Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 37.1926

DOI Artikel:
Schiebelhuth, Hans: Persönliche Heimgestaltung: individuelle und typische Züge
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.10704#0054

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
30

INNEN-DEKORATION

nungen keine Talmi-Sachen zu finden. Wir kennen viel-
leicht eine Dame, die eine außergewöhnliche Hand
hat, und die an dieser Hand ganz erlesenen Ringschmuck
wie dazugehörig trägt; wir werden auch in ihrer Woh-
nung einem Reichtum an gewählten Schmuckdingen be-
gegnen. Eine besondere persönliche Note haben die
Heime von Personen, die schönen Liebhabereien und
lebendigen Sach-Leidenschaften ergeben sind. Dann
werden persönliche Unterschiede besonders deut-
lich. Heime, die geradezu »weltanschauliche Atmo-
sphäre« haben, sind gar nicht selten. Es gibt Räume, die
uns widerstandslos mit der fröhlichen Lebensbejahung
ihres Eigners erfüllen, da finden wir vielfach reizende
Dinge; — die Geschichte von dem selbstgeklebten Bild-
schirm im Schreibzimmer des großen Märchendichters
Hans Andersen ist ja allberühmt. . . Kurzum: Heime
wimmeln von persönlichen Zügen, wohin man nur sieht.

Prinzipiell gesprochen ist das Heim Persönlich-
keits-Ausdruck. Aber es ist dies nicht absolut!
Es lohnt sich, die Obwaltung zu sehen, innerhalb derer
die Differenzierung statthat, und die Kraft zu erkennen,
die der Spaltung und Scheidung der Einzelwesen unter-
einander entgegensteht und sie auffängt. Die Obwal-
tung ist einfacher Natur: sie liegt darin, daß eine
»Wohn-Sachlichkeit« anerkannt werden muß. So
wie es seit Anfang der Zeiten zum Kanon aller Architek-
tur gehört, daß ein Haus ein Dach habe, so selbstver-

ständlich bestehn auch die Modi der Wohn-Sachlichkeit,
die Allgemeingut der Gestaltung überhaupt sind, und
der Persönlichkeit bei der Einrichtung Rahmen, Skelett
und Umriß vorschreiben. Die Gegenkraft des »Diffe-
renzierungs-Willens« liegt im Menschen selbst; es ist die
eingeborne und bedingte Neigung, den »Typus« zu bil-
den und darzustellen. Sie ist in der Unmöglichkeit der
Allein-Existenz, in der metaphysischen Unsicherheit des
Individuums, als »absolutes Ich« oder Selbst von den
Andern durch eine Kluft getrennt leben zu können, be-
gründet. Sie äußert sich als ein Wille: sich Andern be-
wußt oder unbewußt anzuähneln, »artgleich« zu sein.

Wie die Menschen, so haben demgemäß auch die
Heime, neben den persönlichen, typische Züge. Dies
wird offensichtlich, wenn wir gelegentlich in illustrierten
Zeitungen die Bilder berühmter Persönlichkeiten in
ihrem Heim betrachten, und feststellen können, daß bei
aller persönlichen Note in jedem Fall das Heim der
Diva A. dieselben typischen Tendenzen aufweist wie
das Heim der Primadonna B., oder daß der Botschafter
in L. über typisch artgleiche Gesellschafts-Räume ver-
fügt wie der Gesandte eines anderen Landes in L. .
Es erübrigt sich fast zu sagen, daß bei gesundem, har-
monischem Verhalt der Dinge, wo sich in jedem Fall
»typische« und »persönliche« Gestaltung gleich-
mäßig nebeneinander entwickeln, die Zukunft der
Wohngesittung gesichert erscheint, hans schiebelhuth.
 
Annotationen