfen seiner Architektur spielen. Ein Ihr äußeres Bild arbeitete also ganz ähnlich den Vor-
neues Baumaterial lieferte um die Mitte des vergangenen Schlägen der deutschen Stilneubeleber mit möglichst
Jahrhunderts der Aufschwung der heimischen Zement- klaren, die Zweckmäßigkeit der technischen Anlage ins
industrie. Da dieser ungefähr gleichzeitig mit der Ver- Licht rückenden Dach-, Giebel- und Wandflächen, wäh-
besserung des Verkehrs und der hierdurch gebotenen Er- rend das Relief der Hauptstuben, ganz parallel der eng-
höhung der Bautätigkeit im ganzen Lande einsetzte, schien lischen »Hall« durch das freiliegende Gebälk sein Haupt-
er dazu berufen, eine Umwälzung in der Geschichte der gepräge erhielt. So drängte hier die nationale Überliefe-
dänischen Architektur herbeizuführen. Aber diese Ent- rung zu einer Form, die einer Vereinigung deutscherund
wicklung vollzog sich zu rasch, als daß es hätte gelingen englischer Bauprinzipien fast gleichkommt; wie überhaupt
können, eine wirklich wertvolle Neubelebung des Stils die Kultur Dänemarks eine überaus seltsame Mischung
auf Grund der neuen Möglichkeiten herbeizuführen. Die von deutschen und englischen Zügen aufweist.
Anwendung des Zements hatte im Gegenteil sogar eine Letzten Endes ist ja aber die Form der englischen
Verschlechterung der allgemeinen Baulinie im Gefolge, »Hall« auch nichts anderes als eine Beleuchtung der tech-
da die Bevölkerung in dem neuen Material eher eine Art nischen Hilfsmittel und des mathematisch rationellen Baus.
Luxusartikel sah und seine Verwertung als »Zierat« Und so finden wir, daß sich in der dänischen Landhaus-
verlangte, was fast regelmäßig zu Stillosigkeiten schlimm- architektur von heute immer mehr die Erkenntnis aus-
ster Art führte. drückt, wie sehr der »Druck« der Gesimse und die
Natürlich mußte schließlich eine Reaktion des guten »Tragkraft« des Balkensystems erst das wahrhaft or-
Geschmackes hiergegen erfolgen, die ihren letzten An- ganische Leben eines Gebäudes ausmachen, indem sie
stoß durch die modernen Landhausbaubestrebungen in auf unser Bewußtsein um die Schwerkraft der Dinge
den Nachbarländern Deutschland und England erhielt. einwirken. Wie denn »das Gefühl der Wasserwage und
Bedeutsam hierfür war, daß die Tradition des alten des Perpendickels uns erst eigentlich zu Menschen macht«,
dänischen Gutshofes sowohl den neuen deutschen wie (Goethe). Ein Architekt wie Louis Hygom weiß, daß
den neuen englischen Gedankengängen entgegenkam, es, wenn erst einmal dieses Gefühl geweckt ist, ein
 
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