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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 28.1912-1913

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Gebhardt, Dr. Karl: Die Ausstellung klassischer französischer Malerei des 19. Jahrhunderts im Frankfurter Kunstverein
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Von Ausstellungen - Personalnachrichten
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J VON AUSSTELLUNGEN

j Fantin-Latour, der große Meister des Stillebens, Akkorde hervorzaubernde Kunst dieses Meisters und

> Monticelli , der in juwelenhaftem Farbenprunk wundervoll lebenskräftige, farbenkräftige Stilleben,

[ seine romantischen Parkbilder dichtet, Guys, der feinste Figurenbilder, darunter die von edelster Ritter-

! feine Schilderer mondänen Lebens. lichkeit erfüllte „Promenade" der Sammlung Köhler,

| Die andere Tendenz französischer Kunst geht schließen sich an. Sisley und Pissarro schildern

I vom Leben der Natur, vom Naturgefühl aus. Die die Natur in ihrer schönsten Schönheit, in ihrem

j Schule von Barbizon, auf der Ausstellung mit her- feinsten Dufte. Dann Degas. Er ist mit seinem

) vorragenden Werken vertreten, bezeichnet die erste Hauptwerke vertreten, der „Place de la Concorde"

) Etappe dieser Entwicklung. Corot hat diese tiefe der Sammlung Gerstenberg. Dieses Werk gehört zum

I Einheit alles Naturseins empfunden, diesen zarten Vollendetsten, was neuere Kunst geschaffen. Es hat

) Duft, in dem alle Dinge leben und atmen, und er eine geradezu geheimnisvolle Vollendung, man ver-

I hat es vermocht, in seinen „Straußbindenden Kin- mag nicht zu sagen, was eigentlich schön daran ist,

J dern" namentlich den Menschen als Naturwesen in was so wundersam ergreift. Es ist geheimnisvoll,

i diese Natur hineinzustellen. Dramatischer, bewegter unreduzierbar für den Verstand, wie das Leben

j folgt ihm Daubigny in zwei Hauptwerken, der selbst. Eine Anzahl Degasscher Pastelle in ihrem

) „Abendlandschaft" 'Sammlung H. Lehmann-Frank- Farbenschmelz, schimmernd wie Schmetterlings-

) fürt) und dem „Schäfer im Mondlicht". Immer mehr flügel, umgibt dieses Bild.

) und mehr verfeinert sich die Fähigkeit, die Natur Seurat und Cross, Vuillard, Bonnard und

) weich, malerisch, in ihrem atmosphärischen Leben Roussel, dann Toulouse-Lautrec und Gauguin

) wiederzugeben, und in seinem „Blick auf Antwerpen" schließen sich an, das Ausleben des Impressionis-

( kommt Boudin, der Lehrer Monets, schon nah an mus nach verschiedenen Richtungen hin verkör- t

% den Impressionismus heran. pernd. «

( Dann kommt die entscheidende Wendung durch Der letzte in dieser Kette großer französischer V

5 CouRBET,den die Ausstellung mit vier Hauptwerken Tradition ist Cezanne. Ein frühes Bild „Akte" zeigt, «

( („Woge", Sammlung Dr. Blank-Hofheim, „Akt", wie er aus einer Romantik der Farbe im Daumier- y

) SammlungKöhler-Berlin,„DieRinger"und„Schweine- sehen Sinne hervorgegangen ist. Dann kommen y

) hirtin")undeinerAnzahlbedeutenderkleinererWerke, zwei Landschaften, in denen der paysage intime der P

) namentlich den „Trauben" der Sammlung Duret- Fontainebleauer, der Impressionisten überwunden, {,

) Paris, in seiner umfassenden Größe darzustellen ver- in denen eine neue, eine heroische Landschaft ge-

\ mag. Seine ungeheure Vitalität bildet diese gewal- schaffen ist. Und in den zwei Frauengestalten der f

i tigen Landschaften, die verhaltener Leidenschaft voll Ausstellung ist etwas gebildet, das die Ewigkeit \

I sind, bildet diese gewaltigen Menschen, in denen griechischer Karyatiden ahnen läßt. Das Letzte, >

^ ein volles, starkes Leben pulsiert. Und nun gibt Höchste aber hat Cezanne im Werk seines Alters }!

