Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 37.1926
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https://doi.org/10.11588/diglit.10704#0355
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Wolff, Gustav: Wandel der Bautypen: Kollektiv- und Individual-Schöpfung
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INNEN-DEKORATION 331
ARCHITEKT GEORG ADLMÜLLER-LAUFEN OBERE DIELE. LANDHAUS A. M.-ST. QUIRIN
WANDEL DER BAUTYPEN
KOLLEKTIV- UND IND1VIDUAL-SCHÖPFUNG
Man ist geneigt, alles, was durch allgemeine An- Möglichkeiten, desto mehr entfernen sich von der frühen
erkennung und Anwendung die Eigenschaften des Ursprungs-Form die einzelnen Werke, die von ver-
»Typus« gewonnen hat, als »Kollektiv-Schöpfung« schiedenen Kräften mit verschiedenen Mitteln geschaffen
anzusehen. . Als solche Kollektiv-Schöpfungen gelten werden, desto auffälliger verlieren sie die sichtbare -
uns auch die alten Bautypen, zu denen sich der Begriff Abhängigkeit von ihr; schließlich verlassen sie den
des Bürger- und Bauernhauses, des Rathauses und Rahmen der typischen Gestaltung ganz und treten in das
Schlosses, des Klosters und der Kirche wechselnd ver- engere Gebiet des »Individuellen« ein, sind — oder
dichtet hat. Diese Typen »wuchsen«, als Auslese der scheinen ausgesprochene »Individual-Schöpf ungen«.
Tüchtigsten, im Kampf ums Dasein . . Ein Stammtyp *
wie der des Bauernhauses entwickelte sich organisch, Aber diese Abartung des Individuellen vom Typischen
seinen Schöpfern mehr unbewußt als bewußt. Er war findet schließlich auch ihre Grenze. Die lebenskräftigste
wie ein Gefäß, in dem sich tausendfache Erfahrungen Abartung vom Typischen wird selbst wieder zum »neuen
ansammelten, ihn langsam ausbildend, weiterbildend, Typus«. . Verharren hierbei Werkstoff und Werkzeug
nötigenfalls auch umbildend. Der Stammtyp fand seine in einer gewissen Stetigkeit, so sind nach Ablauf einer
Abarten: Abarten des Umfangs, der Wohlhabenheit, des naturgemäßen Entwicklung schließlich die in ihrem Rah-
Werkstoffs, der Nebenzwecke, der klimatischen, der men gegebenen Gestaltungs-Möglichkeiten so weit auf-
ständischen und der stammesartlichen Besonderungen. gefunden und erschöpft, daß selbst gesteigerte Kenntnisse
* und hochgespornte Ansprüche die zuletzt gefundene Werk-
Jc mehr »Nebenzwecke« aber sich dem Hauptzweck form nicht weiter entwickeln, nicht mehr verbessern können,
eines Werkes anschließen, je mehr Teile das Werk um- Es ist einfach das »Bestmögliche« geleistet, nichts Voll-
faßt und auf je mehr Stufen der Erkenntnis sich die ver- kommenes, denn alle Menschenwerke sind ja unvollkom-
schiedenen Angehörigen eines Volkes verteilen, desto men, aber die Vollendung eines Typus, sein »Optimum« ;
mehr verzweigen sich die verschiedenartigen Gestaltungs- man möchte sagen: es ist ein »Gipfel-Typus« e/reicht.
ARCHITEKT GEORG ADLMÜLLER-LAUFEN OBERE DIELE. LANDHAUS A. M.-ST. QUIRIN
WANDEL DER BAUTYPEN
KOLLEKTIV- UND IND1VIDUAL-SCHÖPFUNG
Man ist geneigt, alles, was durch allgemeine An- Möglichkeiten, desto mehr entfernen sich von der frühen
erkennung und Anwendung die Eigenschaften des Ursprungs-Form die einzelnen Werke, die von ver-
»Typus« gewonnen hat, als »Kollektiv-Schöpfung« schiedenen Kräften mit verschiedenen Mitteln geschaffen
anzusehen. . Als solche Kollektiv-Schöpfungen gelten werden, desto auffälliger verlieren sie die sichtbare -
uns auch die alten Bautypen, zu denen sich der Begriff Abhängigkeit von ihr; schließlich verlassen sie den
des Bürger- und Bauernhauses, des Rathauses und Rahmen der typischen Gestaltung ganz und treten in das
Schlosses, des Klosters und der Kirche wechselnd ver- engere Gebiet des »Individuellen« ein, sind — oder
dichtet hat. Diese Typen »wuchsen«, als Auslese der scheinen ausgesprochene »Individual-Schöpf ungen«.
Tüchtigsten, im Kampf ums Dasein . . Ein Stammtyp *
wie der des Bauernhauses entwickelte sich organisch, Aber diese Abartung des Individuellen vom Typischen
seinen Schöpfern mehr unbewußt als bewußt. Er war findet schließlich auch ihre Grenze. Die lebenskräftigste
wie ein Gefäß, in dem sich tausendfache Erfahrungen Abartung vom Typischen wird selbst wieder zum »neuen
ansammelten, ihn langsam ausbildend, weiterbildend, Typus«. . Verharren hierbei Werkstoff und Werkzeug
nötigenfalls auch umbildend. Der Stammtyp fand seine in einer gewissen Stetigkeit, so sind nach Ablauf einer
Abarten: Abarten des Umfangs, der Wohlhabenheit, des naturgemäßen Entwicklung schließlich die in ihrem Rah-
Werkstoffs, der Nebenzwecke, der klimatischen, der men gegebenen Gestaltungs-Möglichkeiten so weit auf-
ständischen und der stammesartlichen Besonderungen. gefunden und erschöpft, daß selbst gesteigerte Kenntnisse
* und hochgespornte Ansprüche die zuletzt gefundene Werk-
Jc mehr »Nebenzwecke« aber sich dem Hauptzweck form nicht weiter entwickeln, nicht mehr verbessern können,
eines Werkes anschließen, je mehr Teile das Werk um- Es ist einfach das »Bestmögliche« geleistet, nichts Voll-
faßt und auf je mehr Stufen der Erkenntnis sich die ver- kommenes, denn alle Menschenwerke sind ja unvollkom-
schiedenen Angehörigen eines Volkes verteilen, desto men, aber die Vollendung eines Typus, sein »Optimum« ;
mehr verzweigen sich die verschiedenartigen Gestaltungs- man möchte sagen: es ist ein »Gipfel-Typus« e/reicht.