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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 27.1916

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Organisation der Tat und des Geistes, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.10023#0463

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INNEN-DEKORATION

LEO HAUSLE1TER —MÜNCHEN. »BRAUNER KACHELOFEN«

ORGANISATION DER TAT UND DES GEISTES

(Schluß)

Auf der innerlichen Einheit, die aus natürlichen, see-
lischen Erregungen hervorwächst, beruht aber im wesent-
lichen der Erfolg. — Von alledem wesentlich verschieden
ist die deutsche Art. Das Überwiegen der innig mit ein-
ander verbundenen Gefühls- und Phantasietätigkeit über
die Verstandestätigkeit darf nicht mit der leichteren ro-
manischen Erregbarkeit des Gefühls und Willens ver-
wechselt werden. Denn diese Gefühls- und Phantasie-
tätigkeit ist keineswegs nur an triebhafte Reize gebunden.
Sie äußert sich vielmehr ihrem Wesen nach erst in den
eigentlichsten Gebieten der Vernunft. In ihr liegt daher
die Erklärung des ausgesprochen Persönlichen der Welt-
und Lebensauffassung des Deutschen. Denn im Gefühl
und in der Phantasie setzt die Persönlichkeit sich selbst
der Welt gegenüber. Sie umfaßt Geringes und Großes
mit gleicher Liebe. Sie findet zu jedem den geeigneten
Zugang, um entweder durch das Gefühl oder durch den
Verstand die Phantasie oder auch allein durch den Ver-
stand zu den Tiefen des Seins vorzudringen. Das ist der
Grund, weshalb der Deutsche allen Zweigen der Kunst
die gleiche Beachtung schenkt, weshalb eine Begrenzung
im Stofflichen der Darstellung ihm nur selten möglich
ist. Dieses ins Unbegrenzte Hinausschweifen, das so oft

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der Straffheit künstlerischer Formung verhängnisvoll wird,
umschließt schätzbare Gegenwerte. Denn in diesem
Triebe, alles zu erfassen, liegt der Schlüsse], nichts un-
gewertet zu lassen, wie gering es auch scheine.

Um die Fülle der Eindrücke zu erfassen und sich
ihrer zu erwehren, bedarf es der ordnenden Hand. So
werden vielfältige und reich verschlungene Beziehungen
von einem zum andern erwogen und in Rechnung gestellt.
Und mit Hilfe des grübelnden Verstandes wird ein Weg
gesucht, der, wiewohl er allen Dingen gerecht wird, den-
noch den Blicken des Schauenden eine zielstrebende
Ordnung erschließt. — Wie reich sind die Versuche und
die Lösungen der künstlerischen Fragen, die die deutsche
Malerei des 15. Jahrhunderts bringt, gegenüber der
zwingenden Folgerichtigkeit und der eindeutigen Klarheit
der italienischen Renaissance. Die Fragen, die damals
in Italien zur Erörterung standen, sie finden sich zum
großen Teil auch in Deutschland, so in der Kölner Maler-
schule, in Westfalen, in Süddeutschland. Nur sind sie
nicht allein auf die klare, verstandesgemäße Rechnung
gestellt. Sie sind mit einer um so reicheren Fülle lebendiger
Gefühls- und Ausdruckswerte verknüpft, um so verwir-
render sie dem ersten Eindruck nach erscheinen, g. e. l.

LEO HAUSLEITER — MÜNCHEN. »WEISSER MAJOLIKA-OFEN«
 
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