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Selle, Carl Friedrich: Richard Pietzsch
DOI Seite / Zitierlink:https://doi.org/10.11588/diglit.13091#0345
aus, unter abziehendem Sommergewitter — Spät- künstlerischen Landschaftsform gegeben, über
herbst im Isartal, war alles, was einem sonst das ich mir noch nie so klar gewesen bin:
wichtige kritische Witterung gibt: das ganze Abgesehen davon, daß er ein Deutscher ist
technische Training der Jungmünchner, die und ich einer, daß wir uns darin also beson-
raffinierte Nervendressur der besten Impressio- ders leicht fanden, weil Pietzsch so eminent
nisten nur vornehm verarbeitetes Mittel zu deutsch die Landschaft sieht, wie neben ihm
einem großen schöpferischen Zwecke. Die nur noch Kalckreuth und Volkmann — abge-
Kunst hatte hier zu einer Höhe gewollt und sehen davon erkannte ich plötzlich warum
hatte sie auch erreicht: Die deutsche Hoch- die süddeutsche Landschaft monumental ist:
landschaft im bunten Ringe des Jahres zu be- sie erwächst in Höhen und Tälern, in Nähe
greifen, zu umschließen; der Künstler der Farbe und Ferne so schlicht und klar, so gar nicht
hatte malerisch instinktiv dabei die Schwarz- maßlos: ganz im klassischen Maß der großen
Weiß-Kunst des Winters umgangen und doch den künstlerischen Mitte zwischen dem Verklei-
Jahresring geschlossen. Aus Farbe und Form nernden und Verflachenden, der Niederungen
wuchs Naturstimmung und Naturwahrhe'it und dem Erregenden, der Endlosigkeit der
zu monumentalen Werken. Meere, der Maßlosigkeit des Hochgebirgs. Sie
Der aus Italien Zurückgekehrte hatte sich ist ästhetisch zu ermessen und Pietzsch hat
mit einer Inbrunst in die deutsche Landschaft sie ermessen.
versenkt, daß ich mir zu allererst über dies Wie nun hatte das Genial-Schöpferische in
Motivische im Eindruck Klarheit suchte, daß ihm daraus die Werke gewirkt. Pietzsch ver-
ich das fand, was der Kritiker so selten findet: einigte in jedem Werk die Maße in harmo-
Kontemplation. Der Künstler hat mir da mit nischen Proportionen, in denen er nun seinen
einem Schlage das Gesetz der vollendeten Landschaftsblick aufbaute — farbig aufmauerte
RICHARD PIETZSCH VORFRÜHLING IM ISARTAL >
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herbst im Isartal, war alles, was einem sonst das ich mir noch nie so klar gewesen bin:
wichtige kritische Witterung gibt: das ganze Abgesehen davon, daß er ein Deutscher ist
technische Training der Jungmünchner, die und ich einer, daß wir uns darin also beson-
raffinierte Nervendressur der besten Impressio- ders leicht fanden, weil Pietzsch so eminent
nisten nur vornehm verarbeitetes Mittel zu deutsch die Landschaft sieht, wie neben ihm
einem großen schöpferischen Zwecke. Die nur noch Kalckreuth und Volkmann — abge-
Kunst hatte hier zu einer Höhe gewollt und sehen davon erkannte ich plötzlich warum
hatte sie auch erreicht: Die deutsche Hoch- die süddeutsche Landschaft monumental ist:
landschaft im bunten Ringe des Jahres zu be- sie erwächst in Höhen und Tälern, in Nähe
greifen, zu umschließen; der Künstler der Farbe und Ferne so schlicht und klar, so gar nicht
hatte malerisch instinktiv dabei die Schwarz- maßlos: ganz im klassischen Maß der großen
Weiß-Kunst des Winters umgangen und doch den künstlerischen Mitte zwischen dem Verklei-
Jahresring geschlossen. Aus Farbe und Form nernden und Verflachenden, der Niederungen
wuchs Naturstimmung und Naturwahrhe'it und dem Erregenden, der Endlosigkeit der
zu monumentalen Werken. Meere, der Maßlosigkeit des Hochgebirgs. Sie
Der aus Italien Zurückgekehrte hatte sich ist ästhetisch zu ermessen und Pietzsch hat
mit einer Inbrunst in die deutsche Landschaft sie ermessen.
versenkt, daß ich mir zu allererst über dies Wie nun hatte das Genial-Schöpferische in
Motivische im Eindruck Klarheit suchte, daß ihm daraus die Werke gewirkt. Pietzsch ver-
ich das fand, was der Kritiker so selten findet: einigte in jedem Werk die Maße in harmo-
Kontemplation. Der Künstler hat mir da mit nischen Proportionen, in denen er nun seinen
einem Schlage das Gesetz der vollendeten Landschaftsblick aufbaute — farbig aufmauerte
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