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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 27.1916

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Jaumann, Anton: Der Massstab im Wohnraum, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.10023#0250

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222 INNEN-DEKORATION

J. HOFFMANN
WIEN
»LUSTHAUS«

DER MASSSTAB IM WOHNRAUM

(Fortsetzung)

Sind in einem Raum die verfügbaren Schrankmöbel im Riesenblumen, man schwankt zwischen breiten Streifen
Verhältnis zu den Wandfeldern zu schmal, so sind und schmalen Streifen, nirgends ist System, nirgends die
Möbelgruppen zu bilden, oder durch seitlich angebrachte weise Sicherheit des Meisters zu erkennen. Der Maßstab
Bilder, Leisten usw. Verbreiterungen anzustreben. Tritt des Flachornaments wird gekennzeichnet durch die Fein-
die Gesamtfläche der Wand zu stark und ungegliedert heit der Zeichnung, die Maße der Einzelheiten, wie Blu-
hervor, dann werden die Einzelmöbel, Bilder und Geräte, men und Blätter, die Breite der Streifen, die Distanz der
unrettbar in ihr versinken. Der Maßstab der Wand wird Rapporte und durch die Größe der »Motive«. Was diese
dann auf die Möbel angewandt, und diese erscheinen pup- »Motive« anlangt, so sind hier unter dem allgemein üb-
pig, verkümmert; mit ihnen aber auch der Mensch. Man liehen Ausdruck jene Hauptglieder der ornamentalen
erlebt das regelmäßig, wenn Biedermeiermöbel ohne Komposition zu verstehen, deren wesentliche Teile mit
weiteres in unsere heutigen Räume gestellt werden. — einem Blick erfaßt werden können. Wenn ich den Blick
Für die Möbel gibt also teils die Wand den Maßstab, auf die Mitte des »Motivs« richte, kann ich also seine
vor der sie stehen, teils der Mensch, der sie benützt. Umrisse noch erkennen. Der Durchmesser, die Größe
Bei kleineren Geräten, bei Vasen, Geschirr und ähnlichen des Normalmotivs hängt ab: erstens von dem stets glei-
Dingen, wird man als Maßstab meist die menschliche chen Durchmesser des »gelben Flecks« in unserer Netz-
Hand, die diese Geräte handhabt, nehmen können. Für haut; weiter reicht die scharfe Auffassung bekanntlich
allen kleineren Schmuck gibt der Gegenstand, der den nicht — und zweitens vom Abstand unseres Auges von
Schmuck trägt, den Maßstab her, doch ist darauf zu der Bildfläche; dieser ist für jeden Gegenstand verschie-
achten, daß gerade der Schmuck oft die Aufgabe hat, den, je nachdem wir ihn aus der Nähe oder aus der Ferne
einen Ausgleich in den Maßstäben zu schaffen. Er kann zu beschauen pflegen. Wenn wir lesen, sind unsere Augen
seinen Träger verkleinern, verzierlichen, vermenschlichen, durchschnittlich 25 cm von der Schrift entfernt; das noch
er kann ihn aber auch größer und gröber erscheinen mit einem Blick überschaubare Wort kann etwa 2,5 cm
lassen. Besonders im großen Saal ist, wie schon ange- lang sein. Nehmen wir an, bei der Betrachtung der Ta-
deutet, solches Kleinzeug nötig; er vermenschlicht die pete ist die durch die Anlage des Zimmers bedingte
Riesendimensionen, es gibt einen Vergleichsmaßstab, den normale Augenentfernung 2,5 m. Dann wäre der Durch-
der Mensch noch zu überragen vermag. messer der größten Motive etwa 25 cm. Das stimmt
Besondere Aufmerksamkeit verdient der Maßstab des auch ungefähr mit den Maßen unserer großblumigen Ta-
Flachornaments im Raum. Man kann heute deutlich eine peten überein. Was über dieses Maß hinausgeht, erscheint
gewisse Unsicherheit in der Zeichnung der Teppiche, entweder als Gruppe, als Komposition — oder als unver-
Stoffe und Tapeten wahrnehmen. Miniaturmotiven folgen ständliche Vergrößerung. Doch ist für die Tapete auch
 
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