8 Kunstninliothek
Staatliche Museen
ru Berlin
ZWANZIG JAHRE MÜNCHNER SECESSION ]
fortschrittlichen Jury begründet. Die erste Jahres-
ausstellung war ein großer Erfolg. Nach Schluß
derselben waren schon die Differenzen da; die
strenge Jury, wie sie geboten war, hatte viele Un-
zufriedene auf den Plan gerufen, denen sich auch
sehr viele Nichtaussteller zugesellten. Die Mehr-
zahl der Genossenschaftsmitglieder war also mit
! der Jurytätigkeit nicht einverstanden, auch die Vor-
l standschaft nicht, deren Präsident und Schriftführer
I einen Ehrensold bezogen und der Majorität gegen-
I über sich verpflichtet fühlten. Für die zweite Jahres-
I ausstellung (1889) kam eine Jury mehr im Sinne des
| Vorstandes ans Ruder, doch wenn sie ihres Amtes
richtig walten wollte, mußte auch sie gar manchen
kränken. Dann waren zum ersten Male die Schotten
v aufgetreten, die auf viele den unangenehmsten
Eindruck machten. Alles wurde daher aufgeboten,
1 das Ausland für die Jahresausstellungen auszuschal-
) ten, ohne zu bedenken, wie notwendig der Münchner
) Kunst gerade damals die Anregung und Förderung
I durch hervorragende Werke des Auslandes war;
denn München war bis 1888 rückständig geblieben
und hatte dadurch mehr und mehr die Beziehungen
zum ausländischen Kunsthandel verloren. Diejahres-
I ausstellungen schafften den Münchner Künstlern,
I die nicht stehen geblieben waren, in Deutschland
l Freunde und Gönner ihrer Kunst und machten sie
| vom Kunsthandel unabhängig; auch der englisch-
I amerikanische Kunstmarkt, der längst ganz andere
' Wege (Kultivierung der Barbizon - Schule, des
Pleinair und der alten Meister) einzuschlagen anfing,
konnte durch solche internationale Kunstausstellun-
gen für München wiedergewonnen werden. Ein-
I flußreiche Gegner der Ausstellungen waren auch
| die Kunsthändler Münchens, denen die neuen Rich-
I tungen keine Garantie für Gewinn boten und die
I die von ihnen abhängigen Künstler zum Widerstand
| gegen dieselben animierten. Die kritischste Jahres-
[ ausstellung war die des Jahres 1891. Es sollte sich
in diesem Jahre erweisen, ob München die Kraft
habe, die Konkurrenz mit Berlin siegreich, jeden-
falls doch ohne Niederlage in künstlerischer oder
finanzieller Beziehung zu bestehen. Das lebhafteste
| Interesse an Allerhöchster Stelle knüpfte sich ge-
I rade an diese Ausstellung, das Prestige Münchens
) stand auf dem Spiele; auch die Kgl. Staatsregierung
hatte, wenn erforderlich, ganz besondere Leistungen
in Aussicht gestellt. Die Jury war in der Haupt-
sache eine sehr fortschrittlich gesinnte, mit Pro-
I fessor F. von Uhde an der Spitze. Die 1891 er Aus-
j Stellung war für jeden Kunstverständigen, der den
Glaspalast betrat, von überraschend großer inter-
| nationaler Bedeutung. Selbst von berühmten Ber- g
| liner Sachverständigen wurde ihre Ueberlegenheit
I über die Berliner Ausstellung anerkannt. Die Jury
| glaubte zu fühlen, daß dem Erfolg der Ausstellung medea vor dem kindermord Neapel
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Staatliche Museen
ru Berlin
ZWANZIG JAHRE MÜNCHNER SECESSION ]
fortschrittlichen Jury begründet. Die erste Jahres-
ausstellung war ein großer Erfolg. Nach Schluß
derselben waren schon die Differenzen da; die
strenge Jury, wie sie geboten war, hatte viele Un-
zufriedene auf den Plan gerufen, denen sich auch
sehr viele Nichtaussteller zugesellten. Die Mehr-
zahl der Genossenschaftsmitglieder war also mit
! der Jurytätigkeit nicht einverstanden, auch die Vor-
l standschaft nicht, deren Präsident und Schriftführer
I einen Ehrensold bezogen und der Majorität gegen-
I über sich verpflichtet fühlten. Für die zweite Jahres-
I ausstellung (1889) kam eine Jury mehr im Sinne des
| Vorstandes ans Ruder, doch wenn sie ihres Amtes
richtig walten wollte, mußte auch sie gar manchen
kränken. Dann waren zum ersten Male die Schotten
v aufgetreten, die auf viele den unangenehmsten
Eindruck machten. Alles wurde daher aufgeboten,
1 das Ausland für die Jahresausstellungen auszuschal-
) ten, ohne zu bedenken, wie notwendig der Münchner
) Kunst gerade damals die Anregung und Förderung
I durch hervorragende Werke des Auslandes war;
denn München war bis 1888 rückständig geblieben
und hatte dadurch mehr und mehr die Beziehungen
zum ausländischen Kunsthandel verloren. Diejahres-
I ausstellungen schafften den Münchner Künstlern,
I die nicht stehen geblieben waren, in Deutschland
l Freunde und Gönner ihrer Kunst und machten sie
| vom Kunsthandel unabhängig; auch der englisch-
I amerikanische Kunstmarkt, der längst ganz andere
' Wege (Kultivierung der Barbizon - Schule, des
Pleinair und der alten Meister) einzuschlagen anfing,
konnte durch solche internationale Kunstausstellun-
gen für München wiedergewonnen werden. Ein-
I flußreiche Gegner der Ausstellungen waren auch
| die Kunsthändler Münchens, denen die neuen Rich-
I tungen keine Garantie für Gewinn boten und die
I die von ihnen abhängigen Künstler zum Widerstand
| gegen dieselben animierten. Die kritischste Jahres-
[ ausstellung war die des Jahres 1891. Es sollte sich
in diesem Jahre erweisen, ob München die Kraft
habe, die Konkurrenz mit Berlin siegreich, jeden-
falls doch ohne Niederlage in künstlerischer oder
finanzieller Beziehung zu bestehen. Das lebhafteste
| Interesse an Allerhöchster Stelle knüpfte sich ge-
I rade an diese Ausstellung, das Prestige Münchens
) stand auf dem Spiele; auch die Kgl. Staatsregierung
hatte, wenn erforderlich, ganz besondere Leistungen
in Aussicht gestellt. Die Jury war in der Haupt-
sache eine sehr fortschrittlich gesinnte, mit Pro-
I fessor F. von Uhde an der Spitze. Die 1891 er Aus-
j Stellung war für jeden Kunstverständigen, der den
Glaspalast betrat, von überraschend großer inter-
| nationaler Bedeutung. Selbst von berühmten Ber- g
| liner Sachverständigen wurde ihre Ueberlegenheit
I über die Berliner Ausstellung anerkannt. Die Jury
| glaubte zu fühlen, daß dem Erfolg der Ausstellung medea vor dem kindermord Neapel
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