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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 28.1912-1913

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Michel, Wilhelm: Lucien Simon
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https://doi.org/10.11588/diglit.13091#0406

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1902 ist es eine ununterbrochene Kette starker, fast von einem neuen dekorativen Zuge sprechen,
charaktervoller Schöpfungen, als deren be- der bei ihm auftaucht und sich in einer ihm
deutendste zu nennen sind: „Prozession von bisher unbekannten Vorliebe für klangvolle,
Pronoan" 1894, „Circus" 1898, „Kämpfe in verschlungene Rhythmen ausspricht. So zahlt
der Bretagne" 1899, „Cabaret au pied d'un auch er, der Realist, schließlich dem sub-
menhir" 1900, „Wahrsagerin" 1901. Anfangs jektiv-idealistischen Zuge der Zeit seinen
ist die Temperamentsnote in diesen Bildern Tribut: von einer Italienreise her hinterlassen
durchgehends ernst und schwer; charakteristisch ihm Ghirlandajos Fresken zu Florenz den
dafür sind jene Bildnisse von alten Leuten stärksten Eindruck und die schönste Erinnerung,
in ernsten, strengen Gewändern, inmitten einer So mag seiner Kunst schließlich noch eine
freudlosen Häuslichkeit, in der sie ihre trau- Wendung beschert sein, die dem Bilde des
rige, einsame Existenz hinbringen. Unter dem Künstlers nicht unwesentliche neue Züge hin-
Einflusse des Pleinair erfuhr auch Simons zufügen könnte. In der Geschichte der neueren
Palette ihre Aufhellung. In den neueren Ge- französischen Malerei wird er jedenfalls als
mälden „Kartoffelernte", „Stumme Messe", eine charaktervolle und mannhafte Erscheinung
„Frauen in der Kirche", „Menhir", „Fischer fortleben,
am Strand" sind die Gesichter mehr „ge-
schrieben", bedeutender erfaßt, reicher an Aus- Ein Kunstwerk ist unter allen Umständen
druck, die Form wesentlich fester und ent- eine Sache, die Vergnügen machen, Genuß
schiedener. Seine Kinder malt er nicht mehr bereiten, in irgend einer Weise den Beschauer
als Einzelporträts wie früher, sondern in allen über das Misere des Alltäglichen weg und in
Zuständen und Bewegungen. Ja, man könnte Stimmung versetzen soll. stauffer-bern

LUCIEN SIMON ZEREMONIE IN ASSISI )

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