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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 27.1916

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Schwindt, Adolf Metus: Die Ausbildung unserer Kunstgewerbler
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https://doi.org/10.11588/diglit.10023#0397

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jeder doch ein fertiges Ergebnis seines Schaffens vor
sich und lernte seine Entwürfe von vornherein so zu ge-
stalten, wie es für die Ausführung zweckmäßig ist. Heute
leiden gerade die Tüchtigsten unter dem Zwang, jahre-
lang immer für die Schule, nie für das Leben, arbeiten
zu müssen und geben das Studium oft vorzeitig auf, nur,
um endlich wirkliche Arbeit unter die Hände zu be-
kommen, um endlich einmal etwas fertig vor sich zu sehen.

Diese Art der Arbeit, die es natürlich wünschenswert
erscheinen läßt, daß die Schule selbst oder der jeweilige
Fachlehrer als Unternehmer auftreten, müßte die Kunst-
gewerbeschule mit richtigen Werkstätten und Ateliers
versehen vorfinden, nicht mit den dürftigen Anhängseln,
die man heute mit diesem Namen bezeichnet. Es würde
dann von selbst eine reinliche Scheidung eintreten zwischen
den Schülern, die auf die Akademie gehören oder bloß
»kunstgewerblern«, weil es modern ist, und denen, die
eine ernsthafte Neigung und Anlage zu diesem Beruf mit-
bringen, garnicht zu reden von der unglücklichen Ver-
quickung der Ausbildung von Zeichenlehrern mit kunst-
gewerblichem Unterricht. Zeichenlehrer gehören zu-
nächst und vor allem an eine Bildungsstätte, die ihnen
eine gediegene geistige Bildung vermitteln kann. Es ist
da mit einer wöchentlichen Kunstgeschichte- und Päda-
gogikstunde nichts getan. Mit einer guten Allgemein-
bildung, Einführung in die Psychologie und gründlichen
Einfühlung in die Kunstgeschichte müßte die Ausbildung

der zeichnerischen Fähigkeiten Hand in Hand gehen,
wobei zu beachten wäre, daß der schlechtere Zeichner
sehr oft der weitaus bessere Lehrer sein kann. Diese
Trennung aber könnte nur zum Heil der Kunstgewerbe-
schulen sein. In diesen würde dann bei weitem nicht
mehr so viel schönes Papier nutzlos verdorben werden
und die handwerkliche Ertüchtigung stände nicht ledig-
lich in dem Jahresbericht. Dann endlich hätte das Wort Be-
rechtigung: Nonscholae,sedvitaediscimus. a.m.schwindt.

* * *

Was den Menschen umgibt, wirkt nicht allein auf
ihn, er wirkt auch wieder zurück auf selbiges,
und indem er sich modifizieren läßt, modifiziert er wieder
rings um sich her. So lassen Kleider und Hausrat eines
Mannes sicher auf dessen Charakter schließen. Die Natur
bildet den Menschen, er bildet sich um, und diese Um-
bildung ist doch wieder natürlich; er, der sich in die
große weite Welt gesetzt sieht, umzäunt, ummauert sich
eine kleine drein und staffiert sie aus nach seinem Bilde.

goethe.

* * *

BERICHTIGUNG. Der Neubau des »Frankfurter
General-Anzeigers«, von dem die Schalterhalle im
Septemberheft auf Seite 322 abgebildet wurde, ist von
den Architekten Ludwig Bernoully und Adolf Assmann
gemeinsam entworfen worden....... Schriftleitung.
 
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