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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 28.1912-1913

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Hellwag, Fritz: Wie ein plastisches Bildwerk entsteht
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https://doi.org/10.11588/diglit.13091#0502

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J in einem gewissen Stadium der Gußvorbe- diese sehr prekäre Arbeit muß er selbst aus-

j reitungen noch einmal künstlerisch handelnd führen, und darf sie nicht, wie es leider oft ,

J einzugreifen, was beim Sandguß nicht mög- geschieht, gedankenlos den subalternen Hilfs- (

D lieh wäre. Betrachten wir einmal die Unter- kräften überlassen. i

3 schiede der beiden Verfahren. Ist nun das Wachspositiv korrigiert, so wird |

/ Beim Sandguß, oder, besser gesagt, beim Guß seine Oberfläche mit Gips erst vorsichtig be- I

'( in eine Sandform, bettet man die Plastik, das pinselt und dann mantelartig dick mit ihm über- <

( heißt den Gipsabguß, zur Hälfte in einen mit gössen. Die jetzt verborgene und nur durch die

j Sand gefüllten Kasten, so daß nur seine obere Gußröhren erreichbare Wachsschicht wird beim

) Hälfte frei herausragt. Dann drückt man, erst Guß durch das flüssige Metall ganz ausgeschmol-

) an eine Stelle des Modelles, Sand an und klopft zen und ersetzt, bildet also die spätere Denk- i

) ihn mit einem Hämmerchen zu einer festen, malsstärke. Die vom Künstler bei der Korrektur j

) der Form sich glatt anschmiegenden Schicht, geleistete Arbeit wäre „verloren" und müßte

j Darauf verfährt man mit einer benachbarten bei etwaigem Mißlingen des Gusses auf glei- (

[ Stelle des Modells in gleicher Weise, bis die chem Wege noch einmal getan werden; aber: (

ganze Hälfte des Positivs mit einer, dessen wohl dem Künstler, der diese freilich recht j

( Form negativ bergenden Sandschicht bedeckt mühsame Wachsarbeit zu leisten vermag, sich ]

) ist, die zwecks festen Zusammenhaltes mit ihr willig unterzieht und seine Plastik nicht

) einer erkaltenden Gipsschicht hintergossen und passiv erst dann aus den Händen des Gießers

i dann an ihr haftend vom Modell abgenommen entgegennimmt, wenn an ihr nichts mehr zu j

) wird. Mit dessen anderer Hälfte verfährt man verbessern, oder — zu verderben ist! Gelang |

I in ganz gleicher Weise und erhält somit jetzt der Guß, so wird der Künstler die hohe Freude (

[ in zwei Hälften ein vollständiges Negativ, das, erleben, auf dessen Oberfläche die intimsten I

j für sich allein zusammengesetzt, in seiner in- Spuren seiner auf der Wachsschicht geleisteten

. neren Hohlform ein ganz genaues Abbild des künstlerischen Handarbeit wiederzufinden. Sein

Originalmodells birgt, nur eben negativ. Aber Interesse für die eigene Schöpfung wird ihn

) man kann diese negative Hohlform nicht massiv auch davor bewahren, die gegossene Bronze

) ausgießen, denn Bronze ist teuer und der Ab- von fremden und nicht von seinen eigenen Hän-

) guß würde auch, zumal bei großen Denkmälern, den ziselieren zu lassen, oder gar zu erlauben,

) viel zu schwer werden. Somit ist man also daß sie in der von den Kitschbronzehändlern |

) genötigt, die negative Sandform noch einmal beliebten sündhaften Weise mit Säuren be- (

' positiv mit Sand zu formen. Dies Sandpositiv schmiert werde, um die sogenannte „künst- I

I wird wieder aus dem Sandnegativ herausge- liehe Patina" zu erzeugen. Er weiß, daß diese

« nommen, worauf man von ihm an allen Stel- künstliche Patina nur ein grobes Blendwerk 1

( len eine mehrere Millimeter starke Schicht ab- ist und die Bildung der wirklichen Patina —

) schneidet: das ist der künftig zwischen Positiv die nur durch die Einwirkung von Zeit und .

( und Negativ verbleibende Luftraum, der schließ- Luft gebildet wird, aber nicht etwa eine Be- |

) lieh mit flüssigem Metall ausgegossen wird, deckung, sondern eine Veränderung der Ober- |

) BeimWachsausschmelzverfahren,kurzWrac/;s- fläche darstellt — für immer verhindern würde ! I

[ 8uß genannt, wird das erste Negativ nicht aus Ich bin mir wohl bewußt, daß eine Be- 1

' Sand, sondern aus Gelatine gemacht, das kap- Schreibung des Werdegangs einer Plastik mit 1

( penartig vom Original abgezogen werden kann Worten niemals die lebendige Anschauung er-

j und mit einer Wachsschicht innen ausgepinselt setzen kann. Deshalb möchte ich jedem, der

( und dann mit Gips ausgegossen wird, der, als die Gelegenheit dazu hat, dringend raten, ein-

J Positiv herausgenommen, die Wachsschicht auf mal dem Künstler selbst bei seiner Arbeit zu-

) sich trägt. Diese Wachsschicht nun ist es, die zuschauen oder der grandiosen Feierlichkeit ,

) vom Künstler beliebig nachgearbeitet und sogar eines Bronzegusses beizuwohnen.

) ergänzt werden kann. Es ist klar, daß bei der _

oben geschilderten Abformerei beider Systeme r.n.„™„ ~„MCT

viele Feinheiten verloren gehen müssen. Wenn uEÜANKhN UBtH KU Ivb l

es auf sie nicht so sehr ankommt, oder sie ,,..Das Publikum ist, wie ein Bettler an kleine

l__. ...... , ' , _ . Münze gewohnt und erschrickt, wenn der üentus

schon ursprunglich im mehr monumentalen On- eine gr0^e Mänze nerausholt. EJ, mhnel

) gmal nicht vorhanden waren, so wähle man die Die Kunst der Malerei ist vieUeicht indiskreter

) Sandform, die überdies dem glühenden Metall als irgend eine andere. Sie ist das unanfechtbare

) beim Guß besser widersteht. Wenn aber die Zeugnis des geistigen Zustandes des Malers im Augen-

) Details wichtig sind, so muß das Wachsver- blick> wo er den pinsel hält- Ea^ne f™""""'"

\ fahren angewendet werden und der Künstler Das Malen allein macht es nicht aus: ein bedeu-

) ~,..n j„v. • u j i j j j • •« tender Mensch muß hinter dem Maler stehen,

l muli dabei handelnd und erneuernd eingreifen; r Aiolf Bayersäorfer

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