/ Manet, an alter Malkultur sich schulend, dem mo- gegeben, in der „Frau mit dem Rosenkranz". Da- y

3 dernen Lebensgefühl die neue, eigene Sprache. Das raus spricht eine Tiefe, eine Einfachheit, die nur C

) (bisher völlig unbekannte) Porträt seiner Frau, das dem Genie möglich ist; hier sind letzte Geheim- f

J zum schönsten Besitz der Sammlung Gerstenberg nisse des Seins uns enthüllt, nicht anders als bei (,

J gehört, ist ganz Leben, ganz Lebendigkeit, dabei in dem späten, dem greisen Rembrandt.

J dem üppigen Pflanzengerank des Hintergrundes von Die tragische Wendung in der französischen Kunst )

* einer wundervollen, blühenden und glühenden Farbig- vollzieht sich, wie van Gogh in ihren Kreis tritt, {■

I keit. Daneben treten die Pfirsiche der Sammlung der Germane in diese germanisch-romanische Welt. I

C Ullmann-Frankfurt in ihrer noch nie von der Kunst Diese Kunst des stärksten Ausdrucks, in dem Wun- J

( erreichten Naturnähe, tritt der „Bar aux Folies-ber- derwerke des Städelschen Institutes, dem Dr. Gachet, y

) gere", sein berühmtes Spätwerk in der großen ergreifend dargestellt, zerbricht die Form, die alte (

) Einheit mannigfaltigenLebens. In dem vierten Werke Kultur gebildet. Das Schicksal der französischen f

J der Ausstellung aber, in dem Porträt der Rositta Kunst ist entschieden. Van Gogh vollendet sie, so {

) Mauri, verzichtet Manet auf alle Farbe, formt er mit wie Michelangelo die Renaissance vollendet — in- i

\ einem Minimum von Mitteln, einem bißchen Braun, dem er sie vernichtet. )

j\ einem bißchen Grau und dieses Porträt wirkt in i

( seiner vollkommenen Schlichtheit, seiner absoluten \

i Zurückhaltung wie eine große Offenbarung und VON AUSSTELLUNGEN t

l durch diese Schöpfung letzter, verfeinertster Kunst V

3 hindurch glaubt man die Seele eines großen Men- DERLIN. Langsam, zögernd, später als sonst be- (

) sehen zu sehen. ginnt die Wintersaison der Berliner Kunstaus- (

J Um Manet gruppiert sich der Kreis der großen Stellungen. Die Secession schließt ihre Tore, noch (

j Impressionisten, die mit den edelsten Resultaten ehe es an anderen Stellen recht lebendig geworden f

J ihrer Kunst in dieser Ausstellung vertreten sind. ist. Man wird kaum Grund haben, mit den Er- J

i) Monets Schaffen beginnt mit der frühen „Marine" folgen des Sommers zufrieden gewesen zu sein. (

< im Kreise Courbets, nähert sich in der „Mühle" Die Ausstellung war keine von denen, die nach )

n der Klassizität der großen Holländer, läßt sich in Befriedigung der ersten Neugierde dauernd das J

i der „Frau im Garten" der Sammlung J. Stern- Publikum zu fesseln und heranzuziehen geeignet )

') Berlin und dem „Blumenbeet" der Sammlung Baron gewesen. Man sollte sich besinnen und plan- v

j| Herzog-Budapest von der sanften Lieblichkeit idylli- mäßig für das kommende Jahr sorgen, schon jetzt (

3 scher Natur zu zarten Farbgedichten begeistern, um vorbauen, um das nächste Mal besser gerüstet zu (
J schließlich in den grandiosen „Booten am Strand" sein. Inzwischen sollten die kleinen Ausstellungen (
J eine leidenschaftliche Ausdruckskraft des Pinsel- des Winters das Material zeigen, das zur Verfügung {
<\ zugs zu erreichen, über die hinaus nur noch van ist. Aber noch bleibt es still. Im Kunstsalon (
J Gogh dringen konnte. Renoirs „Kinder am Piano" Cassirer wird umgebaut, ein großer Oberlichtsaal )
fl zeigen die ganze weiche, sinnlich-zärtliche Natur, soll entstehen, und hoffentlich bringt der Winter «j

4 die ganze, aus banalsten Farben merkwürdigste auch die großen Werke, die ihn füllen. Auch bei 1

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