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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 28.1912-1913

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Neue Kunstliteratur
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https://doi.org/10.11588/diglit.13091#0577

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zahlreichen Selbstporträts eingereiht wissen möchte. schließen. Und so ergibt es sich, daß dieses Sam-
Diese Bildnisse sind aus reiner Herzensneigung und berger-Werk eine der wenigen Kunstpublikationen
aus dem voraussetzungslosesten Kunsttrieb heraus ist, die einem Bedürfnis entsprechen, für deren Er-
entstanden. Mir erscheinen sie wie eine ernste scheinen eine Notwendigkeit vorlag, und die ihren
Auseinandersetzung Sambergers mit der Kunst und Wert in sich selber tragen. — Eine geistvolle Studie
Malerei unserer Zeit und wie eine Einordnung seiner von Hermann Eßwein leitet das eigentliche Tafel-
eigenen Kunst in diese mit dem Pinsel in Farben ge- werk ein. Sie befaßt sich erfreulicherweise nicht
schriebene Künstlergeschichte, deren Besonderheit mit analytischen Dingen, sondern gruppiert um das
dies ist, daß hier ein überzeugender Prophet das künstlerische Phänomen Samberger wie ein Strahlen-
große Recht und die tiefe Schönheit der Persönlich- bündel einen Kreis von Perspektiven. Es wird man-
keit in der Kunst predigt. Man verstehe das nicht ches feine, zum blanken Aphorismus geschliffene
falsch: das Einzelporträt etwa eines Wenglein, Bradl, Wort über Porträtmalerei überhaupt gesagt, und da-
Julius Diez, Stuck, A. v. Keller, Welti, Uhde, Ober- bei fährt der Autor nicht zusammenhanglos in der
länder stellt nicht etwa einen witzigen Kunstessay Welt herum, sondern dieser Worte jedes ist auf
in der geistreichischen Art Lenbachs dar, sondern Samberger gemünzt, also daß Text und Abbildungen
es gibt durchaus das natürlich abgeschilderte und zu einem Ganzen zusammenwachsen. G.J.W,
natürlich durchgeistigte Antlitz des Porträtierten, S t e i n h au sen, W i 1 helm. Aus meinem Leben,
aber jedesmal ist es, als ob Samberger, der über Gebd. M 8.—. Berlin, Martin Warneck,
das Können hinaus auch ein feiner Kenner ist, sich Ein Künstlerbuch von einem poesiehaften Maler,
mit der Intensität seines Erfassens einer Person- der den Interessenkreis des Tages nicht im Rein-
lichkeit auch deren Künstlertum eingekörpert hätte Technischen erschöpft sieht, ist allemal von beson-
und nun auf seinem Gemälde sich damit ausein- derem Reiz. Ein solches etwas unlogisch kompo-
andersetzte. So kommt zuweilen ein polemischer niertes und gewöhnlich nicht sehr konsequent auf-
Zug in seine Bildnisse, zuweilen ein ironischer, gebautes Buch ist mir wegen seiner frischen Ur-
skeptischer oder enthusiastischer. Welche Bedeu- sprünglichkeit gemeinhin viel lieber als das er-
tung solche Bildnisse namentlich für spätere Zeiten klügelte Werk eines konsequenten Berufs-Bücher-
gewinnen werden, das können wir vielleicht er- Schreibers. Steinhausen hat in seiner Publikation
messen, wenn wir uns vorstellen, was uns heute die vornehmlich die Vorträge gesammelt, die er in der
Florentinische Galerie von Selbstbildnissen wert ist! Frankfurter Künstlergesellschaft gehalten hat: Sie
In Sambergers Selbstbildnissen, die bis zum Jahr galten Erinnerungen aus seiner Werdezeit. Es ist
1882 zurückreichen und namentlich in einem Bild in ihnen manches Bedeutungsvolle gesagt worden,
vom Jahr 1834 eine faszinierende Steigerung im an dem ein künftiger Geschichtschreiber der deut-
Sinne potenzierten malerischen Ausdrucks erfuhren, sehen Malerei des 19. Jahrhunderts nicht achtlos vor-
ist natürlich am meisten Psychologie, am meisten beigehen darf. Man vernimmt zumal einiges Rich-
„Seele" und am wenigsten Retusche. Denn Sam- tunggebende für die fast mythische Persönlichkeit
berger ist im Physischen wie im Psychischen von Canons, dem Steinhausen in Karlsruhe näherge-
einer wahrhaft unbestechlichen Selbstkritik .... treten war. Bedeutungsvoll sind auch die von Stein-
Dies sind der Eindrücke nur einige, die sich uns hausen geäußerten Anschauungen bei Betrachtung
beim Durchblättern der 107 vorzüglich gedruckten berühmter Gemälde und die angeschlossenen An-
Tafeln mit Reproduktionen Sambergerscher Werke Weisungen, „Kunstwerke zu sehen". Unter den Apho-
aufdrängen. Der Anschauung, daß in diesen Tafeln rismen findet sich manches Wort von nachhaltiger
sich mehr als das ernste und glückliche Werk eines Wirkung, dagegen haben mir die Gedichte nur alte
großen Meisters spiegelt, nämlich daß auf ihnen Gefühle, keine neuen lyrischen Eindrücke geben
ein bedeutungsvolles Kapitel der Münchner Kunst- können. Reproduktionen Steinhausenscher Gemälde
geschichte geschrieben steht, wird sich niemand, bereichern das Werk, das in seiner ungezwungenen
der guten Willens und bei klarer Einsicht ist, ver- Buntheit von starkem Persönlichkeitsreiz ist.

F. H. GREF FRAU MIT KIND (LITHOGRAPHIE)

Große Kunstausstellung Stuttgart

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